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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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an Bodensteins Stelle. »Sie wurde das letzte Mal am Schwarzen Ross gesehen, etwa zu der Zeit, als Sie dort auf dem Weg in Ihre Firma vorbeigefahren sind, nämlich gegen halb elf. Erst zwei Stunden später, um halb eins, kamen Sie zurück nach Altenhain, und zwar aus einer anderen Richtung, als Sie behauptet haben.«
    Er schob die Unterlippe vor, betrachtete sie aus schmalen Augen. »Und daraus schließen Sie, dass ich der Tochter eines Mitarbeiters aufgelauert, sie in mein Auto gezerrt und ermordet habe?«
    »War das ein Geständnis?«, fragte Pia kühl.
    Zu ihrer Verärgerung lächelte Terlinden beinahe amüsiert.
    »Mitnichten«, erwiderte er.
    »Dann sagen Sie uns, was Sie zwischen halb elf und halb eins getan haben. Oder war es vielleicht gar nicht halb elf, sondern Viertel nach zehn?«
    »Es war halb elf. Ich war in meinem Büro.«
    »Sie haben zwei Stunden gebraucht, um den Schmuck Ihrer Frau in den Safe zu legen?« Pia schüttelte den Kopf. »Halten Sie uns für dämlich, oder was?«
    Die Situation hatte sich um hundertachtzig Grad gewendet. Claudius Terlinden saß in der Klemme, und das wusste er. Aber selbst jetzt wahrte er die Fassung.
    »Mit wem waren Sie essen?«, fragte Pia. »Und wo?«
    Beharrliches Schweigen. Da fielen Pia die Kameras ein, die sie am Tor der Firma Terlinden gesehen hatte, als sie neulich auf dem Rückweg von Wagners am Firmengelände vorbeigefahren war.
    »Wir können uns doch die Bänder aus den Überwachungskameras am Tor Ihrer Firma ansehen«, schlug sie vor. »Damit könnten Sie uns den Beweis liefern, dass Sie über den angegebenen Zeitpunkt tatsächlich die Wahrheit gesagt haben.«
    »Sie sind clever«, sagte Terlinden anerkennend. »Das gefällt mir. Leider ist die Überwachungsanlage seit vier Wochen defekt.«
    »Und die Kameras an Ihrem Tor unten an der Einfahrt?«
    »Zeichnen nicht auf.«
    »Tja, das ist dann wohl ziemlich schlecht für Sie.« Pia schüttelte in gespieltem Bedauern den Kopf. »Sie haben kein Alibi für die Zeit, in der Amelie verschwunden ist. Ihre Hände sind zerkratzt, als hätten Sie mit jemandem gekämpft.«
    »Aha.« Claudius Terlinden blieb ruhig, hob die Augenbrauen. »Und was jetzt? Verhaften Sie mich, weil ich einen anderen Nachhauseweg genommen habe?«
    Pia erwiderte seinen herausfordernden Blick unverwandt. Er war ein Lügner, möglicherweise sogar ein Verbrecher, der allerdings genau wusste, dass ihre Vermutungen viel zu vage waren, um eine Verhaftung zu rechtfertigen.
    »Sie sind nicht verhaftet, nur vorübergehend festgenommen.« Ihr gelang ein Lächeln. »Und das nicht, weil Sie einen anderen Nachhauseweg genommen, sondern weil Sie uns angelogen haben. Sobald Sie uns ein plausibles, nachprüfbares Alibi für den fraglichen Zeitraum geliefert haben, dürfen Sie wieder gehen.«
    »Gut.« Claudius Terlinden zuckte gelassen die Schultern. »Aber bitte keine Handschellen. Ich bin gegen Nickel allergisch.«
    »Ich nehme nicht an, dass Sie flüchten werden«, entgegnete Pia trocken. »Im Übrigen sind unsere Handschellen aus rostfreiem Edelstahl.«
    Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte just in dem Augenblick, als er das Büro verlassen wollte. Lars Terlinden erwartete dringend noch den Rückruf des Derivatehändlers von der Credit Suisse, mit dessen Hilfe er seinerzeit einen großen Teil des Kreditportfolios für diesen Hochstapler Mutzier an den Mann gebracht hatte, bevor er vor dem Vorstandstribunal erschien. Er legte seine Aktentasche ab und nahm den Anruf entgegen.
    »Lars, ich bin's«, hörte er die Stimme seiner Mutter; am liebsten hätte er gleich wieder aufgelegt.
    »Bitte, Mutter«, sagte er. »Lass mich in Ruhe. Ich habe jetzt keine Zeit.«
    »Die Polizei hat heute Morgen deinen Vater verhaftet.«
    Lars spürte, wie ihm erst kalt, dann heiß wurde.
    »Besser spät als nie«, erwiderte er bitter. »Er ist eben doch nicht der liebe Gott, der in Altenhain schalten und walten kann, wie es ihm beliebt, nur weil er mehr Geld hat als alle anderen. Eigentlich ist er mit seinen Spielchen schon viel zu lange ungeschoren davongekommen.«
    Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf seinen Sessel.
    »Aber Lars! Dein Vater wollte immer nur das Beste für dich!«
    »Falsch«, entgegnete Lars Terlinden kühl. »Er wollte immer nur das Beste für sich und für seine Firma. Und damals hat er die Situation ausgenutzt, so, wie er grundsätzlich jede Situation zu seinem Vorteil ausnutzt, und hat mich in einen Job gedrängt, den ich nie

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