Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet
Tür auf. Das Holz kracht und splittert. Aber die Tür lässt sich immer noch nicht öffnen.
Eine Notärztin und ein Notarztsanitäter kommen die Treppen hochgelaufen.
»Und?«, fragt die Notärztin.
Einer der beiden Feuerwehrmänner tritt mit seinen Arbeitsstiefeln gegen die Tür.
»Da wohnt eine junge Frau«, erkläre ich, »etwa siebzehn Jahre alt, sie hat wohl noch einen Notruf abgesetzt, und wir haben vorhin noch Hilferufe gehört. Seitdem nichts mehr …«
»Ja!«, schreit der Feuerwehrmann beim nächsten Tritt, und die Tür springt auf.
Alle Augen sind auf die Wohnungstür gerichtet, die sich aber nur ein Stück weit öffnen lässt. Der Feuerwehrmann schaut uns kurz an:
»Da ist ein Widerstand.« Er will die Tür schon mit Kraft weiter aufdrücken, aber Roman stoppt ihn.
»Vorsichtig«, sagt er. »Lass mich mal.« Und dann quetscht er sich durch den Spalt, der selbst für ihn als Leichtgewicht eng ist.
»Oh Mann!«, hören wir ihn von drinnen. »Wartet, ich ziehe sie ein kleines Stück hinter der Tür weg.«
Hellblondes Haar umrahmt das blaugrau angelaufene Gesicht des Mädchens. Ganz offensichtlich ein Kreislaufstillstand.
»Los, den Beatmungsbeutel …« Roman kniet am Kopfende der Patientin.
Die Notärztin hockt auch schon neben dem leblosen Körper, der auf den weißen Fliesen liegt, und schaut sich die Pupillen der Patientin an. Ohne Erfolg tastet sie nach dem Puls der Halsschlagader seitlich neben dem Kehlkopf. Ich warte neben dem geöffnetem Notfallkoffer auf das Startzeichen. Ein Nicken, ich beginne mit der Herzdruckmassage, während Roman das EKG anlegt.
»Mal kurz aufhören«, ordnet die Notärztin an.
Doch auf dem das EKG ist nur eine gerade Linie zu sehen. »Weitermachen …«
Der Notarztsani bereitet alles für die Intubation der Patientin vor und reicht ihr den Tubus, einen Schlauch, der in die Lunge geschoben wird, um eine sichere Beatmung zu ermöglichen.
»Der Stillstand ist offenbar erst vor ein paar Minuten eingetreten«, sagt die Notärztin, bevor sie einen ersten Intubationsversuch macht, dann die Patientin mit dem Stethoskop abhört, während Roman wieder beatmet.
»Komm, weiter …«, sagt sie ruhig.
Der Tubus sitzt, ich setze die Herzdruckmassage fort, Roman beatmet jetzt über diesen Schlauch, der aus dem Mund der Patientin ragt.
Der Notarztsani hat mittlerweile eine Infusionskanüle gelegt.
»Adrenalin.«
Der Sani vom NEF ist längst dabei, es aufzuziehen.
»Kann mich bitte mal jemand ablösen«, sage ich. Diese Herzdruckmassage am Boden kniend ist eine Tortur für Knie und Rücken.
Roman drückt mir den Beatmungsbeutel in die Hand und wir wechseln: ich ans Kopfende, er an die Seite für die Herzdruckmassage. Sekunden später hat der Notarztsani das Beatmungsgerät eingestellt, und wir schließen es an den Tubus an.
»Kurze Pause.« Ich folge dem Blick der Ärztin auf das EKG . Immer noch diese verdammte Nulllinie!
»Gut, weitermachen und noch mal Adrenalin.«
Immerhin, die Beatmung wird jetzt maschinell erledigt, wir haben die Hände frei.
»Kann man schon was sagen?«, fragt die Polizistin.
»Nur, dass sie einen Herzstillstand hat. Aber das sehen Sie ja selbst«, antwortet die Notärztin. Dann sieht sie mich an und meint: »Los, schau dich mal um, ob es irgendwelche Unterlagen gibt, irgendeinen Krankenhausentlassungsbrief, irgendwelche Medikamente oder etwas, was uns weiterhelfen könnte.«
Gemeinsam mit der Polizistin gehe ich durch die Räume, während im Flur die Reanimation weiterläuft und die Kollegen damit begonnen haben, zu defibrillieren.
Wir kommen zügig voran, da die kleine Wohnung nicht nur karg möbliert, sondern auch sehr aufgeräumt ist. Die Polizistin schaut sich im Schlafzimmer und Bad um, ich habe mir den Wohnraum mit Kochecke vorgenommen und dort vor allem einen Blick in den Mülleimer und den Papierkorb geworfen. Aber keine leeren oder vollen Medikamentenschachteln, kein Arztbrief, kein Hinweis auf einen Drogenmissbrauch – einfach nichts zu finden, was uns weiterbringen würde.
Die Polizistin sieht noch ein Telefonbüchlein der Patientin durch. »Keine Nummer von einem Arzt, aber das nehme ich mal mit, vielleicht finden wir so die Telefonnummer eines Verwandten heraus«, sagt sie.
Als wir wieder in den Flur kommen, kniet die Notärztin schweigend da und schaut abwechselnd vom Monitor auf die Patientin. Das Geräusch der Beatmungsmaschine, das Rascheln der leeren Tubuspackung, die Roman einmal streift, das leise Aufstöhnen des
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