Schnittmuster
unüberhörbar.
Striker lieà den Monitor nicht aus den Augen. »Hör mal genau hin. Auf die Betonung. Es klingt irgendwie anders.«
Felicia tippte Ich auf die Schulter. »Wer kennt sich hier mit asiatischen Sprachen aus?«
Er blickte sie aus müden Augen an. »Truong vom Organisierten Verbrechen. Und Iwata vom Drogendezernat. Die beiden können Ihnen sicher weiterhelfen. Zweite Etage.«
»Ich schau mal, ob ich einen von den beiden auftreiben kann.« Sie glitt aus dem Büro, während Striker sich intensiv auf den Bildschirm konzentrierte. Er beobachtete dieses Mal analytischer, wie die Schützen den als Joker verkleideten Jungen unter dem Tisch wegzerrten und ihn auf die FüÃe rissen.
» Bah ma loh ?«, fragten sie mehrere Male.
»Bah ma loh! ⦠Ba ma loh, Chantelle OâRiley?«
Der Junge zeigte schlieÃlich in eine Ecke der Cafeteria, wo sich das Mädchen, das den Faltenrock der Schuluniform trug, ängstlich zusammenkrümmte. Und obwohl Striker den dramatischen Ablauf kannte, schnürte sich ihm die Kehle zu, und er musste eine aufsteigende Ãbelkeit niederkämpfen. Er verfolgte, wie die Täter durch den Raum liefen, ihre arrogante Haltung ein perverser Kontrast zu Chantelle OâRileys Panik.
In Strikers Kopf lief ab, was gleich kommen würde. Rotmaske würde die Glock aus seinem Hosenbund ziehen und das Mädchen zwei Mal in die Brust und ein Mal in den Kopf schieÃen. Wieder erlebte er ihre Hinrichtung, und wieder lehnte er sich innerlich auf. Er mochte nicht hinsehen. Wollte Augen und Ohren vor der unsäglichen Tat verschlieÃen.
Stattdessen heftete er den Blick starr auf den Monitor. MeiÃelte den Augenblick ihres leidvollen Todes unauslöschlich in sein Herz ein. Und war fest entschlossen, den kleinsten Hauch von Mitgefühl und Verständnis auszublenden, wenn er sich dem Monster, das diese Gräueltaten begangen hatte, gegenübersah.
Trotzdem war er nicht auf das gefasst, was er als Nächstes hörte. Der Schütze â Rotmaske â richtete die Waffe auf Chantelle OâRileys Gesicht und fragte sie, bevor er auf den Abzug drückte, drei Mal: »Bah ma loh? Bah ma loh? Bah ma loh?«
Das Mädchen öffnete die Lippen und stammelte: »Ich ⦠ich verstehe Sie nicht. Wâ¦Was wollen S⦠Sie von mir?«
Rotmaske drängte näher, und dieses Mal sprach er Englisch. »Wo ist sie?«, fragte er gedehnt, mit einem schweren Akzent. »Wo ist Riku Aiyana Kwan? «
48
Rotmaske spürte unangenehm, wie ihm der kalte Schweià zwischen den Schulterblättern das Kreuz hinunterlief, während er sich im Schatten der Ahornbäume von 2301 Trafalgar Street herumdrückte â auf dem Grundstück des Kwan-Hauses. Es war nicht Teil des ursprünglichen Plans, er hatte jedoch keinen anderen Ausweg aus dem Chaos gewusst, und jetzt war er hier.
Im Wohnzimmer brannte Licht. Er beobachtete das Haus seit etwa zehn Minuten. Wartete, ob sich dort drinnen irgendetwas rührte. Bislang Fehlanzeige.
Er schlich zum Garten und blieb abrupt stehen, als er aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung aufschnappte. Im Haus schaltete eine hochgewachsene Frau den Fernseher an. Sie sah aus wie eine Halbasiatin. Schmales Gesichtsoval, schlanke Statur.
Rotmaske erkannte die Frau als Patricia Kwan. Sie war die Mutter von Riku Aiyana.
Obwohl seine Schulter höllisch schmerzte, zog er die Pistole aus seinem Jeansbund und huschte um das Haus. Versteckte sich unter einer Reihe Pflaumenbäume, bevor er die hintere Treppe hochstürmte. Die Treppe war alt und ächzte unter seinem Gewicht. Die rückwärtige Tür war verriegelt. Durch die Glasscheibe sah er, dass die Nachrichten liefen. Er nutzte die Geräuschkulisse, um mit dem Griff der Glock die Scheibe zu zertrümmern, dann tastete er mit der Hand durch die zersplitterte Ãffnung hindurch und schob den Riegel zurück.
Die Tür schwang auf, Rotmaske glitt in den Küchenbereich. In der Küche brannte kein Licht. Aus der Dunkelheit beobachtete er Patricia Kwan im Wohnzimmer. Sie verfolgte die Nachrichten und machte dabei Stretchingübungen. Sie trug ein schwarzes Spandextrikot, das sich eng an ihren Körper schmiegte; sie war muskulöser, als er erwartet hätte.
Als Rotmaske sich näher heranschlich, knirschten die Glassplitter unter seinen Turnschuhen. Zunächst schien die Frau nichts zu merken. Dann erhaschte
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