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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Also suchte man auf dem See.«
    »Statt im Haus«, ergänzte Winnie grimmig.
    »So ist es.«
    »Wie alt war Cordula Belting damals?«, drang Verhoevens nächste Frage an ihr Ohr, während in ihrem Kopf ein Gedanke den anderen jagte.
    »Zehn.«
    Zehn, dachte Winnie fassungslos. Nur vier Jahre älter als Verhoevens kleine Tochter …
    »Und es kam nie irgendein Verdacht auf?«, fragte sie. »Auch nicht, als man Florants Leiche in diesem Bunker entdeckte?«
    »Doch«, sagte Werneuchen.
    »Aber?«
    »Na ja, die Beltings hatten Einfluss. Und der Krieg war gerade mal drei Jahre rum.«
    »Du meinst, die damaligen Ermittler ließen sich kaufen?«, schloss Winnie entsetzt.
    »Was heißt kaufen?«, gab er zurück. »Vielleicht hatten sie einfach keine Lust, ihren Job zu verlieren für etwas, das sie sowieso nie hätten beweisen können. Wie hätten sie das ihren Familien erklären sollen?«
    »Aber ein achtjähriges Kind ist gestorben«, echauffierte sich Winnie.
    »Ich wollte das Verhalten der Kollegen in keiner Weise werten«, sagte Werneuchen. »Aber wo wir schon mal dabei sind: Ich habe hier auch noch eine interne Beurteilung des privaten Mädchengymnasiums der Ursulinen in Thalheim. Das ist die Schule, auf die Cordula Belting bis zu ihrem angeblichen Tod ging.«
    »Und?«
    »Die Direktorin beschreibt Cordula darin als hochintelligentes, aber krankhaft ehrgeiziges Mädchen, dessen Verhalten deutliche antisoziale Tendenzen erkennen lasse. In Anbetracht der Unsummen, die Cordulas Familie in ihre Ausbildung investierte, wurde das in den turnusmäßigen Briefen an die Eltern zwar alles ein bisschen netter verpackt, aber auch hier kann man zwischen den Zeilen lesen, dass die Schulleitung das Verhalten des Mädchens als ausgesprochen problematisch einstufte.« Winnie hörte, wie er abermals etwas tippte. »Cordula habe, ich zitiere, gewisse Schwierigkeiten, sich die im Hinblick auf eine standesgemäße Eheschließung wünschenswerten weiblichen Fertigkeiten und Tugenden anzueignen. Sie weigere sich, am Hauswirtschaftsunterricht teilzunehmen, und zeige keinerlei Ehrgeiz in den Fächern Etikette und Nadelarbeit. Stattdessen habe sie ein unangemessen großes Interesse an militärischen Strukturen, was in der Praxis bedeutete, dass sie mehrfach auf dem Gelände einer nahen Kaserne aufgegriffen wurde, wo sie aus einem Versteck heraus den Soldaten beim Exerzieren zusah.«
    »Militärische Strukturen«, wiederholte Winnie. »So wie Geheimorganisationen sie praktizieren.«
    »Und dann kann ich noch mit einem weiteren bemerkenswerten Vorfall dienen«, fuhr Werneuchen fort, »der sich auf einer Säuglingsstation ereignete, die Cordulas Klasse im Jahr ihres angeblichen Todes besuchte.«
    Der Teufel in Menschengestalt …
    »Wie genau es dazu kam, geht aus der Beschreibung nicht hervor«, sagte Werneuchen, »jedenfalls ließ sie eines der Babys auf den Steinboden fallen. Angeblich aus Versehen.«
    »Scheiße«, sagte Winnie.
    »Wurde das Kind verletzt?«, fragte Verhoeven.
    Werneuchen bejahte. »Es erlitt einen Schädelbasisbruch, aber es überlebte. Problematisch dabei war, dass Cordula angeblich bereits beim Anblick der Neugeborenen gerufen haben soll: ›Lasst mich sofort raus hier, ich muss kotzen.‹«
    Winnie rieb sich die Stirn. »Was ist mit Frau Fersten?«
    »Alles ruhig nach wie vor«, antwortete Verhoeven.
    »Trotzdem. Irgendwas stimmt nicht …«
    »Was meinen Sie?«
    Winnie antwortete nicht. Vor ihr, auf den Kacheln, blitzten Bilder auf. Ein Kartenspiel. Skat. Zuoberst die Pique Dame. Eine alte Gräfin, die höhnisch lachend Rache nimmt an dem Mann, der sie einst getötet hat. Eine Schwester, die angeblich keine Rolle spielt. Eine Schwester, die angeblich tot ist. Eine Schwester, die trotz ihres Intellekts nie hätte studieren können, weil sie sich bereits während ihrer Schulzeit so auffällig danebenbenommen hatte, dass sie für die normale Gesellschaft nicht tragbar war. Und auf der anderen Seite eine Marionette. Ein Bruder, der schon als Kind so wirkt, als sei er innerlich tot. Dem man nicht das Vermögen zur Leitung zutraut, wie Kaspar Olivier es ausgedrückt hatte. Der lenkbar ist. Fremdbestimmt.
    Vom eigentlichen Kopf der Familie …
    Seiner Schwester.
    »Belting ist von Anfang an der Turm gewesen«, flüsterte Winnie wie zu sich selbst. »Die unbedeutende Randfigur, die ins Zentrum rückt, einzig und allein zu dem Zweck, den König zu schützen. Nein …« Sie schüttelte den Kopf. »Die Königin.«
    »Bitte?«
    »Das

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