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Schneesterben

Schneesterben

Titel: Schneesterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Promille im Blut gemessen. Konnte man in dem Zustand überhaupt noch vergewaltigen? Gunter fragen, dachte sie.
    Einer der Täter nannte Thomas Regler einen »KiFi«, Knastkürzel für Kinderficker. Auf die Frage, wie er darauf komme, hatte der Mann – Akif Akman – behauptet, das sei allgemein bekannt gewesen in der Haftanstalt. Karen wunderte auch das. Regler war Fahrlässigkeit bei der Operation eines Kindes vorgeworfen worden, aber von kinderschänderischen Aktivitäten hatte sie nichts gehört.
    Die Leiche wurde zur Beerdigung freigegeben. Den vier Häftlingen würde der Prozeß gemacht werden. Und Gunter wollte sie am Wochenende treffen.
    Karen seufzte, stand auf und streckte sich. Vielleicht würde auch dieser Juni irgendwann frühsommerlich warm werden. In den Parks blühten die Rosen. Sie hatte noch Urlaub zu nehmen. Das Leben ging weiter.
    Als Edith Manning ins Zimmer kam, hatte ihre Stimmung sich wieder gehoben. Edith trug eine locker fallende Hose und eine Weste über dem Hemd. Sie sah unverschämt gut aus. Edith registrierte ihre Blicke, lächelte kokett und drehte sich einmal um die eigene Achse. »Wenn du mal die sexuelle Orientierung wechseln willst – ein Wort genügt!«
    Karen seufzte theatralisch auf.
    Edith blieb stehen und musterte sie. »Hat er wieder?«
    »Er hat.«
    »Gut«, sagte Edith. »Der Mann verfügt über Geschmack und Verstand.« Sie setzte sich auf den einzigen freien Stuhl im Raum, lehnte sich zurück und kreuzte die Arme vor der Brust. Dann wurde ihr Ton besorgt.
    »Aber sei kein…«
    »… hirnloses Huhn. Ich geb’ mir Mühe. Was gibt’s?«
    »Der Fall Regler.«
    Karen hob die Augenbraue. »Was ist damit?«
    »Die Sache hat sich mit dem Tod Thomas Reglers erledigt, richtig.«
    Karen nickte. Natürlich. Es sei denn…
    »Man könnte das Verfahren gegen seine Frau wieder aufrollen«, sagte Edith ungerührt.
    »Edith! Was hast du gegen Krista Regler?«
    Die Anwältin seufzte tief auf. »Sie macht mich wahnsinnig. Sie redet immer noch nicht.«
    »Warum sollte sie auch?« Karen wunderte die Verfolgungslust Edith Mannings. Andererseits: Es gab nicht eben wenig Gründe zur Annahme, daß Krista Regler an der Tötung Michael Hansens beteiligt war, eine Frage, die im Prozeß gegen Regler zur Sprache gekommen wäre und die man befriedigend hätte klären müssen.
    »Ist sie überhaupt deine Mandantin? Und wieso willst du ihr dann den Prozeß machen?«
    Edith Manning lachte, fröhlich klang es nicht. »Sie wird einen Teufel tun und mich noch einmal betrauen.« Manfred Wenzel steckte den Kopf zur Tür rein, sah, daß sie Besuch hatte, winkte hinüber und verschwand wieder.
    »Ich weiß nicht, Edith. Vielleicht steigerst du dich da in was hinein.«
    Karen hörte fast, wie sich Ediths Haare aufstellten.
    »Ich steigere mich in nichts hinein. Ich glaube nur nicht an die Mär vom eifersüchtigen Ehemann, der sich im übrigen verdammt dilettantisch angestellt hätte beim Umlegen seines Rivalen. Und eine untreue Ehefrau würde mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihren mörderischen Gatten nicht auch noch Decken dabei, zumal wenn er sie erfrieren lassen wollte. Das treibt mich um.«
    Thomas Regler kann nichts mehr sagen und Krista Regler will nichts sagen, dachte Karen. Krista hat ein Haus am Dorfrand von Klein-Roda. Sie wußte, wen sie anzurufen hatte. »Ich denke darüber nach, Edith. Ich melde mich«, sagte sie und streckte die Hand nach dem Telefon aus. Edith zuckte ergeben die Schultern, hob grüßend die Hand und schloß die Tür hinter sich.
    Karen rechnete nicht damit, daß er zu Hause sein würde. Sie hatten schon wochenlang nicht mehr telefoniert. Aber diesmal nahm er das Gespräch sofort an.
    »Paul«, sagte Karen. »Ich brauche deine Hilfe.«

39
    Klein-Roda
    S eltsam, wie sehr er sich über ihren Anruf freute. Aber als er das Geräusch hörte, legte er den Hörer beiseite. Und dann vergaß Paul Bremer alles um sich herum.
    Durch die Katzenklappe raste ein wildes Tier mit gesträubtem Fell ins Haus, gefolgt von einem etwas kleineren. Nemax und Birdie waren zurück, zerzaust und aufgeregt. Bremer führte sich auf wie ein glücklich Verliebter. Er öffnete Dosen und Flaschen mit Katzenmilch und murmelte unendlich alberne Liebkosungen, als sich Nemax endlich anfassen ließ und Birdie ihren Kopf an seiner Hand rieb.
    Irgendwann fiel ihm wieder ein, daß er eigentlich mit Karen telefonierte, aber aus dem Hörer ertönte nur noch das Besetztzeichen. Sie wird schon wieder

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