Schnittmuster

auf der Kreuzung stand ein weißer GMC-Van. Fahrer- und Beifahrertür waren offen, die hintere Schiebetür jedoch geschlossen. Ein uniformierter Cop, ein junger Chinese mit gegeltem Igelschnitt, hielt Wache.
    Striker bückte sich, um unter dem Absperrband zu seinem jungen Kollegen durchzukriechen, als er einen alten Bekannten entdeckte, der eben die Front des Vans umrundete. Ergraut, erfahren und noch erschöpfter als am frühen Morgen, wo sie sich unten auf den Docks gesehen hatten. Es war Sergeant Mike Rothschild.
    Â»Hey, Sackgesicht«, rief Striker.
    Rothschild sah die beiden und trat an den Rand des abgesperrten Terrains. »Nenn mich noch einmal so und ich sorg dafür, dass du den Rest deiner Karriere als Vollzugsbeamter im Knast verbringst. Scherz beiseite, ich wollte euch gerade anrufen.«
    Striker nickte. »Wäre dir glatt zuzutrauen. Und was sollte das mit meinem Namen in der Anforderung?«
    Rothschild hob eine Braue. »Schau mal an – Nostra-fucking-Damus. Woher weißt du davon?«
    Â»Von Felicia. Sie hat es auf dem Lage-Status gesehen.«
    Rothschild grinste. »Hätte ich mir glatt denken müssen. Einer von euch beiden bleibt immer am Ball.« Er und Felicia tauschten ein Lächeln aus, dann duckte er sich unter dem Absperrband hindurch und verließ den Tatort. Er nahm ein Päckchen Zigarillos aus der Jackentasche – Old Port, mit lange gelagertem Portwein aromatisiert – und zündete sich eins an.
    Â»Verdammt langer Tag«, sagte er.
    Felicia, die zu dem Van blickte, bemerkte, dass das Nummernschild fehlte. »Gestohlen?«
    Rothschild zog vielmeinend die Schultern hoch. »Verdammt, wenn ich das wüsste. Der Wagen gehört in ein Restaurant am Ende des Blocks. Er ist auf diese Adresse zugelassen, keiner scheint jedoch zu wissen, wer sich den Van genommen hat und warum er nicht mehr in der Tiefgarage steht.«
    Â»Ist er versichert?«, wollte Striker wissen.
    Â»Saisonale Zulassung. Auch auf das Restaurant. Irgendein Kim Pham Sowieso ist als Halter eingetragen. Das ist der Manager, aber laut übereinstimmender Aussagen des Personals macht er derzeit irgendwo in Asien Urlaub. Er hat weder eine Telefonnummer noch eine Adresse hinterlassen.«
    Â»Wieso stand mein Name in der Anforderung?«, wiederholte Striker.
    Â»Das hab ich angeordnet.«
    Â»Für ein geklautes Fahrzeug?«
    Rothschild paffte genüsslich an seinem Zigarillo, woraufhin die Luft angenehm nach dem parfümierten Tabakrauch roch. Dann warf er den Stumpen auf den Asphalt, trat ihn mit seiner Stiefelspitze aus und deutete mit einem Kopfnicken zu dem Van.
    Â»Komm, Alice«, sagte er mit einem Hauch von Dramatik in der Stimme. »Zeit, durch den Spiegel zu gehen.«
    Er duckte sich wieder unter dem polizeilichen Absperrband hindurch, Striker und Felicia folgten ihm. Dabei schilderte Rothschild ihnen Folgendes:
    Â»Hank und Blondie sitzen in meinem Zivilfahrzeug und beobachten diesen Wagen. Sie stellen fest, dass das hintere Nummernschild fehlt. Sie entdecken zwar die saisonale Zulassung, können diese aber nicht entschlüsseln, weil sie hinter der Heckscheibe klemmt. Also folgen sie der Karre, um zu sehen, was passiert. Der Fahrer nimmt die Georgia nach Westen, bis er sie wohl plötzlich bemerkt. Er stoppt vor der roten Ampel auf der Main, scheint unentschlossen, wendet dann bei Grün mit quietschenden Reifen und ab durch die Mitte in Gegenrichtung. Hank kriegt das Manöver wegen dem dichten Verkehr nicht so schnell hin. Als sie den flüchtigen Van endlich wieder im Visier haben, fahren sie mit eingeschaltetem Blaulicht hinterher. Woraufhin diese Kerle aus dem Wagen türmen und die Verfolgungsjagd erst richtig losgeht.«
    Â»Haben sie die Kerle geschnappt?«
    Rothschild schüttelte bedauernd den Kopf. »Sie sind entkommen. Leider.«
    Striker fluchte.
    Â»Konnten sie wenigstens den Fahrer erkennen?«, fragte Felicia.
    Â»Nein. Es ging alles wahnsinnig schnell. Zwei Typen in dunklen Sweatjacken und Jogginghosen«, er zeigte in südöstliche Richtung. »Sprangen über den Zaun da. Keine Ahnung wohin. Die Hundestaffel verlor ihre Spur. Inzwischen sind die Kerle längst über alle Berge.«
    Striker nickte zu dem Van. »Auf welches Restaurant ist er zugelassen?«
    Rothschild blätterte in seinem Notizbuch. »Das Lokal heißt ›Fortune Happy‹ oder so ähnlich. Keine Ahnung, ist irgendwo am