Schnittmuster
erfahren.«
»Schau mal, Felicia«, begann er.
»Detectives«, wurde er von einer Frauenstimme unterbrochen.
Striker drehte sich um. Die Gerichtsmedizinerin stand in der Tür, die zum Autopsieraum führte. Sie war groÃ, um die einsachtzig, und superschlank â Typ anorektisches Model. Ihre lange, tizianrote Mähne steckte straff zusammengebunden unter einem blauen Haarnetz. Sie trug eine modisch groÃe Brille, die das tiefe Blau ihrer Augen hervorhob. Sie war die Todesgöttin im Leichenschauhaus. Ein Hingucker, aber auch irgendwie gänsehautmäÃig. Alles an ihr wirkte künstlich, mit teurer Kosmetik oder plastischer Chirurgie geschönt. Jede Menge Silikon und Make-up.
Striker kannte sie noch vom letzten Mal.
Sie trat zu ihm und entblöÃte ihr perfekt gerichtetes und überkrontes Gebiss. »Kirsten Dunsmuir. Pathologin.«
Felicia stellte sich vor. Als Dunsmuir von ihr zu Striker blickte, verengten sich ihre Augen, und sie fragte: »Kennen wir uns nicht?«
»Sie haben meine Frau obduziert; sie starb vor zwei Jahren.«
»Oh«, entfuhr es ihr emotionslos, dann wurde sie unvermittelt dienstlich. »Tut mir leid, ich bin in Eile. Ich werde im Burnaby General gebraucht.«
»Burnaby General?«, wiederholte Striker. »Sind Sie hier nicht ausgelastet?«
»Es ist was Persönliches.«
Er schoss einen harten Blick zu ihr. »Und so wichtig, dass Sie deswegen die Untersuchungen der Amoktat in der Schule zurückstellen? Ihnen ist sicher klar, dass dieses Beweismaterial mir helfen würde, den ScheiÃkerl zu schnappen.«
Statt einer Antwort strafte sie ihn mit einem arroganten Starren, frostig wie Eisnadeln. So kamen sie nicht weiter, dachte Striker im Stillen. Und er stand unter massivem Zeitdruck. »Haben Sie wenigstens den Bericht fertig?«, erkundigte er sich.
Dunsmuir zog energisch ihre Handschuhe aus, dass das Latex quietschend über ihre Haut schnalzte. »Ja, es fehlen allerdings noch die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung.«
»Ich muss ihn sehen«, sagte er mit Nachdruck.
»Er ist da drin«, erklärte sie. »Der schwarze Ordner auf dem Regal, direkt neben Sherman Chans Leiche. Schauen Sie sich alles an, aber lassen Sie den Bericht bitte da, wo er ist. Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie mich an. Ich bin in ein paar Stunden zurück.«
Als sie sich zur Tür umwandte, rief Striker ihr nach: »Konnten Sie wenigstens den ungefähren Todeszeitpunkt von Raymond Leung ermitteln?«
»Mittwoch«, sagte sie beim Hinausgehen. »Irgendwann zwischen drei und acht Uhr morgens.«
Das war der Morgen des Massakers. Der Todeszeitpunkt bestätigte dem Detective mit letzter Gewissheit, dass Raymond Leung tatsächlich nicht Rotmaske war. Felicia zog diesen logischen Schluss ebenfalls.
»Falsche Blutgruppe und der Todeszeitpunkt trifft nicht zu«, konstatierte Striker mit einem Anflug von Verärgerung, weil ihm anfangs keiner geglaubt hatte. Er starrte Kirsten Dunsmuir nach, die eben auf ihren Highheels über den grau gestrichenen Estrich stöckelte. »Blöde Tussi«, knirschte er gereizt. »Kalt wie eine Hundeschnauze.« Vielleicht lag es daran, dass er frustriert war. Vielleicht war er bloà übermüdet. Keine Ahnung. Sie stieg in den Aufzug, die Türen schepperten zu, und der Lift fuhr ratternd nach oben.
»Wahrscheinlich hat sie einen unaufschiebbaren Termin mit ihrem Schönheitschirurgen«, tippte Felicia.
Striker grinste, schnellte herum und verschwand in Richtung Autopsie.
Sie betraten Untersuchungsraum B, in dem die obduzierten Leichen von dem Schulmassaker lagen. Mit Latexhandschuhen und Plastikkitteln ausstaffiert, traten sie an den Obduktionstisch, der mit Unbekannt 1 beschriftet war.
Besser bekannt als WeiÃmaske.
Striker streifte ihn mit einem Blick. Der Ordner mit dem Autopsiebericht bot ärgerlicherweise keine neuen Aufschlüsse, mit einer Ausnahme: Die sonderbar ausgezackten Narben auf seinen Rippen stammten vermutlich von Schrapnellverletzungen. Interessant. Der Tod war durch eine Schussverletzung eingetreten. Kein Wunder, immerhin hatte man dem Typen den kompletten Kopf weggeblasen.
Identität weiterhin unbekannt.
Striker wandte sich Obduktionstisch 2 zu. Und schaute sich den schmächtigen Jungen, der darauf lag, genauer an. Einschussloch in der rechten Wange, das betroffene Gewebe färbte sich dunkel und zog sich nach
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