Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnupperküsse: Roman (German Edition)

Schnupperküsse: Roman (German Edition)

Titel: Schnupperküsse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
Vom Netzwerk:
den Lippen.
    »Ich gehe besser nach oben«, sage ich. »Vielleicht braucht er Hilfe, um wieder ins Bett zu kommen.«
    Guy folgt dicht hinter mir.
    »Adam?« Ich klopfe gegen die Badezimmertür und rüttle am Türgriff, als er nicht antwortet.
    »Lass mich mal!« Guy packt den Türgriff und drückt gegen die Tür.
    »Er hat abgeschlossen.« Ich mache mir Sorgen und klopfe fester.
    »Keine Panik, Jennie!« Guy greift oben nach dem Türrahmen, zieht einen Schlüssel hervor und hinterlässt dabei eine Staubwolke.
    »Den habe ich noch nie bemerkt.«
    »Wir hatten immer einen Ersatzschlüssel dort. Für Notfälle …« Guy steckt den Schlüssel ins Schloss, rüttelt fest daran, so dass der Schlüssel auf der anderen Seite mit einem metallischen Geräusch klirrend zu Boden geht und er den Ersatzschlüssel umdrehen und die Tür öffnen kann.
    Ich dränge mich an ihm vorbei und finde meinen Sohn auf dem Boden liegend vor der Toilette vor.
    »Adam?« Ich knie mich neben ihn, doch da hat er sich bereits auf seine Knie hochgerappelt und versucht verzweifelt, seinen Kopf hochzuhalten.
    »Mum? Geh weg, bitte …«
    »Adam, du bist betrunken.« Ich greife nach dem Toilettenpapier und wische ihm den Speichel ab, der ihm am Mund herunterläuft.
    »Ich bin so müde«, stöhnt er.
    »Komm, wir bringen ihn ins Bett«, beschließt Guy. Er beugt sich nach unten und gemeinsam heben wir Adam hoch, dass er wieder auf die Füße kommt. Wir tragen und ziehen ihn halb in sein Zimmer, wo wir ihn auf sein Bett legen, das Federbett unter ihm hervorziehen und ihn damit zudecken.
    »Ich bringe ihm ein Glas Wasser«, sagt Guy. »Nein, du bleibst hier bei ihm, Jennie!«
    Als Adam ein paar Schlucke getrunken hat, sagt Guy, er würde nach Hause gehen.
    »Das hat nichts mit ihm zu tun«, erklärt er mir. »Ich könnte nur ein paar Stunden Schlaf vertragen, denn ich glaube kaum, dass Adam mir morgen beim Melken helfen wird, oder?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Dir muss gar nichts leidtun, denn dich trifft keine Schuld. So was passiert nun mal.«
    »Ich hätte ihn besser im Auge behalten müssen.«
    »Das wäre dir nur geglückt, wenn du ihn in Handschellen gelegt hättest.«
    »Warum ist er so erpicht darauf, sich ins Nirwana zu trinken?«
    »Ich denke, weil manche Leute das unter ›Spaß haben‹ verstehen. Aber er wird bald seine Lektion lernen.«
    »Warum sagen die Leute so was? Wie viele Menschen kennst du, die nach einem fürchterlichen Kater plötzlich aufwachen und sagen: ›Das war das letzte Mal, ich werde nie wieder trinken‹? Und dann hält es nicht lange vor.«
    »Stimmt, Jennie.« Guy lächelt. »Bis zum nächsten Mal«, fügt er verschmitzt hinzu.

20

    Kolibrikuchen
    Adam hat für eine Woche Hausarrest, doch ein paar Tage nach dem Besingen der Apfelbäume ruft mich um zwei Uhr nachmittags die Schule an. Dieses Mal ist es die stellvertretende Direktorin, die mir erklärt, Adam habe wieder mehrfach unentschuldigt gefehlt. Ob ich davon wüsste? Nein, und ich bin schockiert. Nach dem letzten Mal brachte ich ihn jeden Morgen persönlich zur Schülerhilfe, doch seit sich sein Benehmen wieder zu bessern scheint – die Peinlichkeit, dass seine Mutter mit ihm in die Schule ging, war einfach zu viel –, habe ich die Zügel wieder gelockert.
    »Ich werde ihn suchen gehen«, sage ich und seufze, als mein Blick auf all die Törtchen fällt, die noch verziert werden müssen. Da ich fest entschlossen bin, auf dem Weihnachtsmarkt an meinen Erfolg vom Bauernmarkt anzuknüpfen, habe ich Unmengen dafür gebacken. Ich ziehe meine Schürze aus, wasche mir die Hände, greife nach Mantel, Schal und Handschuhen und rufe Lucky.
    »Gehen wir?« Er fegt wie ein geölter Blitz vom Sofa, seine Krallen kratzen auf den Steinplatten, und er wedelt wild mit dem Schwanz, während auf seinem Gesicht ein Lächeln erscheint. Hätte man mir jemals gesagt, dass Hunde lächeln können, hätte ich lauthals gelacht. Doch Lucky kann es wirklich – er hebt seine Lippe und zeigt seine Zähne.
    Ich werde mit ihm alle Orte abgehen, an denen Adam sein könnte – Uphill Farm, der Teich im Wäldchen, der Fluss. In Talyton, denke ich mir, wird er um diese Uhrzeit wohl nicht sein – da gibt es zu viele Wichtigtuer, die nur darauf warten, Schulschwänzer zu melden.
    Ich gehe rasch die Auffahrt hoch und bin hin und her gerissen zwischen meiner Sorge um Adam, die aber nicht seine Sicherheit betrifft, sondern seinen derzeitigen Gemütszustand, denn er kann sehr gut auf sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher