Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
und auch die Übrigen hoben erstaunt die Köpfe.
»Sein Anwalt sagt, er sei da nie ganz durchgestiegen«, erklärte Werneuchen mit beinahe entschuldigendem Unterton. »Die Frau hat ihn ein paarmal kontaktiert, weil sie wissen wollte, wie es mit Sonderrechten für Verheiratete oder Verlobte aussieht. Aber jedes Mal, wenn er Ackermann danach fragte, hat der nur abgewinkt.«
Winnie Heller runzelte die Stirn. »Und woher kannten sich die beiden?«
Werneuchens Gesicht sprach Bände. »Sie hat ihm geschrieben.«
»Du meinst, die beiden haben sich erst kennengelernt, als Ackermann schon in Haft saß?«, fragte Winnie, während ihr Kollege bereits eifrig nickte.
»Sie ist durch die Medien auf seinen Fall aufmerksam geworden.«
»Ach, du heilige Scheiße!«, stöhnte Hinnrichs. »Dann ist sie bestimmt eins von diesen Weltrettungshühnern, die sich auf die bösen Buben stürzen, um sie zu bekehren.« Seine hageren Finger trommelten entnervt auf der Tischplatte herum. »Und je spektakulärer die Tat, desto verrückter diese Weiber.«
»So ähnlich sieht Ackermanns Anwalt das anscheinend auch«, gab Werneuchen ihm recht. »Er hat sich zwar nicht explizit dazu geäußert, aber zwischen den Zeilen war herauszuhören, dass er Frau Bandow nie wirklich ernst genommen hat.«
Verhoeven richtete sich auf. »Und Ackermann selbst? Hat der die Beziehung ernst genommen?«
»Schwer zu sagen.« Werneuchen legte den Kopf auf die Seite. »Einerseits war Miriam Bandow ihm angeblich furchtbar lästig. Auf der anderen Seite hat er nachweislich regelmäßig mit ihr korrespondiert.«
»Vielleicht war ihm langweilig«, schlug Bredeney vor.
»Oder Miriam Bandow hat ihm irgendwie genützt«, spekulierte Winnie.
»Genützt?«, fragte Hinnrichs. »Wobei?«
»Keine Ahnung.«
Verhoeven, der sich Notizen gemacht hatte, legte seinen Kugelschreiber beiseite. »Hat diese Frau Bandow ihren Verlobten auch im Gefängnis besucht?«
Werneuchen nickte. »Zuletzt zweimal im Monat.« Er zuckte die Achseln. »Das ist das Maximum bei unverheirateten Paaren.«
»Und weiß sie schon, dass Ackermann tot ist?«
»Ja«, schaltete sich Bredeney ein. »Die Kollegen haben sie informiert, gleich nachdem Ackermanns Anwalt uns von ihr erzählt hatte.«
Verhoeven tauschte einen Blick mit seiner Partnerin. »Was sagt sie zu alldem?«
»Nicht viel.« Bredeney riss sich die Brille von der Nase und legte sie neben seine Tasse. »Sie scheint völlig außer sich zu sein. Aber nicht nur wegen Ackermanns Tod …« Er machte eine bedeutungsvolle Pause.
»Sondern?«, drängte Winnie.
Er lächelte. »Wirklich den Rest gegeben hat ihr offenbar die Tatsache, dass Ackermann für heute früh einen Flug nach Kreta gebucht hatte. Und zwar nur für sich selbst und ohne Rückflug.«
»Woher wisst ihr denn das schon wieder?«, fragte Verhoeven, ehrlich beeindruckt.
»Zufall«, winkte Bredeney ab.
»Wir haben routinemäßig die Daten von Ackermanns Mobilfunkanbieter gecheckt«, wurde Werneuchen neben ihm ein wenig konkreter. »Vor allem, weil wir wissen wollten, wer ihn gestern im Laufe des Tages kontaktiert hat.«
»Und?« Winnie strich gedankenverloren über die Kante des Konferenztischs. »Was ist dabei herausgekommen?«
»Außer seiner sogenannten Verlobten, die ihn insgesamt sieben Mal angerufen hat«, Bredeney schüttelte beinahe angewidert den Kopf, »findet sich in der Anrufliste nur eine einzige weitere Nummer …«
»Lass mich raten«, sagte Verhoeven. »Die von der Fluggesellschaft.«
Der ältere Beamte nickte. »Sie wollten eine Umbuchung mit Ackermann abklären. Keine große Sache. Nur, ob er anstelle eines Fensterplatzes auch mit einem Sitz am Gang einverstanden wäre.«
»War er?«
»Klar.«
Winnie zog einen dicken Kringel um das Wort ROCURONIUM auf ihrem Aktendeckel. »Hat man bei der Leiche eigentlich ein Handy gefunden?«, fragte sie, weil sie sich nicht erinnern konnte.
»Laut Liste nicht«, sagte Werneuchen.
»Dann klären Sie, ob das Ding in seiner Wohnung liegt«, fuhr Hinnrichs dazwischen. »Und fragen Sie bei dieser Gelegenheit auch gleich, ob die Kollegen dort irgendwelche Reiseunterlagen gefunden haben.«
»Können sie nicht«, antwortete Werneuchen, der seine Hausaufgaben ganz offenbar gemacht hatte. »Laut Fluggesellschaft hatten sie mit Ackermann vereinbart, dass sie wegen des extrem kurzen Vorlaufs alles am Schalter hinterlegen.«
»Und der Flug war schon bezahlt?«, fragte Verhoeven.
Bredeney nickte. »Ackermann hat am
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