Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
lohnte, bestellte sie eine doppelte Portion Fritten und Salat zu ihrem Fleischlappen.
»Sehr gerne.« Der Kellner bedachte sie mit einem anerkennenden Lächeln. Offenbar mochte er Frauen mit Appetit. »Und zu trinken?«
»Ich glaube, ich bekomme schon …«, erklärte Winnie mit fragendem Blick in Richtung ihres Vorgesetzten.
Verhoeven nickte. »Zweimal Kaffee, falls Sie sich erinnern.«
Seit wann reagiert er denn so schnippisch?, staunte Winnie, die das Gefühl hatte, dass ihr Vorgesetzter den Mann so schnell wie möglich loswerden wollte.
Lübke und Jensen wollten gleich nachkommen …
»Und der Steak, medium?«
Sie schreckte hoch.
»Was?«
»Wie wünschen Sie Ihr …«
»Ach so. Nein. Gut durch, bitte.«
»Sehr gern.« Der Kellner wandte sich zum Gehen. »Der Salat könne Sie sich am Buffet zusammenstelle, ja?!«
»Alles klar, vielen Dank.«
Der Kellner nickte und kam gleich darauf mit Besteck und gelben Servietten zurück.
Verhoeven, der eben zu sprechen angesetzt hatte, verschränkte sichtlich entnervt die Arme vor der Brust.
Winnie Heller schenkte dem Ober ein entschuldigendes Lächeln und sah ihren Vorgesetzten an. »Nun?«
»Ich wollte nur …« Verhoeven unterbrach sich und blickte zum Eingang, wo in diesem Augenblick Lübkes massige Gestalt im Türrahmen erschien.
»Alles klar?«, fragte Winnie.
Verhoeven nickte und winkte den beiden Kollegen von der Spurensicherung. Es sah resigniert aus.
»Oh Mann, ist das ungemütlich da draußen«, polterte Lübke, während er sich reichlich umständlich aus seiner dunkelblauen Daunenjacke schälte.
»Die Kinder finden’s toll«, sagte Jensen. »Und ich hätte, ehrlich gesagt, auch nichts dagegen, wenn wir endlich mal wieder weiße Weihnachten bekämen.«
Lübke strubbelte durch seinen rotblonden Kurzhaarschnitt, der dringend wieder einmal eines Nachschnitts bedurft hätte. »Bewahre«, murrte er. »Um sechs Uhr früh Schnee schippen und Scheiben enteisen ist nicht meins.«
»Du schippst keinen Schnee«, frozzelte Jensen. »Das ist einer der zahllosen Punkte, die deine Nachbarn dir übel nehmen.«
»Meine Nachbarn nehmen mir auch übel, dass ich erst um elf aus dem Labor komme und dann auch noch die Frechheit besitze, meine Autotür zuzuschlagen.«
»Ernsthaft?«
Lübke setzte sein Jack-Nicholson-Gesicht auf. »Erst neulich hat mich wieder eine von diesen Schnepfen angesprochen, ich solle die Tür doch bitte ein bisschen leiser zuknallen. Sie und ihr Mann würden jedes Mal senkrecht im Bett sitzen, wenn ich heimkomme.«
»Und was hast du geantwortet?«
Sein Grinsen wurde noch breiter. »Das möchtest du nicht wissen.«
»Bedeutet im Klartext, dass diese Leute nicht mehr mit ihm reden«, erklärte Winnie achselzuckend.
»Gar nicht wahr«, widersprach der Leiter der Spurensicherung würdevoll. »Sie haben mir nur gedroht.«
»Womit?«
»Mit einer Klage.«
»Du Ärmster.« Winnie streichelte ihm zum Scherz den massiven Oberarm, was er sich grinsend und kommentarlos gefallen ließ.
Jensen lachte. »Aber ihr müsst zugeben, dass Weihnachtsmarkt und Glühwein weitaus mehr Spaß machen, wenn nebenan nicht schon die Haseln blühen.«
»Also, wenn’s nach mir ginge, gäbe es weder Sommer noch Winter«, verkündete Lübke, während er sich ächzend auf den freien Stuhl neben Winnie Heller fallen ließ. »Jeden Tag heiter und zwanzig Grad, und regnen kann’s von mir aus nachts zwischen zwei und drei. Das wär’s.«
Gegenüber wurde Verhoeven mit jeder Minute, die verstrich, nervöser.
»Und Ackermanns Apartment?«, beeilte sich Winnie, die seine Anspannung beinahe körperlich spüren konnte, um von dem harmlos-kollegialen Geplänkel zu den beruflichen Fragen zurückzukehren. »War da wirklich gar nichts zu holen?«
»Wer auch immer dort war, ist extrem vorsichtig zu Werke gegangen«, stöhnte Lübke leicht frustriert. »Es sieht zwar aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte, aber im ganzen Raum gibt es weder Faserspuren noch Fingerabdrücke.«
»Wie das?«
»Na ja, ich würde sagen, der Kerl war gründlich.«
»Willst du damit sagen, wir haben es mit einem Profi zu tun?«
Er schob die Unterlippe vor. »Würde ich durchaus so sehen.«
»Aber das Türschloss ist doch ziemlich brachial geöffnet worden, oder?«, hakte Winnie nach, weil sie es hasste, dergleichen nicht persönlich in Augenschein nehmen zu können.
»Rohe Gewalt«, bestätigte Jensen, der bereits die Speisekarte in der Hand hielt.
»Der Kerl hat nicht lange
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