Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
schlecht. »Wie passt das zusammen?«
»Gar nicht«, räumte Winnie widerwillig ein.
»Sehe ich auch so.« Er schwieg einen Augenblick. »Und selbst wenn die Bandow die Wahrheit sagt …Warum sollte er sie überhaupt eingeweiht haben? Ich meine, er hätte den Umschlag nach seiner Haftentlassung doch bequem selbst aus dem Versteck holen können, oder nicht?«
»Vielleicht hatte er Angst, dass man ihn beobachtet«, schlug Winnie vor.
Sie sah die gerunzelte Stirn ihres Vorgesetzten förmlich vor sich. »Wer sollte ihn beobachten?«
»Dieselben Leute, die ihn gestern Abend umgebracht haben«, antwortete sie mit entwaffnender Logik. »Und die anschließend in sein Apartment eingebrochen sind und dort alles auf den Kopf gestellt haben auf der Suche nach irgendwas, das einen solchen Aufwand rechtfertigt.«
Das schien Verhoeven einzuleuchten. »Glauben Sie, Ackermann hatte den Umschlag dort?«
»Nein«, sagte Winnie. »Wenn er wirklich so vorsichtig war, wie es scheint, dann hat er das verdammte Ding garantiert nicht ausgerechnet dort aufbewahrt, wo man als Erstes danach suchen würde.« Sie trat scharf auf die Bremse, als die Ampel vor ihr auf Rot sprang. »Vergessen Sie nicht, dass Ackermann den Umschlag auch bei seiner Verhaftung nicht bei sich zu Hause hatte. Nicht zu Hause und auch nicht in seinem Spind oder in irgendeinem Bankfach, wo die Kollegen, die damals ermittelt haben, ihn hätten finden können.«
»Dabei muss seine Festnahme für ihn ziemlich überraschend gekommen sein«, stimmte Verhoeven ihr zu.
Winnie starrte das Rot der Ampel an. »Hat, wer immer in Ackermanns Apartment war, eigentlich auch irgendwas mitgehen lassen?«
»Schwer zu sagen.«
»Okay. Sind Sie noch dort?«
»Wo?«
In Taka-Tuka-Land,
versetzte Winnie im Stillen. Wo war der Kerl denn nur wieder mit seinen Gedanken? Laut sagte sie: »In Ackermanns Apartment.«
»Ach so. Entschuldigen Sie.« Verhoeven ließ ein reichlich verlegenes Lachen hören. »Ja, ich bin noch da. Aber quasi auf dem Abflug. Hier ist wirklich nichts mehr zu holen.«
»Dann treffen wir uns also im Präsidium?«
»Äh … nein. Ich meine … haben Sie schon gegessen?«
»Was?«
»Zu Abend.«
»Nein.« Natürlich nicht, ergänzte sie in Gedanken. Oder glaubst du, Miriam Bandow hat sich so über meinen Besuch gefreut, dass sie mir erst mal was Schönes gekocht hat?
»Fein, dann lade ich Sie ein. In einer Viertelstunde im Maredo, ja?« Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern legte einfach auf.
»Was ist denn in den gefahren?«, murmelte Winnie, während sie sich nach einer Möglichkeit zum Wenden umsah. »Das hat er ja noch nie gemacht.«
Ich lade Sie ein …
Sie fand einen Parkplatz am Justizministerium und ging die wenigen Schritte bis zum Landtag zu Fuß.
Das Maredo war an diesem Freitagabend rappelvoll. Offenbar schürte die Eiseskälte den Appetit auf Gegrilltes.
Verhoeven war bereits da und hatte einen Vierertisch in der Nähe der Toiletten gefunden. Er winkte, als er seine Kollegin entdeckte. Und obwohl ihre Tatortbegehung nun schon eine halbe Ewigkeit her war, wirkte er noch immer verfroren.
»Ich habe schon mal Kaffee bestellt«, verkündete er mit der ruhigen Gewissheit, dass dieses Getränk bei seiner Partnerin zu jeder Tages- und Nachtzeit bestens ankam.
»Prima. Danke.«
Er schob ihr die Karte hin. »Heute gönne ich mir eins von diesen XXL -Steaks.«
Tu das!, dachte Winnie. Du siehst aus, als ob du’s nötig hast …
»Lübke und Jensen kommen auch gleich nach«, erklärte ihr Vorgesetzter, der aus unerfindlichen Gründen in Eile zu sein schien.
»Na super.« Sie lehnte sich zurück und genoss den würzigen Duft nach gebratenem Fleisch. »Dann wird das hier ja mal ’ne echt gemütliche Dienstbesprechung.«
Verhoevens Lächeln wirkte reichlich gezwungen. »Äh ja … Aber bevor wir …«
Weiter kam er nicht, denn der Kellner hatte Winnie Heller entdeckt und eilte beflissen heran. »Gute Abend, Señora, was darf ich Ihne bringe?«, fragte er mit unecht klingendem spanischem Akzent, was nicht weiter verwunderte, denn er sah eher wie ein Pakistani oder Inder aus.
Winnie Heller warf einen unschlüssigen Blick in die Karte.
»Sonderangebote stehen auf der Tafeln«, erklärte der Kellner, nachdem Verhoeven seine Bestellung aufgegeben hatte.
Angesichts der frostigen Außentemperaturen und des damit einhergehenden gesteigerten Energiebedarfs entschied sich Winnie Heller ebenfalls für ein Steak. Und damit sich die Sache auch so richtig
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