Schnittmuster
wussten, dass das Zeug besser schmeckt als ihre Diätbrühe. Sie klauten es und nannten es Coke Zero. Hab ich aus dem Werbeblättchen vom Supermarkt.«
Striker nickte. »Dann stimmt die Info sicher, oder?«
Phyllis zündete sich eine Zigarette an und inhalierte tief. »Verficktes Coke Zero. Bah pfui! Wissen Sie, wieso sie das Zeug Coke Zero nennen? Weil so was bloà Nullen trinken!«
»Hey, ich hasse den ScheiÃ.«
Phyllis bedachte ihn mit einem schiefen Seitenblick, als wäre sie sich nicht sicher, ob er sie womöglich hochnahm. SchlieÃlich zuckte sie wegwerfend mit den Schultern und fuhr sich mit ihren Haut-und-Knochen-Fingern durch die langen, gelblich grauen Haare.
»Ich weiÃ, wieso Sie hier sind, SüÃer. Wegen dem Feuer, da möcht ich wetten.«
»Die Wette haben Sie glatt gewonnen, Phyllis. Haben Sie was gesehen?«
»Verdammt, klar hab ich was gesehen. GroÃes Ding. Zig Feuerwehrleute rannten mit groÃen Schläuchen und ihrer groÃen roten Maschine rum. Der Rauch war so schlimm, dass die ganze Nachbarschaft unter einer dunklen Wolke verschwand. Es stank schlimmer als bei dem Abdecker unten an der StraÃe. Dann kamen die Cops und wollten, dass ich verschwinde, von wegen gefährlich und so, aber ich wollte nicht weg. Ich bewohn schlieÃlich das letzte Haus in dem Block hier, und so soll es auch bleiben, bis ich den Löffel abgeb.«
»Na, hoffentlich nicht so bald.«
Sie inhalierte einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. »Hoffentlich bald, Schätzchen. Wissen Sie, wie alt ich bin? Zweiundneunzig. Zweiundneunzig verdammte Jahre, und ich rauch seit siebzig Jahren Camel und nehm seit vierzig Jahren Aspartam. Weil ich Diät-Pepsi trinke! Erzählen Sie das ruhig mal all diesen biodynamischen Müslifreaks!«
»Sie trinken Diät-Pepsi, aber nicht den Coke-Zero-ScheiÃ.«
Sie nickte. »Ich scheià auf Coke Zero. Ziehen eine Mordsshow ab, als wär ihr Rezept ein Wahnsinnsgeheimnis, dabei ist es bloà blöder Karamellsirup und Wasser! Das weià jeder! Früher war das anders, als sie alle mit dem Kokain köderten, das sie reintaten.« Sie schnaubte missfällig, drückte die halb gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus und angelte nach einer knallpinken Plastikhülle, die auf dem Tisch lag. »Von den verdammten Zigaretten geht immer der Lippenstift ab.« Sie legte neuen auf, zündete sich die nächste Fluppe an und nahm einen langen Zug.
Striker betrachtete angeekelt den vollen Aschenbecher mit den bonbonrosa gefärbten Zigarettenstummeln. »Noch mal zu dem Brand ⦠können Sie mir sagen, ob da irgendwas unnormal war?«
»Hier ist nichts normal. Hier ist das Unnormale bloà die Norm, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Leider ja. Kannten Sie Ihre Nachbarn, bevor das Feuer ausbrach?«
»Nachbarn? Haha! Das nennen Sie Nachbarn? Hab die nie gesehen, kein einziges Mal. Kamen immer durch den kleinen Stichweg und gingen hinten rein. Hab sie trotzdem gehört. Kamen dauernd mit groÃen Lieferwagen. Manchmal zweimal am Tag.«
»Zwei Mal am Tag?« Striker versuchte, beiläufig zu klingen. »Haben Sie mitbekommen, was die abluden?«
»Keine Ahnung. Vielleicht Feuerlöscher? Haha!«
Striker grinste. »Das wärâs noch gewesen. Hätte aber bei einem Brand dieser GröÃenordnung nicht viel gebracht. Das war ein verdammt schlimmes Feuer.«
»Das zweite war schlimm.«
Striker streifte sie mit einem harten Blick. »Das zweite?«
»Klar doch. Das zweite Feuer. Es gab zwei, wissen Sie. Das erste war am frühen Abend â fünf, vielleicht sechs Stunden vorher â da kam ein bisschen Rauch aus dem Fenster, da vorn, sehen Sie. Das bekamen sie wohl unter Kontrolle. Die Polizei war da, die Leute wurden rausgeholt und die Bude abgesperrt.«
»Abgesperrt?«
»Ja, überall war gelbes Absperrband.«
»Wie bei jedem Tatort.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Alles war zugesperrt, und ich denk, die Show ist vorbei. Aber nee, iss nich. âne Weile drauf kommen die Cops wieder, mit heulenden Sirenen. Es brennt wieder â und dieses Mal geht die ganze Bude in die Luft. Wuuuusch !« Phyllis hustete röchelnd, drückte ihre Zigarette aus und griff erneut zum Lippenstift. »Ich weià bloà eins, irgendwer hat da was echt Schlimmes abgefackelt, denn kurz darauf waren die Leute von der Stadt hier
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