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Schnittstellen

Schnittstellen

Titel: Schnittstellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Abens
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Stelle schwimmen gehen. Aber ich sitze noch im Zug. Und ich hab auch gar keinen Badeanzug dabei. Und nicht mehr genug Geld, um mir einen zu kaufen. Mist! Ich will jetzt ins Wasser, Mann! Im Rhein schwimmen? Stell ich mir dann doch verdammt kalt vor um diese Jahreszeit. Aber immerhin wüsste ich dann, was ich mache, wenn ich in Köln bin. Erst mal eine Runde im Rhein schwimmen.
    Am Kölner Hauptbahnhof ist es wie immer. Es hat sich in den drei Wochen nichts verändert. Ich gebe auf. Ich beschließe, nicht schwimmen zu gehen. Schon im Zug habe ich eingesehen, dass es viel zu kalt wäre. Ich gehe zu meiner Schwester. Ich will nicht länger darüber nachdenken, wo ich sonst hin kann, wo meine Eltern mich nicht finden und ich mehr oder weniger gut aufgehoben bin. Wie oft habe ich mir darüber schon Gedanken gemacht. Und immer ohne Erfolg. Ich bin schon oft von zu Hause weg, für kurze Zeit. Ich dachte, ich könnte auf der Straße leben. Aber ich mag dieses Straßenleben gar nicht, und ich mag auch die Leute nicht, die auf der Straße leben. Mit dem ganzen Alkohol und den Drogen. Schwache Menschen, die immer wieder so ein Zeug konsumieren. Wie gesagt, ich hätte lieber starke Menschen um mich herum, weil ich selbst schon schwach genug für zehn bin. Ich gehe also zu meiner Schwester. Jawohl. Da weiß ich auch, wie ich hinkomme. Meine Schwester wird mich auch nicht verpetzen, wenn ich das nicht will, das weiß ich. Ich kann ihr vertrauen.
    Anja
    »Meike ist bei mir.«
    Eine bessere SMS habe ich in meinem Leben nicht gelesen. Ich könnte singen, tanzen, heulen. Weiter steht da noch, dass wir uns keine Sorgen machen sollen, aber dass Meike nicht weiß, dass Anna uns Bescheid gegeben hat. Karl und ich nehmen uns in den Arm. Eine ganze Weile stehen wir so da. Dann rufen wir die Polizeidienststelle an. Herr Bremmer ist uns nahezu vertraut geworden. In regelmäßigen Abständen hat er angerufen. Die Sorge mit uns geteilt und gehofft, dass wir mehr wüssten als er. Als Karl erzählt, dass Meike bei ihrer Schwester gelandet ist, hört man den Stein, der ihm in Bayern vom Herzen fällt. Er hat eine Enkelin in Meikes Alter. Sein Mitgefühl und seine Besorgnis spürte man durchs Telefon.
    Gleichgültig, wann Meike sich entschließt, mit uns Kontakt aufzunehmen, Hauptsache, ihr geht es gut. Wie froh ich bin! Endlich können wir auch wieder gewöhnliche Dinge tun, ohne dieses Gefühl, das alles um einen herum mit einem Film überzogen scheint, der einen von der normalen Welt trennt. Und ich denke an die Menschen, in deren Leben der Albtraum nicht aufhört, und bin dankbar, dass mir das erspart bleibt. Ich verliere völlig mein Zeitgefühl und werde von dem Geräusch unserer Türklingel überrascht. Als Meike vor uns steht, sieht sie schon wieder verändert aus. Ihre Haare sind streichholzkurz, sie wirkt zugleich verlegen und selbstbewusst. Mir fehlen die Worte und ich nehme sie einfach in den Arm. Ich lasse sie nur los, damit auch Karl sie drücken kann. »Seid ihr nicht sauer auf mich?«, fragt sie. Karl schüttelt den Kopf. »Wir sind glücklich, dass du wieder da bist«, sagt er. »Aber ich mache euch doch nur Ärger«, wendet sie ein. »Aber wir lieben dich doch«, sage ich.

7. KAPITEL
    Meikes Tagebuch
    Die Klasse
    Carina: Sie ist komisch, aufbrausend, nett, witzig, zickig, ironisch, vertrauenswürdig, noch vieles mehr und meine beste Freundin. An sie möchte ich hier als Erstes meine Grüße aussprechen, da sie wohl eine der Wenigen ist, mit denen ich klarkomme und die obendrein auch mit mir klarkommt.
    Merkwürdiges: Sie hat manchmal so Phasen, da verwendet sie seltsame Ausdrücke oder benutzt einen eigenartigen Dialekt, es bringt jedoch nicht viel, sich sonderlich darüber zu wundern, da diese Phänomene sogar für sie selbst nicht zu erklären sind. Gerade weil ihre Erscheinung eher nett ist und sie zurückhaltend wirkt, haben sich schon so manche sehr gewundert, wenn Carina sie mal richtig angemotzt hat, wobei sie auch bei Lehrern keine Ausnahmen macht. Carina ist also wieder mal ein Beweis dafür, dass Schein nicht immer gleich Sein ist.
    Abschließend: Ich kenne Carina schon aus dem Sandkasten und bin sehr glücklich darüber, ich möchte sie nicht missen müssen, und freue mich deshalb, dass ich mit ihr jeden Schultag gesund überstehen darf.
    Also viele Grüße an f AAAAAAAAAA n!!!!!!
    Anja
    Meike ist wieder zu Hause und alles läuft normal unnormal (oder unnormal normal?). Meike weiß, dass eine Klinik nichts für sie

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