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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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Ohayon, wir besuchen Kristina.«

    Der Schnee ist größtenteils geräumt, und man kommt wieder ganz gut voran. Roland und Ohayon müssen nur aufpassen, dass sie nicht ausrutschen oder nasse Füße kriegen.
    »Jetzt noch mal in Ruhe. Was hältst du von der Sache, Ohayon?«
    »Wir haben innerhalb kurzer Zeit mehrere Hinweise darauf bekommen, mit wem Geneviève möglicherweise dort oben auf der Lichtung war. Einmal von Madame Darlan, die gestern damit rausgerückt ist …«
    »Weiter.«
    »Dann Max, der sich plötzlich daran erinnert, dass noch ein Mädchen im Auto war. Und natürlich passt das verdammt gut mit dem zusammen, was wir über den Freitagabend wissen. Dass Geneviève mit ihrer Freundin Kristina verabredet war. Das mit dem Säbel ist schon ein komischer Zufall.«
    »Wirklich? Monsieur Agneau hatte der Klasse den Auftrag gegeben, etwas über den Krieg zu schreiben. Erster Weltkrieg. Denk mal an Bilder, alte Fotos. Die Offiziere sitzen da oft auf Pferden und haben solche Säbel umgeschnallt. Außerdem hatten sie vorher den Expressionismus durchgenommen. Ich bin kein Kunstkenner, aber da sind die Menschen doch auch oft zerfetzt dargestellt.«
    »Du strengst dich ja ziemlich an.«
    »Wobei?«
    »Kristina zu entlasten.«
    »Sina hat mir neulich was vorgelesen und dann darüber gesprochen, dass der Schriftsteller Selbstmord begangen hat. Die ist da so eingestiegen, als ob Selbstmord etwas ganz Großartiges wäre. Ich meine, es geht hier um sechzehnjährige Mädchen! Wer weiß schon, an was die denken.«
    »An zerhackte Kindersoldaten?«
    »Du meinst, die denken immer nur an Partys und daran, sich hübsch zu machen und die Welt zu verbessern?«
    »Sprichst du jetzt als Kommissar, oder …«
    »Eine Sache, die Conrey gesagt hat, ist übrigens gar nicht so dumm. Wir haben noch nicht an die Möglichkeit gedacht, dass da vielleicht mehrere unter einer Decke stecken. Es gibt da nämlich etwas, was ich nicht verstehe. Wenn Kristina tatsächlich mit Geneviève am Schuppen war … Wie ist sie da weggekommen? Philippe ist erfroren, Thomas wäre fast erfroren, Max hatte zum Glück noch das Auto. Und sie? Wie ist sie zurück nach Fleurville gekommen? Ich war im Haus. Viel sehen tut man nicht am Schuppen. Unter dem Dach ist es dunkel.«
    »Ja?«
    »Trotzdem ist Madame sich sicher, dass es ein Mädchen war. Ein Mädchen und nicht ihr Enkel. Nicht Max. Und Max erinnert sich dann auch plötzlich daran, dass noch ein Mädchen mit im Auto war. Man hat den Eindruck, Kristina wurde da quasi hingezaubert.«
    »Bin gespannt, was sie dazu sagt. Da vorne wohnt sie.«

    »Wohl keiner zu Hause, oder?« Laut genug ist die Klingel. Man hört sie bis auf die Straße.
    »Dieser Lehrer. Agneau. Hast du die Nummer?«
    »Hab ich, ja.«
    »Ruf ihn an.«
    Ohayon wählt.
    »Idiotisch! Warum haben wir ihn nicht gleich gefragt?«
    »Keine Ahnung, Roland. Du hast ihn verhört, ich hab nur … Ah! Monsieur Agneau. Sergeant Ohayon, Fleurville. Wirhaben vorhin vergessen … Kristina Stühler, wir haben hier eine Adresse in Fleurville, aber … Danke. – Er sucht sie raus.«
    »Aber du hast sie doch hier befragt.«
    »Hab ich. Genevièves Mutter hat mir die Adresse gegeben … Ja? Aha. Ja, danke, Monsieur Agneau.«
    »Und?«
    »Das wird dir nicht gefallen.«
    »Jetzt mach’s nicht so spannend.«
    »Kristina Stühler wohnt in Benningstedt. Oben in der Siedlung am Wald von Fleurville.«
    »Scheiße.«

    Silvia Stühler schreit. Eine Folge von Schreien ohne Wortfetzen. Wie Pressschreie bei der Geburt. Irgendwann hört sie auf. Der Pfarrer entfernt sich. Sie atmet heftig.
    »Besser?«
    Silvia bekommt kaum Luft. »Ja … Danke, Herr Pfarrer.«
    »Möchtest du einen Hagebuttentee?«
    »Gerne.«
    Der Pfarrer schenkt ein und wartet dann, bis Silvia sich zu ihm an den Tisch setzt. »Und jetzt möchte ich wissen, was passiert ist.«
    Silvia Stühler starrt auf den Tisch. Sie starrt weiter dorthin, während sie redet. »Kristina war schmutzig, als sie nach Hause kam, und total durchgefroren. Ich habe sie ins Bad geschickt, damit sie warm wird, sich wäscht und was Trockenes anzieht. Am nächsten Morgen hat sie es mir dann erzählt. Sie und Geneviève waren mit ein paar Jungs am Feensee. Die Jungen sind zudringlich geworden, und die Mädchen sind in den Wald gerannt, weil sie Angst hatten. Geneviève kannte da ein Haus. Zu dem Haus gehört ein alter Schuppen.« Silvia fängt an zu weinen. Der Pfarrer wartet geduldig, bis sie weiterspricht. »Kristina sagt, sie weiß

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