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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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erstarrte über dem Türgriff. Was war das?
    Sie lauschte angestrengt nach draußen, doch der Schnee schluckte alle Geräusche. Trotzdem hatte Ilse Brilon den Eindruck, dass dort jemand war. Ein plötzlicher Schatten, der auf das blinde Glas fiel. Auf ihr Gesicht, das glänzte von Schweiß.
    Viel zu warm. Viel zu eng.
    Lauf weg!
    Sie sind wieder da, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Sie suchen mich. Sie wollen mich holen. Ich muss der Schwester Bescheid sagen. Hilfe holen.
    Ihre Blicke flogen zwischen den hohen Blättern hin und her. Es gab zwei Gänge. Dazwischen ein Mittelbeet. Und am anderen Ende … Am anderen Ende, das wusste sie, befand sich ein zweiter Ausgang. Eine rostige alte Tür, die niemand je benutzte. Ein Fluchtweg.
    Rückwärts, den Blick auf das beschattete Milchglas gerichtet, wich Ilse Brilon von der Tür zurück. Kein Geräusch machen. Keinen Laut. Einfach gehen. Verschwinden. Untertauchen im Blattgewirr.
    Geh!
    Sie kennen sich hier nicht aus.
    Das ist deine Chance.
    Der Schatten vertiefte sich, als sich die Person, zu der er gehörte, näher an das milchige Glas heran beugte. Wie jemand, der nicht sicher ist, ob er eintreten soll. Ihr folgen. Oder warten, bis sie von sich aus wieder herauskäme.
    Ilse Brilons Hüfte streifte den steinernen Rand eines Hochbeets, doch sie ließ sich nicht beirren. Schritt für Schritt arbeitete sie sich voran, rückwärts, bis zum Hintereingang, den sie irgendwann einmal aus purem Zufall entdeckt hatte. Eine Ranke streifte ihre schweißnasse Stirn. Blätterfinger, wie eine flüchtige Zärtlichkeit.
    Bitte, bitte, bitte … Lass die Tür nicht abgeschlossen sein!
    Der andere Eingang, durch den sie gekommen war, war nun halb verdeckt von hochgebundenen Trieben. Ilse Brilon spürte rostzerfressenes Metall im Rücken. Etwas Klebriges, Spinnweben. Aber Spinnen machten ihr nichts. Spinnen waren harmlos. Die Menschen waren es, vor denen man auf der Hut sein musste.
    An der abgestoßenen Plastikklinke klebte getrocknete Erde, doch Ilse Brilon hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Sie drückte gegen den kalten Stahl und hätte fast geschrien vor Erleichterung, als die Tür nachgab und sich nach draußen öffnete. In die Kälte. Die Reinheit der anbrechenden Winternacht.
    Ilse Brilon stieß einen tiefen Seufzer aus und rannte los.
    Die Gestalt, die sich direkt auf ihrer Fährte langsam und lauernd durch die stickige Wärme des Gewächshauses bewegte, bemerkte sie nicht. Ebenso wenig wie die hektischen Spuren, die ihre Hausschuhe in der frischen Schneedecke hinterließen …
    10
    »Ackermann hatte irgendwas vor.« Winnie Heller klemmte ihr Handy zwischen Schulter und Ohr fest und drehte mit der freien Hand die Heizung ihres Polos hoch.
    »Sie meinen, etwas Illegales?«
    »Keine Ahnung. Aber was immer es war, es könnte eine Erklärung dafür sein, dass in sein Apartment eingebrochen wurde.«
    In Verhoevens Schweigen schwangen gleich ein halbes Dutzend Fragen mit.
    Winnie seufzte und berichtete ihm in knappen Worten von der Marktkirche und dem mysteriösen Umschlag.
    »Und wusste diese Frau Bandow auch, was drin war?«, erkundigte sich Verhoeven, als sie geendet hatte.
    »Leider nein.«
    »Sie hat das Ding nicht aufgemacht?«
    »Nein.«
    »Verdammt«, entfuhr es ihm. »Und ich dachte immer, dass Frauen tatsächlich so neugierig sind, wie man ihnen nachsagt.«
    »Meiner Erfahrung nach sind Männer viel neugieriger«, entgegnete Winnie lapidar. »Aber was Miriam Bandow betrifft, haben Sie trotzdem nicht ganz unrecht. Sie hat den Umschlag zwar nicht geöffnet, aber sie hat ihn
befühlt.
«
    »Aha.« Eine Welt von Bedeutung in drei schlichten Buchstaben.
    »Ja, und sie sagt, dass nicht viel drin gewesen sein kann. Höchstens ein oder zwei Seiten Papier.«
    »Also keine Diamanten, Wertgegenstände oder Geldbündel?«
    »Nein, nichts in der Richtung.« Winnie setzte den Blinker und schaltete einen Gang herunter. »Trotzdem hat Ackermann den Inhalt des Umschlags gleich mehrfach als seine Lebensversicherung bezeichnet. Und er sagte wörtlich, seine Verlobte brauche sich um ihre gemeinsame Zukunft keine Sorgen machen, es müsse nur erst alles in trockenen Tüchern sein.«
    »Hm.« Verhoeven klang nicht begeistert.
    »Warum sollte sie lügen?«
    »Warum sollte Ackermann so was sagen?«, gab er zurück.
    »Vielleicht, weil es der Wahrheit entsprach?«
    »Und gleichzeitig bucht er ein One-Way-Ticket nach Griechenland?« Verhoevens Stimme knisterte. Die Verbindung war

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