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Schnittstellen

Schnittstellen

Titel: Schnittstellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Abens
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es muss. Für irgendwelche Menschen, die ich gar nicht sehen wollte, ich hasse das. Ich fühle mich eklig und einsam und verlassen und mir ist, als müsste ich kotzen. Ich fühle mich zur Schau gestellt und begafft, obwohl mich niemand sehen kann. Ich fühle mich von meiner Mutter verkauft und angeprangert und benutzt, wie eines dieser hässlichen menschlichen Monster, die sie auf Jahrmärkten in Käfigen umherfahren.
    Wie betäubt falte ich das Blatt zusammen, lege es zurück in das Buch und das Buch auf seinen Platz am Boden. Ich verlasse Meikes Zimmer und gehe ins Wohnzimmer, wo ich benommen aufs Sofa niedersinke. Nur langsam kommen wieder geordnete Gedanken in meinen Kopf. Ich weiß nicht, wann Meike den Text geschrieben hat, aber ich erinnere mich an den Geburtstag. Das ist jetzt schon fast drei Jahre her. So hat sie es empfunden, als sie vorspielen sollte? Auch Jonas und Anna erzählen hin und wieder von dem Stress, den ich ihnen gemacht habe, mit dem Aufsagen von Gedichten und gespielten Witzen. Und ich habe das so anders gesehen. Ich weiß noch, welchen Spaß Meike und Marvin hatten, als sie zum siebzigsten Geburtstag von Karls Mutter ein Kapitel aus der Hexe Schrumpeldei aufführten oder als sie zur Goldhochzeit der Schwiegereltern auf Klavier und Geige musizierten. Den Großeltern machte nichts eine größere Freude, als den Kindern zuzusehen oder zuzuhören. Und ich dachte, indem ich die Kinder zu den Aufführungen überrede, erhalte ich ihr Selbstbewusstsein und bewahre sie vor den Hemmungen, die einen dann ewig nicht mehr loslassen. Ich wollte die Kinder vor dem Wechsel bewahren, wenn die kindliche Freude an den eigenen Fähigkeiten von Hemmungen zerstört wird. Und was habe ich erreicht?

5. KAPITEL
    Meike
    Ich streite viel zu oft mit meiner Mutter. Ich habe keinen Bock auf meine Eltern und will am liebsten nur weg von ihnen. Gehe ich morgens zur Schule, ist es aber auch nicht besser. Ich hasse die Schule. Immer muss man alles können. Wer schlechte Noten hat, ist schlecht. Wenn ich mal eine Hausaufgabe nicht kann und nicht die Möglichkeit habe, sie mit Freunden zusammen zu erledigen, dann gehe ich am nächsten Tag lieber nicht in die Schule, als nachher ungewollt aufgerufen und vor allen bloßgestellt zu werden. Bin ich nicht in die Schule gegangen, weil ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe, verpasse ich Stoff und weiß noch weniger von dem, was verlangt wird. Ich kann dann auch die Hausaufgaben für den nächsten Tag nicht machen, weil ich nicht weiß, was wir aufbekommen haben oder weil mir die Unterlagen aus der Stunde fehlen, die zur Bearbeitung der Aufgaben notwendig wären. Ich kann also wieder nicht in die Schule.
    Ich bekomme außerdem immer häufiger immer stärkere Kopfschmerzen. In den Prüfungszeiten ist es am schlimmsten. Es ist, als platze mein Kopf, und gleichzeitig drückt eine riesige Kraft meinen Schädel zusammen. So ein Gefühl, dass mein Kopf zugleich implodiert und explodiert. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn mein Kopf so schmerzt. Ich kann nicht zuhören, ich kann nicht lesen. Es ist sinnlos, in diesem Zustand zur Schule zu gehen. Daher bleibe ich zu Hause, lege mich hin oder mache irgendeinen Kleinkram, bei dem man nicht nachdenken muss, in der Hoffnung, dass diese Schmerzlawine vorübergeht. Erst seit Kurzem nehme ich manchmal Tabletten. Meine Mutter hatte das bisher abgelehnt. Sie meint, Tabletten seien nicht gut. Jugendliche würden heutzutage viel zu schnell Tabletten nehmen. Man könnte abhängig von denen werden. Dabei wirken die Tabletten oft gar nicht. Am schlimmsten ist es, wenn mich der Kopfschmerz müde macht. Dann lege ich mich aufs Bett und versuche zu schlafen. Ich bin dann unglaublich müde. Aber Schlafen kann ich nicht, wegen der Schmerzen. Das ist voll die Qual, wenn man müde ist ohne Ende, aber nicht schlafen kann, weil der Kopf so weh tut. Manchmal stelle ich mir vor, wie ich mit einem Bohrer meinen Schädel aufbohre. Wenn ich, je nachdem, wo es am Kopf am meisten weh tut, an Stellen meines Nackens drücke oder auch auf die Wangenknochen, in die Kuhle unter den Augen, dann fühlt es sich besser an. Es tut auch weh, aber anders. Dann denke ich, dass ich, wenn ich mir irgendeinen Bohrer oder eine Schraube in den Kopf rammen würde, die ganzen Schmerzen ablassen könnte. Doch das ist wahrscheinlich nicht weniger schmerzhaft. Wenn ich dann endlich eingeschlafen bin, ist es nach dem Aufwachen etwas besser. Manchmal kann ich den lieben langen Tag

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