Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Draußen krächzt und gackert ein Huhn, als würde es versuchen, anstatt eines Eis einen Fußball zu legen.
»Wie geht’s Bracken?«, frage ich.
»Deshalb sind wir hier, Mummy«, klärt mich Sophie auf.
»Wir wollen dir mitteilen«, fährt Georgia für sie fort, »dass wir, wenn du Bracken umbringst, nie darüber hinwegkommen und für den Rest unseres Lebens bei Dad und Alice leben werden.«
»Oder solange, bis wir zur Uni gehen«, verbessert Sophie ihre große Schwester.
»Ich möchte Bracken nicht umbringen«, stelle ich klar, »aber ihre Behandlung wird ein paar tausend Pfund kosten, und selbst dann ist es durchaus möglich, dass du sie nicht wieder reiten kannst. Alex meint, es könnte sein, dass ihre Füße nie wieder heilen.«
»Das weiß ich, aber das Reiten ist mir egal«, entgegnet mir Georgia. »Hauptsache, sie lebt und ist nicht tot.« Das Wort »tot« betont sie besonders, als wollte sie mich noch mehr bestrafen.
»Das Problem ist, ich habe einfach so viel Geld nicht übrig.«
»Wir haben beschlossen, dass wir den Tierarzt bezahlen«, verkündet Georgia.
»Und wie wollt ihr das anstellen?«
»Wir suchen uns einen Job, wie Adam.«
»Ich befürchte, dafür seid ihr noch nicht alt genug«, werfe ich mit einem Kloß im Hals leise ein.
»Dann backen wir halt Kuchen«, schlägt Georgia mit leisem Zweifel in ihrer Stimme vor. »Wir verkaufen Kuchen in der Schule, um Geld zu sammeln.«
»Das ist wirklich ganz lieb von euch.« Ich halte inne, denn ich will sie ihrer Illusion nicht berauben, die Tierarztrechnung zu bezahlen, für die es allerdings mehr als ein paar Haferkekse und Törtchen braucht. Da sprechen wir von mehreren aufwendigen Hochzeitstorten, mindestens. Und die Rechung vom Anwalt gibt es auch noch.
Ich schaue mir meine beiden Töchter an, wie sie da Hand in Hand neben meinem Bett stehen und mich erwartungsvoll ansehen. Das kann ich ihnen nicht antun, oder? Eins ist klar – sie würden alles für Bracken tun, so wie ich für sie. Mir kommt kurz der Gedanke, David um die Hälfte des Geldes zu bitten oder den Tierarzt zu fragen, ob ich die Rechnung in Raten abbezahlen kann, aber mein Stolz hält mich davon ab. »Na gut. Lasst uns nicht mehr davon sprechen, Bracken einzuschläfern. Irgendwie werden wir das Geld schon zusammenbekommen.« Ich habe einfach genauso viel Glauben, dass sich »irgendetwas ergibt« wie Micawber in Charles Dickens’ David Copperfield .
Ich backe noch zwei Kirschkuchen mit Walnüssen für die Apfelernte.
Guy fährt die Äpfel aus Fifis Obstgarten im Gartencenter hoch zu seinem Hof, bevor er mit Traktor und Anhänger zu uns kommt, um unsere Äpfel einzusammeln.
»Wie geht’s dem Pony?«, fragt er, stellt den Traktor auf der Koppel ab und läuft zurück zum Stall, wo er durch die Tür einen Blick auf Bracken wirft. Ich halte mich zurück und lasse Georgia antworten.
Sie und Sophie sind die ganze Zeit bei Bracken. Alex kommt zwei Mal vorbei, um nach ihr zu sehen und verkündet, dass ihr Zustand stabil ist. Guy, Adam und Bill, ein älterer Mann, dessen Aussehen an die Schale eines verschrumpelten Boskopapfels erinnert, pflücken den Großteil der Äpfel. Ich schaue nach, ob das Fallobst noch nicht verfault ist, denn dann kann es zur Herstellung von Apfelwein nicht mehr verwendet werden. Ich pflücke die Äpfel von den unteren Zweigen, während Guy und der alte Bill auf hohe Leitern steigen und sich um die in den oberen Zweigen kümmern. Manche Bäume sind bis zu neun Meter hoch.
Adam steht auf einer Stufenleiter. An sich dachte ich, er würde sich schnell langweilen, doch pflückt er den ganzen Morgen bis in den Nachmittag hinein. Die beiden Kirschkuchen und auch ein Dutzend Scones mit Clotted Cream und Erdbeermarmelade werden unterdessen von den Apfelpflückern und Brackens Krankenschwestern bis auf den letzten Krümel weggeputzt.
Wann immer ich Guy ansehe, blickt er sehnsuchtsvoll zurück und lächelt schüchtern dabei. Ich weiß, wir sind aus gutem Grund »nur Freunde«, aber ich wünschte mir, das müsste nicht so sein.
18
Locker-leichter Biskuitkuchen
Es ist Ende Oktober, und die wenigen Äpfel, die an den Bäumen im Obstgarten hängen geblieben sind, hat der Wind heruntergefegt. Der Boden hat sich in eine orangefarbene schlammige Masse verwandelt, die überall kleben bleibt – an den Stiefeln, den Schuhen und Luckys Pfoten. An sich sollten die Kinder das Wochenende bei David verbringen, doch es gibt ein Problem, sagt er.
»Ich verstehe, dass sie
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