Schneller als der Tod
schmeichelte.
Meiner anderen Familie, den Locanos, ging ich soweit ich konnte aus dem Weg. Ich stand in ihrer Schuld und sie in meiner, und sonst war alles futsch. Wer erträgt es schon, wenn Freunde ihn auf Tonband als »den Polacken« bezeichnen und draufloslabern, als wäre es ihnen scheißegal, was sie damit anrichten. Und zu wissen, dass man diese Tonbänder gehört hat, schmeckt den Freunden auch nicht. Wir lösten uns voneinander, ließen uns vorsichtshalber aber Zeit damit.
Skinflick schien einfach nur ratlos zu sein. Was wir auf der Farm zusammen durchgemacht hatten, nützte ihm nichts mehr. Sollte er sich vielleicht dazu bekennen und sagen, er habe die Karcher-Jungs umgelegt? Sie
mit
umgelegt? Einen verletzten Vierzehnjährigen in den Kopf geschossen, während ich den Wagen holte?
Das war alles umsonst gewesen, und ich hatte den Eindruck, statt sich dafür zu schämen, war er neidisch auf mich. Auch nach meiner Haftentlassung redeten wir kaum noch miteinander.
Das Schlimmste war, dass ich den Mafiakreisen nicht ganz ausweichen konnte. In der »LCN-Gemeinde« und bei ihren vielen Mitläufern hatte ich die übelste Art von Berühmtheit erlangt, die darin besteht, dass man von Leuten, die man gar nicht kennt, als kaltblütiger Mörder angesehen und dafür bewundert wird. Dieses Gesocks hatte meine Verteidigung bezahlt, und sie waren eitel, empfindlich, unsicher und gefährlich. Ich konnte einige ihrer Einladungen ausschlagen, aber nicht alle. Sie ließen sich nur bis zu einem gewissen Grad abweisen.
Zumindest wollten die Mobster nicht, dass ich weiter für sie mordete. Sie begriffen, dass der Mythos der Unverwundbarkeit, der mir jetzt anhaftete, weil es dem Staat zu peinlich wäre, mich jemals wieder vor Gericht zu bringen, ihnen am meisten nutzte, wenn er nicht auf die Probe gestellt wurde.*
(John Gotti, der »Teflon Don«, der Boss, an dem alles abperlte, bekam anderthalb Jahre, nachdem er diesen Spitznamen erhalten hatte, lebenslänglich.)
Aber verdammt, diese Arschlöcher wollten mich um sich haben. Damals lernte ich Eddie »Consol« Squillante kennen. Unter vielen, vielen anderen.
»Arschlöcher« wird ihnen übrigens wirklich nicht gerecht. Diese Mistkerle waren das Letzte. Dummstolz, widerwärtig, restlos überzeugt, dass ihre Bereitschaft, jemanden anzuheuern, damit er aus Leuten, die von ehrlicher Arbeit lebten, Geld rausprügelte, etwas Geniales hatte und ihre Treue zu einer stolzen Tradition bewies. Wenn ich sie aber nach dieser Tradition fragte - das Einzige, was mich an diesen Schleimschleichern interessierte-, machten sie den Kopf zu. Ich wusste nie, ob sie wegen des Schwurs schwiegen, den sie geleistet hatten, oder weil sie nichts wussten. Aber ich fragte immer wieder, denn diese Stinktiere zum Schweigen zu bringen, war an sich schon ein Sieg.
Skinflick lud mich zu einigen Partys in seiner neuen Wohnung in der Upper East Side ein. Da erschien ich dann um die Zeit des größten Getümmels, ging zu ihm, gab ihm die Hand und verschwand wieder. Er sagte etwas wie: »Du fehlst mir, Mann«, ich sagte: »Du mir auch«, und das stimmte sogar.
Irgendwas
fehlte mir, und was immer es war, es war endgültig weg.
Ja, wenn ich nur ganz darauf vertraut hätte, wie aus und vorbei es war, hätte ich uns alle vielleicht retten können.
Es war der 9. April 2001. Ich war zu Hause, aber Skinflick rief mich auf meinem Handy an. Es war Abend. Ich wartete, dass Magdalena von einer Jubiläumsfeier, auf der sie gespielt hatte, zurückkam. Vor kurzem hatte ich ihr einen Wagen gekauft.
Skinflick rief an und sagte: »Scheiße, Mann, ich sitze schwer, schwer in der Tinte. Ich bin am Arsch. Du musst mir helfen. Kann ich dich abholen?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Werde ich dafür hopsgenommen?«
»Nein«, sagte er. »So was ist das nicht. Nichts Ungesetzliches. Es ist ungleich schlimmer.«
Und weil ich den Bruch mit ihm noch nicht festgeschrieben hatte, sagte ich: »Gut. Hol mich ab.«
Auf dem ganzen Weg nach Coney kaute Skinflick an den Nägeln und zog sich Coke aus einer Altoids-Dose rein, indem er eine Fingerspitze anfeuchtete, sie eintunkte, das Pulver herunterschniefte und den Rest auf seinem Zahnfleisch verrieb, als putzte er sich die Zähne.
»Kann ich dir nicht erzählen. Muss ich dir zeigen«, sagte er immer wieder.
»Quatsch«, sagte ich. »Erzähl schon.«
»Bitte, Mann. Bitte. Nur die Ruhe. Du wirst alles verstehen.«
Das bezweifelte ich. Es kam mir vor, als führte Skinflick mit mir das
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