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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Alexander Briedens Akten zusammengesucht hatte.
    »Ach du liebe Güte«, rief Ines Heider. »Was ist das denn alles?«
    Doch Winnie ließ die Frage bewusst unbeantwortet. »Würden Sie einfach mal drübersehen und schauen, ob Sie etwas wiedererkennen?«, bat sie stattdessen.
    Ines Heider griff unter ihr Gewand und förderte ein reichlich abgewetztes Lederetui mit einer Lesebrille zutage. Die schlichten, randlosen Gläser ließen ihre transparenten Augen noch unheimlicher wirken, als sie Winnies Listen – eine nach der anderen – mit kritischer Miene begutachtete.
    »Ich bin nicht sicher«, sagte sie, als sie fertig war. »Aber ich denke, der Name hier könnte dabei gewesen sein.«
    Ihr Finger tippte auf HESPERUS .
    Na toll, das hilft mir jetzt unheimlich viel weiter, dachte Winnie resigniert. Aber es war ein Versuch gewesen. Immerhin …
    »Warten Sie.« Ines Heider kniff die Augen zusammen. »Dieser stand auch drauf. Da bin ich mir sicher.«
    MARIO BELTING .
    Schon wieder!
    Wenn der Kerl nicht tot wäre, hätten wir unseren Imperator gefunden, fluchte Winnie im Stillen. Die Frage ist, wer ihn beerbt hat.
    »Ich hatte einen Klassenkameraden, der Mario hieß.« Ines Heider lächelte. »Wahrscheinlich erinnere ich mich deshalb.«
    »Das ist mir eine große Hilfe.«
    Sind Sie sicher?,
spotteten die blassblauen Augen.
    Winnie zupfte ärgerlich ihren Kragen zurecht. Offenbar hatte Schwester Maria Berngit ganz genau durchschaut, was in ihr vorging. Ein Umstand, der sie unangenehm an ihr Gespräch mit Papen an diesem Morgen erinnerte. »Noch was«, sagte sie, als sie eigentlich schon aus der Tür war.
    »Ja?«
    »Was passierte mit dem Zettel?«
    »Was meinen Sie?«
    »Nahm Ackermann ihn mit?«
    Ines Heider bejahte. »Nachdem ich ihn wegen der Trödelei zusammengestaucht hatte, räumte er die Karten weg, schob den Zettel in seine Hosentasche und verließ wortlos den Raum. Das hat mich damals übrigens ziemlich gewundert.«
    »Wieso?«, fragte Winnie überrascht.
    »Weil es so absolut untypisch war.« Jetzt lächelte Ines Heider auf einmal, und der Schatten ihrer Wangen ließ ihre Augen von einem Moment zum anderen zu schwarzen Schlitzen verkommen. »Ich weiß, man hat ihn den Sanften Sänger genannt. Aber im wahren Leben war er weder sanft noch nett.« Sie hob abwehrend die Hände. »Oh, nicht zu den Patienten. Da war er ein Schleimer, wie er im Buche steht, damit sie ihm auch ja hin und wieder mal was zustecken.«
    »Was er auch angenommen hat?«, hakte Winnie nach, indem sie an ihre eigenen Erfahrungen auf diesem Gebiet dachte. An Karina Eichenberg und deren unverblümten Ärger über ihre Ablehnung.
    »Fast alle tun das«, entgegnete Ines Heider, und auf ihrem bleichen Gesicht breitete sich Geringschätzung aus. »Na, wie auch immer. Achim schleimte ziemlich durch die Gegend. Aber wenn man ihm – verzeihen Sie den Ausdruck – ans Bein pinkelte, konnte er ziemlich unangenehm werden.« Sie griff nach einem Korb mit verwelkten Blumen, der Winnie bis dato nicht aufgefallen war, und wandte sich zur Tür. »Ich war damals erst vierzehn Monate in St. Hildegard und vom Dienstgrad her auf einer Stufe mit Achim. Aber in dieser Situation schluckte er mein Gemecker ohne Widerrede und ging einfach weg.«
    »War es das, was Sie eben mit untypisch meinten?«
    Sie nickte. »Normalerweise hätte er mir gesagt, ich solle mich ins Knie ficken. Und glauben Sie mir, da hätte es ihn auch nicht gestört, wenn ein Patient dabei gewesen wäre.«
    Winnie hob überrascht die Brauen. Sie war bestimmt nicht zimperlich, was Kraftausdrücke anging, aber aus dem Mund einer Nonne klang die Formulierung definitiv befremdlich. Und automatisch fragte sie sich – wie schon bei ihrer ersten Begegnung –, welche Gründe Ines Heider wohl tatsächlich gehabt hatte, einem Orden beizutreten. Wie hatte sie noch gleich argumentiert?
    Ich wollte Ihm etwas zurückgeben …
    Winnie biss sich auf die Lippen. Irgendwie löste dieser Satz in ihr ein diffuses Unbehagen aus, ohne dass sie sagen konnte, wieso.
    »Haben Sie vielen Dank«, wiederholte sie stattdessen ein wenig hilflos.
    »Keine Ursache«, sagte Ines Heider. »Und falls wir uns nicht mehr sehen …« Sie ging auf einen kleinen Schrank neben der Tür zu und entnahm ihm eine offenkundig handgearbeitete Kerze. »Fröhliche Weihnachten!«
    »Ja«, stammelte Winnie, als sie das unerwartete Geschenk entgegennahm. »Das wünsche ich Ihnen auch.«
    4
    »Ich sage Ihnen, die Ewings waren ein Scheißdreck gegen

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