Schneewittchen-Party
war das Fest auch bald zu Ende.«
»Und Mrs Drake sagte nichts davon, dass sie erschrocken war, und deutete auch nicht an, worüber?«
»Nein.«
»Aber Sie meinen, sie ist erschrocken?«
»Wahrscheinlich denken Sie, dass ich von einer völlig unwichtigen Sache unnötigerweise viel hermache?«
»Nein«, sagte Poirot, »das denke ich gar nicht. Ich habe Mrs Drake erst einmal gesehen«, fügte er nachdenklich hinzu, »als ich nämlich mit meiner Freundin, Mrs Oliver, in ihrem Haus war, um mir den Tatort, wie das so schön heißt, anzusehen. In der kurzen Zeit, die mir für solche Beobachtungen zur Verfügung stand, ist mir nicht aufgefallen, dass Mrs Drake zu den Frauen gehört, die leicht erschrecken. Stimmen Sie mir da zu?«
»Aber ja. Deshalb habe ich mich ja hinterher auch so gewundert.«
»Und Sie haben keine entsprechenden Fragen an Mrs Drake gestellt?«
»Ich hatte nicht den geringsten Grund dazu. Wenn die Gastgeberin das Pech hat, ihre beste Glasvase in tausend Stücke zu hauen, dann kann man als Gast kaum hingehen und sagen: ›Ja, um Gottes willen, warum haben Sie denn dies getan?‹, und ihr damit den Vorwurf machen, dass sie ungeschickt gewesen ist. Und gerade Ungeschicklichkeit, das kann ich Ihnen versichern, gehört nicht zu Mrs Drakes Eigenschaften.«
»Und gleich danach war das Fest zu Ende, wie Sie gesagt haben. Die Kinder und ihre Mütter und Freunde gingen nachhause, und man konnte Joyce nirgends finden. Wir wissen jetzt, dass Joyce hinter der Tür zur Bibliothek lag und dass sie tot war. Wer kann es also gewesen sein, der kurze Zeit vorher aus der Bibliothek kommen wollte, Stimmen in der Diele hörte, die Tür wieder zumachte, später herauskam und sich unter die Leute mischte, die in der Diele herumstanden, sich verabschiedeten, ihre Mäntel anzogen und so weiter? Ich nehme an, dass Sie erst, nachdem die Leiche gefunden worden war, darauf kamen, über das, was Sie gesehen hatten, nachzudenken?«
»Ja.« Miss Whittaker erhob sich. »Ich fürchte, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Und auch das hier mag Blödsinn sein.«
»Aber es war etwas, was Ihnen aufgefallen ist. Alles Auffällige ist wichtig. Übrigens habe ich noch eine Frage, eigentlich sogar zwei.«
Elizabeth Whittaker setzte sich wieder hin. »Bitte«, sagte sie, »fragen Sie mich, was Sie wollen.«
»Können Sie sich an die genaue Reihenfolge der einzelnen Ereignisse bei diesem Fest entsinnen?«
»Ich glaube doch«, sagte Elizabeth Whittaker und überlegte einen Augenblick. »Es fing an mit der Prämiierung der Besenstiele. Dekorierte Besenstiele. Es gab drei oder vier kleine Preise. Dann gab es eine Art Wettkampf mit Ballons, die mit der Hand geschlagen wurden. Eine gemäßigte Toberei, damit die Kinder ein bisschen warm wurden. Dann gab es etwas mit Spiegeln, wobei die Mädchen in ein kleines Zimmer gingen und sich einen Spiegel vorhielten, in dem dann das Gesicht eines Jungen oder jungen Mannes erschien.«
»Wie wurde das gemacht?«
»Oh, sehr einfach. Mit präparierten Fotos, die ein paar Jungens mitgebracht hatten.«
»Wussten die Mädchen, wen sie da in ihrem Spiegel sahen?«
»Wahrscheinlich einige ja und einige nicht. Die jungen Männer hatten sich ein bisschen zurechtgemacht. Sie wissen ja, Masken oder Perücken, Koteletten, Barte, ein bisschen Schminke. Die Mädchen kannten die meisten Jungen, und ein paar Fremde mögen noch dabei gewesen sein. Auf jeden Fall kicherte alles verzückt«, sagte Miss Whittaker mit einem Anflug blaustrümpfiger Verachtung für diese Art von Vergnügen. »Danach kam ein Hindernisrennen, das Mehlschneiden, es wurde getanzt, und dann gab es Abendbrot. Nach dem Abendbrot kam als letzter Höhepunkt der Feuerdrachen.«
»Wann haben Sie Joyce zum letzten Mal an dem Abend gesehen?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Elizabeth Whittaker. »Ich kannte sie nicht besonders gut. Sie ist nicht in meiner Klasse. Sie war kein sehr interessantes Mädchen, und so habe ich sie nicht weiter beobachtet. Ich erinnere mich aber, dass ich sie beim Mehlschneiden gesehen habe, weil sie so ungeschickt war. Da hat sie also noch gelebt – aber das war gleich am Anfang.«
»Sie haben nicht gesehen, dass sie mit jemand in die Bibliothek gegangen ist?«
»Natürlich nicht. Das hätte ich doch längst gesagt. Das zumindest wäre auffällig und wichtig gewesen.«
»Und jetzt«, sagte Poirot, »zu meiner zweiten Frage. Seit wann sind Sie hier an der Schule?«
»Im Herbst seit sechs Jahren.«
»Und Ihre
Weitere Kostenlose Bücher