Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
Schluck Bier hinuntergespült. „Ich spüre das Bier schon“, hauchte Konny aus. „Mir geht’s auch so. Wir haben wahrscheinlich ein bisschen schnell getrunken.“ Frau Kastenbauer brachte unaufgefordert zwei weitere Pils. Berti wollte abwinken, doch die resolute Ex-FDJ-Fahnenträgerin ließ nicht mit sich verhandeln. „Die hier geh’n uff misch. Ihr beede seid so lustisch un hier im Waggon meene Reddung!“ „Wir geben ihr den Rest des Gutscheins als Trinkgeld“, beschloss Konny, als er merklich beschwipst das dritte Glas leerte, um das vierte in Angriff zu nehmen. „Prösterchen“, lachte er. Berti summte die Melodie des gerade gespielten Liedes. Die lebensfremden Spinner sangen seit geraumer Zeit permanent die markante Stelle des Beatles-Songs Hey Jude. Es war letzte Part des Mega-Hits. „… la, la, laa … lalalalaaaaa … hey Knut .la, la, laa … lalalaaaa … hey Knut …“ „Ja, liebe Brüder und Schwestern“, übertönte Knut Steinbrecher seine trällernden Glaubensbrüder, die sich gerade zur Ektase hochsangen. Der Gitarrenspieler war zwischenzeitlich aufgestanden und hatte der farblos agierenden Flötenspielerin längst den Rang abgelaufen. Wild schlug er in die Saiten seiner Klampfe. Die spärlich vorhandenen langen Haare wedelte er wie ein Headbanger wild hin und her. Seine Stimme klang versoffen und rauchig. Joe Cocker wäre neidisch gewesen. „… Knuti … Knuti … oh Knut … La … la ... la … lalalalaaaaa … hey Knut …“ „Unsere Aura strömt durch diesen Zug. Sie hat bereits zwei neue Brüder erreicht. Ich spüre die Kraft, die ihr herbei singt, liebe Freunde. Sie strömt durch meine Ohren in meinen Körper. Oh ja! Das ist es. Das ist die Erlösung!“ Berti und Konny hatten die Currywurst verdrückt. Frau Kastenbauer räumte das Geschirr ab, stellte vorher aber zwei doppelte Ramazotti auf den Tisch. „Zur Verdauung, ihr Süßen! In welchem Abteil haust ihr denn?“, zwinkerte sie Berti zu. Erst jetzt war ihm aufgefallen, dass die blaue Bluse der Zugbegleiterin weiter geöffnet war, als noch beim Servieren des zweiten Bieres. „Ich bin übrigens die Erna!“ „B…B…Berti“, stotterte der Detektiv, dessen Augen sich nicht von Ernas Doppel-D Ausladungen lösen konnten. Erna schien dies falsch aufzufassen. Während sie sich innerlich schon auf eine heiße Pause zwischen zwei und vier Uhr nachts freute, war Berti nur schockiert. „Er leidet unter Laktose Intoleranz“, nuschelte Konny hervor. Er fand die Aussage Gentleman-like genug, um der scharfen Ostbraut im fortgeschrittenem Alter nicht zu nahe zu treten. Kichernd wiederholte er sich. „Hi, hi … Laktose Intoleranz, wegen den großen Milchtüten.“ Erna ging nicht darauf ein. Vermutlich dachte sie, dass Laktose Intoleranz etwas mit Schüchternheit zu tun hatte. „Die wärr ma ihm scho’ ausdreib’n. Isch hob Spielzeuch für zwee.“ Sie wackelte kurz mit dem Oberkörper. Berti blieb sprachlos. Er hatte noch nie tanzende Kürbisse gesehen. Konny musste sofort den Ramazotti trinken. „Beduhdld iss in Oddnung, gnille sollda nich sein! Eure Nummer?“ „Neun!“ „Bis denne!“ „Spinnst du, Berti? Die Alte möchte uns vernaschen!“, Konny schien für einen Moment nüchtern zu sein. Doch das legte sich augenblicklich wieder. Er lachte. „Ekelhaft!“ Berti indessen war geschockt. „Das geht doch nicht! Wir machen einfach nicht auf!“ Im Hintergrund wurde zum hundertsten Mal „… hey Knu t …“ gesungen. Konny fiel das Nachdenken schwer, dennoch suchte er verzweifelt eine Lösung, als plötzlich eine Hand auf seiner Schulter lag. „Ich habe ihn nicht angesehen!“, stieß Berti sofort abwehrend aus. Knut Steinbrecher setzte sich neben den Autor. „Hallo Freunde.“ „Gnabend“, lallte Konny. Geschockt von der Vorstellung mit Erna Kastenbauer im Bett liegen zu müssen, hatte er auch Bertis Ramazotti getrunken. „Darf ich euch zu uns einladen?“ „Wir … äh … eigentlich wollten wir hier ein bisschen feiern“, haspelte Berti. „Genau!“ fügte Konny hinzu. „Wunderbar. Wir feiern auch, wie ihr hören könnt.“ „… Knuti … Knuti … Knut … la … la … la … lallalalaaaa …“ Knut Steinbrecher streckte seine Hand aus. „Ich bin Knut!“ „Herbert.“ „Und ich bin Konny Wels. Ich schreibe die Doktor Weschel Langemann, ähh Langsamdoorn, hi hi, Doppelkorn … Romane“ „Interessant. Wo fahrt ihr denn hin?“ „München. Dort steigen wir um“, erklärte Berti, der sich
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