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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Hause.«
    Sie seufzte und schüttelte den Kopf.
    »Trotzdem wär's besser, er wäre nicht hierher zurückgekommen.«
    »Wieso?«
    »Na ja, überleg doch mal, wie das für Manfred und Andrea sein muss, wenn sie dem Mörder ihrer Tochter über den Weg laufen!«
    Amelie trocknete die ersten gespülten Gläser ab, polierte sie sorgfältig.
    »Was ist denn damals überhaupt passiert?«, fragte sie beiläufig, aber es bedurfte keiner Motivation, denn ihre Chefin war in Plauderlaune.
    »Tobi war erst mit der Laura zusammen, dann mit der Stefanie. Die war neu in Altenhain. An dem Tag, an dem die beiden verschwunden sind, war Kerb. Das ganze Dorf war im Zelt. Ich war damals vierzehn und fand es toll, dass ich den ganzen Abend dableiben durfte. Ehrlich gesagt habe ich gar nicht mitbekommen, was passiert ist. Erst am nächsten Morgen, als die Polizei auftauchte, mit Hunden und Hubschrauber und so weiter, da habe ich mitgekriegt, dass die Laura und die Stefanie verschwunden waren.«
    »Hätte ich gar nicht gedacht, dass in so einem Kaff wie Altenhain so etwas Aufregendes passieren kann«, sagte Amelie.
    »Aufregend war's tatsächlich«, erwiderte Jenny und betrachtete versonnen die Zigarette, die zwischen ihren Wurstfingern vor sich hin qualmte. »Aber seitdem ist hier im Dorf nichts mehr, wie es mal war. Früher waren alle miteinander befreundet. Das ist vorbei. Tobis Vater war der Wirt vom Goldenen Hahn, da war jeden Abend was los, mehr als hier. Die hatten noch einen riesigen Saal, da ging an Fasching richtig die Post ab. Das Schwarze Ross gab's damals ja noch gar nicht. Mein Mann hat früher als Koch im Goldenen Hahn gearbeitet.«
    Sie verstummte, hing ihren Erinnerungen nach. Amelie schob ihr einen Aschenbecher hin.
    »Ich weiß noch, dass die Polizei Jörg und seine Freunde stundenlang verhört hat«, fuhr Jenny schließlich fort. »Niemand wusste irgendwas. Und dann hieß es, Tobi hätte die beiden Mädchen umgebracht. Die Polizei hat Blut von Laura in Tobis Auto gefunden und Stefanies Sachen unter seinem Bett. Und der Wagenheber, mit dem Stefanie erschlagen worden ist, lag in Sartorius' Jauchegrube.«
    »Ist ja krass. Haben Sie Laura und Stefanie gekannt?«
    »Die Laura, ja. Die war ja in der Clique mit meinem Bruder, Felix, Micha, Tobi, Nathalie und Lars.«
    »Nathalie? Lars?«
    »Terlinden. Und die Nathalie Unger ist eine berühmte Schauspielerin geworden. Heute nennt sie sich Nadja von Bredow. Vielleicht hast du sie schon mal im Fernsehen gesehen.« Jenny starrte vor sich hin. »Aus den beiden ist was Gescheites geworden. Lars muss einen Superjob bei einer Bank haben. Was Genaues weiß keiner. Er war nie mehr hier in Altenhain. Tja, ich hab auch immer von der großen, weiten Welt geträumt. Aber oft kommt es eben anders, als man denkt …«
    Es fiel Amelie schwer, sich ihre fette, chronisch schlechtgelaunte Chefin als fröhliches, vierzehnjähriges Mädchen vorzustellen. War sie vielleicht deshalb oft so bösartig, weil sie in diesem Kaff hängen geblieben war, mit drei ewig nölenden kleinen Kindern und einem Mann, der sie als Anspielung auf ihre Figur vor allen Leuten verächtlich »Micheline« rief?
    »Und Stefanie?«, fragte Amelie, als Jenny in ihren Erinnerungen zu versinken drohte. »Wie war sie so?«
    »Hm.« Jenny starrte nachdenklich ins Leere. »Schön war sie. Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz.«
    Ihr Blick richtete sich auf Amelie. Ihre hellen Augen mit den blonden Wimpern erinnerten an die eines Schweins.
    »Du siehst ein bisschen aus wie sie.« Das klang nicht wie ein Kompliment.
    »Ehrlich?« Amelie hielt mit ihrer Arbeit inne.
    »Stefanie war ein ganz anderes Kaliber als die Mädchen aus dem Dorf«, sprach Jenny weiter. »Sie war gerade erst mit ihren Eltern hierhergezogen, und Tobi hatte sich sofort in sie verknallt und mit Laura Schluss gemacht.« Jenny kicherte verächtlich. »Da hat mein Bruder seine Chance gesehen. Die Jungs waren alle ganz verrückt nach der Laura. Die war richtig hübsch. Aber auch ganz schön zickig. Sie war stinkwütend, als Stefanie zur Miss Kerb gewählt worden ist und nicht sie.«
    »Warum sind Schneebergers hier weggezogen?«
    »Würdest du in dem Dorf bleiben, wo deinem Kind so was Schreckliches zugestoßen ist? Sie haben noch ungefähr drei Monate hier gewohnt, dann waren sie eines Tages weg.«
    »Hm. Und der Tobi? Was war das für ein Typ?«
    »Ach, in den waren alle Mädchen verliebt. Ich auch.« Jenny lächelte wehmütig bei der Erinnerung an die

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