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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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mal wieder vor die Tür komme, auch wenn ich nicht gerade gesteigerten Wert auf die Gesellschaft lege, die sich einem hier beim Mittagessen so aufdrängt.«
    Winnie dachte an Frau Hartwig und Frau Eichenberg und musste unwillkürlich lächeln, während sich Elisabeth Ferstens kluger Blick in ihren Rücken bohrte. »Darf ich fragen, was Sie vorher gemacht haben?«, erkundigte sie sich in beiläufigem Ton. »Vor diesem Job, meine ich?«
    »Oje«, stöhnte Winnie, während sie sich zum x-ten Mal an diesem Vormittag mit einem renitenten Kopfkissen herumschlug. »Ich nehme an, meine Ungeschicklichkeit hat mich verraten?«
    »Jeder muss sich erst mal einarbeiten«, entgegnete die alte Dame diplomatisch.
    »Hm.« Winnie warf das Kissen aufs Bett, zog die Decke glatt und überlegte fieberhaft, was sie auf die Frage nach ihrer Vorbeschäftigung sagen konnte. Verdammt noch mal, sie hatte einfach nicht genügend Zeit gehabt, sich auf diesen Undercover-Einsatz vorzubereiten!
    Doch ein gnädiges Schicksal in Form eines lauten Rumpelns im Zimmer unter ihnen entband sie – zumindest vorerst – von einer Antwort.
    »Oh Mann«, sagte sie. »Das klang gefährlich.«
    Elisabeth Fersten lauschte einen Moment in die Stille, die dem Rumpeln gefolgt war. »Na, das ist ja unglaublich, die räumen doch tatsächlich schon aus«, konstatierte sie dann. »Unten, meine ich.«
    Winnie blickte sie fragend an.
    »Sagen Sie bloß, Sie haben noch nicht gehört, was Freitagnacht hier passiert ist?«
    Na, das war doch endlich mal eine Gelegenheit, unauffällig auf das Thema zu sprechen zu kommen! Winnie lehnte sich zufrieden gegen das Fußende des Bettes. »Sie meinen die Frau, die verunglückt ist?«
    Die alte Dame nickte. »Ilse hat genau unter mir gewohnt.« Sie zeigte auf die Wand. »Aber, jetzt sagen Sie doch mal ehrlich: Ist das nicht wieder eine furchbare Heuchelei? Vor den Angehörigen zerfließen sie in Anteilnahme, aber mit dem Ausräumen warten sie nicht mal, bis die arme Ilse unter der Erde ist, damit ihnen auch ja kein Tag an Verdienst entgeht.« Sie schüttelte missbilligend den Kopf. »Natürlich haben sie Wartelisten und all das, aber ein bisschen Pietät kann doch wohl niemandem schaden!«
    »Frau Brilon hat an Demenz gelitten, oder?«
    »Sie hattte Alzheimer«, antwortete ihre Gesprächspartnerin. »Schreckliche Krankheit. Noch schlimmer als Krebs, finde ich, weil es so an die Persönlichkeit geht.«
    Winnie dachte an das, was Ines Heider über Boris Mang gesagt hatte. Angeblich war er immer nett gewesen. Immer freundlich.
    Und doch hatte man ihn eines Tages getötet …
    Ackermann oder irgendwer sonst.
    »Augenblicklich machen ja alle einen Riesenwirbel um Bexaroten, aber ich bin da eher skeptisch.« Elisabeth Ferstens Gesicht hatte sich von einem Moment auf den anderen um mindestens zwanzig Jahre verjüngt, und Winnie fiel ein, dass Keela erwähnt hatte, dass sie bei einem Pharmakonzern gearbeitet hatte. Auf dem kleinen Tisch neben dem Sessel lagen nicht die üblichen Klatschblätter und Sudoku-Hefte, sondern eine ganze Reihe von Wissenschaftsmagazinen. »Es gab in den letzten Jahren schon mehr als eine sogenannte Supertherapie, die bei Mäusen ganz ausgezeichnet funktioniert hat«, fuhr die alte Dame, die nun ganz in ihrem Metier war, mit leuchtenden Augen fort. »Aber nicht eine davon hat beim Menschen auch nur annähernd vergleichbare Erfolge gebracht, im Gegenteil.« Sie schüttelte ihre silbrig schimmernde Kurzhaarfrisur. »Durch die Bank alles mehr oder weniger wirkungslos.«
    »Ich habe gehört, dass Frau Brilon über ein Treppengeländer geklettert und abgestürzt ist«, versuchte Winnie, die Aufmerksamkeit ihrer Gesprächspartnerin wieder auf den Fall zu lenken.
    Elisabeth Fersten zog überrascht die Augenbrauen hoch, während im Zimmer unter ihnen das Brüllen einer Bohrmaschine laut wurde. »Wirklich?«
    »Ja. Oben, wo die Dachterrasse ist.«
    »Das ist seltsam.«
    »Wieso?«
    »Weil alles auf der Welt, selbst das Chaos, einer gewissen Logik unterliegt.«
    »Ich fürchte, das müssen Sie mir erklären.«
    »Ilse hat Termine vergessen.« Elisabeth Fersten legte die Hände auf die Lehnen ihres Sessels. »Sie hat oft nach dem richtigen Wort gesucht und Ereignisse durcheinandergebracht. Und es konnte Ihnen auch passieren, dass Ilse Sie mit dem Namen ihrer Mutter ansprach. Aber wenn eine Ampel rot war, blieb sie stehen. Und wenn irgendwer den Rasensprenger falsch eingestellt hatte und dieser anstelle der Beete den Weg

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