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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich, zog die Baumwollhandschuhe wieder an, die sie sich in ihrer Not ganz von den Händen geknetet hatte, deutete etwas an, was fast wie ein Knicks aussah, und lief eilig davon. Mrs Oliver wartete, bis Poirot nahe herangekommen war.
    »Kommen Sie her«, sagte sie, »und setzen Sie sich. Was ist mit Ihnen los? Sie sehen so gequält aus.«
    »Meine Füße tun sehr weh«, sagte Hercule Poirot.
    »Das sind diese fürchterlich engen Lackschuhe, die Sie immer tragen«, sagte Mrs Oliver. »Setzen Sie sich. Erzählen Sie mir, was Sie mir erzählen wollten, und dann werde ich Ihnen was erzählen, was Sie sehr überraschen wird!«

18
     
    P oirot setzte sich, streckte die Beine von sich und sagte: »Ah! Das tut gut.«
    »Ziehen Sie doch die Schuhe aus«, sagte Mrs Oliver, »und ruhen Sie Ihre Füße aus.«
    »Nein, nein, das kann ich auf keinen Fall tun«, sagte Poirot in schockiertem Ton.
    »Nun, wir sind doch alte Freunde«, sagte Mrs Oliver, »und Judith würde sich nichts dabei denken, wenn sie plötzlich rauskäme. Wissen Sie – wenn ich das mal so sagen darf –, Sie sollten keine Lackschuhe auf dem Lande tragen. Warum kaufen Sie sich nicht ein Paar schöne Wildlederschuhe? Oder diese Dinger, die die Hippies heutzutage tragen? Diese Schuhe, wissen Sie, in die man nur reinfährt und die man nie zu putzen braucht – anscheinend putzen sie sich von selbst. Eine von diesen pflegeleichten Sachen.«
    »So etwas möchte ich niemals tragen«, sagte Poirot empört. »Um Gottes willen.«
    »Das Schlimme mit Ihnen ist«, sagte Mrs Oliver, »dass Sie immer und um jeden Preis elegant aussehen wollen. Ihnen ist Ihre Kleidung und Ihr Schnurrbart und wie Sie aussehen wichtiger als Bequemlichkeit. Wenn man erst mal über fünfzig ist, dann ist Bequemlichkeit die Hauptsache.«
    »Madame, chère Madame, ich glaube nicht, dass ich da mit Ihnen übereinstimme.«
    »Das wäre aber viel besser für Sie«, sagte Mrs Oliver. »Wenn Sie’s nämlich nicht tun, werden Sie schwer zu leiden haben, und es wird Jahr für Jahr schlimmer werden.«
    »Jahr für Jahr«, sagte Poirot nachdenklich, während Mrs Oliver ihn überrascht anstarrte. »Es ist erstaunlich, wie Sie mir immer wieder Fingerzeige geben, mir immer wieder den Weg zeigen, den ich bei meinen Untersuchungen gehen muss. Mir wird erst jetzt richtig klar, wie wichtig es ist, hier in großen Zeiträumen zu denken.«
    »Aber das sehe ich nun wirklich nicht ein«, sagte Mrs Oliver. »Von großen Zeiträumen kann doch gar keine Rede sein. Ich meine, das alles ist doch erst vor – wirklich, erst vor vier Tagen passiert.«
    »Das stimmt. Aber alles, was passiert, hat eine Vergangenheit. Eine Vergangenheit, die inzwischen zum Heute geworden ist, aber die schon gestern existiert hat und vorigen Monat und voriges Jahr. Die Gegenwart hat ihre Wurzeln immer in der Vergangenheit. Vor einem Jahr, vor zwei Jahren, vielleicht sogar vor drei Jahren wurde ein Mord begangen. Ein Kind sah diesen Mord. Weil dieses Kind an einem bestimmten, längst vergangenen Tag diesen Mord gesehen hat, musste es vor vier Tagen sterben. Ist es nicht so?«
    »Ja. Stimmt. Ich nehme es jedenfalls an. Es kann natürlich auch ganz anders sein. Es kann auch sein, dass es irgendein geistesgestörter Irrer gewesen ist, dem es Spaß macht, Leute umzubringen, und für den im Wasser spielen heißt, dass er jemand den Kopf untertaucht und ihn festhält.«
    »Diese Annahme hat Sie aber nicht zu mir gebracht, Madame«, sagte Poirot.
    »Nein«, sagte Mrs Oliver, »nein. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Und ich habe immer noch ein ungutes Gefühl.«
    »Und da stimme ich Ihnen voll bei. Ich glaube, Sie haben Recht. Man hat ein ungutes Gefühl, und man muss herausbekommen, warum. Ich versuche mit aller Kraft, obgleich Sie mir das vielleicht nicht glauben werden, herauszubekommen, warum.«
    »Indem Sie herumlaufen, sich mit Leuten unterhalten, um herauszufinden, ob sie nett sind oder nicht, und ihnen dann Fragen stellen?«
    »Richtig.«
    »Und was haben Sie herausbekommen?«
    »Tatsachen«, sagte Poirot. »Tatsachen, die zu gegebener Zeit durch bestimmte Daten ihren festen Platz innerhalb der Ereignisse finden werden.«
    »Ist das alles? Was haben Sie noch herausbekommen?«
    »Dass niemand an die Wahrheitsliebe von Joyce Reynolds glaubt.«
    »Mir scheint«, sagte Mrs Oliver, »dass Ihre Tatsachen Sie geradezu zurückwerfen, anstatt dass Sie wenigstens auf der Stelle treten oder vorwärtskommen.«
    »Alle Einzelheiten müssen in

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