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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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wieder gehen kann und vor der Entlassung steht.)
    Aber es war auch jemand, der wusste, dass es zwei ganze Fläschchen Kalium sein mussten. Weniger hätte Squillante vielleicht nicht getötet, sondern ihm sogar geholfen. Mehr wäre sinnlos gewesen und hätte Streifen in der Aorta verursacht, die bei einer Obduktion böse aufgefallen wären.
    Wenn aber der Täter vertuschen wollte, dass es Mord war, wieso hat er die Spritzen dann so schnell gesetzt, dass es zu Ausschlägen in Squillantes EKG kam? Die Versicherung würde davon begeistert sein. Auf das Geld aus dem Testament können die Erben lange warten.
    Vielleicht
wollte
der Täter es richtig machen, hatte aber nicht die Zeit oder die Ausbildung dazu.
    Wie gesagt, wen schert das? Genug Zeit vergeudet. Ich werde mir diejenigen meiner Patienten ansehen, deren Leben davon abhängt, und den Rest Akfal überlassen.
    Dann nichts wie raus.
    Ich weiß:
Super. Und scheiß auf den Paki, hm?
Aber er soll sich ruhig daran gewöhnen, denn ich bezweifle, dass ich wiederkomme.

    Auf dem Gang vor dem Aufwachraum aber treffe ich Stacey. Sie trägt noch ihre OP-Kleidung und weint.
    »Was ist los?«, frage ich sie.
    »Mr LoBrutto ist
gestorben«,
sagt sie.
    »Ach so«, sage ich. Und frage mich, wie jemand, der sich mit Dr. Friendly abgibt, noch überrascht sein kann, wenn ein Patient von ihm stirbt. Dann fällt mir ein, dass Stacey neu im Fach ist. Ich lege den Arm um sie.
    »Nicht unterkriegen lassen, Kleines«, sage ich.
    »Ich weiß nicht, ob ich den Job packe«, sagt sie.
    Mir kommt ein Gedanke. »Klar«, sage ich. Zähle bis fünf, während sie die Nase hochzieht. Dann sage ich: »Stacey, hast du Kaliumchlorid?«
    Sie nickt langsam, verwundert. »Ja... normalerweise nicht, aber in meiner Tasche hab ich zwei Muster. Warum?«
    »Wieso jetzt, wenn du normalerweise keins dabei hast?«
    »Die Bestellungen mache ich nicht. Das Zeug wird mir geliefert, und ich nehm's mit ins Krankenhaus.«
    »Sie liefern es dir ins Büro?«
    »Ich hab kein Büro. Es wird mir nach Hause geliefert.«
    Ich bin verblüfft. »Du arbeitest von
zu Hause
aus?«
    Wieder nickt sie. »Wie meine beiden Mitbewohnerinnen.«
    »Arbeiten alle Pharmavertreterinnen von zu Hause aus?«
    »Glaub schon. Nur zweimal im Jahr sollen wir in die Firma kommen, zur Weihnachtsfeier und zum Tag der Arbeit.« Sie schluchzt wieder los.
    Himmel,
denke ich.
Man lernt nie aus.
    »Hast du vielleicht noch Moxfan?«, frage ich sie.
    »Nein«, sagt sie unter Tränen und schüttelt den Kopf. »Die sind alle.«
    »Geh heim und schlaf, Kind«, sage ich ihr.

    Ich richte gerade die Beatmung eines bisher nicht erwähnten Patienten ein, den ich auch nicht mehr erwähnen werde, und verliere Zeit wie Blut, als mich Akfal anpiept. Ich rufe ihn zurück.
    »Arschmann hat Gelbsucht«, sagt er.
    Na toll. Das bedeutet, die Funktion der Leber ist so gestört, dass sie tote Blutkörperchen nicht mehr richtig abbaut. Meinem Arm geht es inzwischen wieder besser. Aber Arschmann zumindest ist hin.
    Ich sollte darauf pfeifen. Nicht, weil es warten kann, denn danach klingt es nicht gerade, sondern weil ich nicht weiß, wie ihm zu helfen wäre, selbst wenn ich mir die Zeit nehme. Würde ich WITSEC anrufen und sagen: »Ich sollte eigentlich um mein Leben rennen, aber bei einem Patienten von mir, der wegen eines sich ausbreitenden unbekannten Erregers vor acht Stunden noch über Schmerzen im Hintern geklagt hat, versagt jetzt die Leber«, und sie wüssten, was Sache ist, würden sie sagen: »Rennen Sie. Dann retten Sie wenigstens
einen.«
    Vielleicht irre ich mich aber auch. WITSEC ist nicht die mitfühlendste Einrichtung auf Erden. Ihr Standardwort für Zeugen ist »Scheißer«, und für Straftäter wie mich mag das angehen, aber es wirkt doch etwas störend, wenn sie von einer jungen Witwe mit Kind reden, die gegen ein Gangstertrio ausgesagt hat, das in ihren Laden kam und vor ihren Augen ihren Mann erschossen hat.
    Und die meisten umgesiedelten Zeugen können von Glück sagen, wenn sie einen Job in einem Warenlager in Iowa bekommen. Da können Sie sich vorstellen, was das FBI von mir hält, der ich in ihren Augen in einen vom Steuerzahler finanzierten vergoldeten Porsche Richtung Golfplatz gesetzt worden bin, und auf dem Nummernschild steht »FUKUFBI«.
    Tatsächlich bekam ich einen Platz in einem zweijährigen Vorbereitungskurs für das Medizinstudium in Bryn Mawr, den ich selbst bezahlt habe. Aber auch das ging nur mit Sam Freeds Unterstützung. Jetzt ist Sam im

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