Schnupperküsse: Roman (German Edition)
für Thermounterwäsche, eine wattierte Hose, die ich mal beim Skifahren getragen habe, drei Pullover, eine Fleecejacke und einen Mantel. Um meine Verwandlung in den Michelin-Mann perfekt zu machen, setze ich mir noch eine Mütze auf und ziehe Handschuhe und Schal an.
Als mein Handy klingelt, dauert es eine Weile, bis ich es in all meiner Kleidung gefunden habe. Es ist nur Fifi Green, die sich vergewissern will, dass alles für heute Abend vorbereitet ist.
Guy steht um sieben pfeifend vor der Haustür. »Bis du fertig, Jennie?«
»Moment noch. Ich habe meine Taschenlampe verlegt«, rufe ich zurück.
»Mach dir darum keine Gedanken, ich bin doch das Licht deines Lebens.« Sein leises Lachen bleibt ihm im Hals stecken. »Adam? Ich dachte, du wärst in London bei deinem Vater?«
»Ach der – der hat uns nicht gewollt«, brummt er, und mein Herz zieht sich vor Mitleid zusammen. Ganz tief in seinem Innern macht es ihm etwas aus. Es macht ihm zu viel aus.
»Na, dann komm einfach mit uns mit und besing die Bäume!«, sagt er freundlich.
»Hast du meine SMS nicht bekommen?«, frage ich ihn, als ich zu ihm und Adam hinaus auf die Veranda gehe, nachdem ich zuvor Lucky aus der Küche gesperrt und die Mädchen zur Eile ermahnt habe.
»Ich habe mein Handy irgendwo auf dem Hof verloren. War es etwas Dringendes?«
»David hat seine Meinung geändert, was das Sorgerecht für die Kinder betrifft. Sie werden nicht bei ihm leben.«
»Hat er das wirklich? Bedeutet das etwa …?« Guy schaut mich mit einem flehentlichen Blick an, so wie Lucky, wenn er nach einem Hundekuchen bettelt. Dann verzieht sich sein Mund zu einem breiten, wissenden Lächeln.
Sophie und Georgia tauchen auf.
»Hallo, Guy. Mummy wusste nicht, was sie anziehen soll, deshalb hat sie alles angezogen«, erklärt ihm Sophie kichernd. »Und jetzt ist sie ganz dick.«
»Sophie!« Ich fasse nach dem Rettungsring um meinen Bauch, um zu zeigen, das er nur aus Fleece besteht. »Das bin nicht ich, das sind die ganzen Pullover und Jacken.«
»Ich hätte dich doch wärmen können«, flüstert Guy mir leise ins Ohr, und ich bemerke, wie Sophie uns anstarrt, als ob sie sagen würde: Was geht denn hier vor?
»Fühlt sich an wie meine Zubettgehzeit«, verkündet Georgia und unterdrückt ein Gähnen.
»Meine ist schon lange vorbei. Kommt, wir wollen Fifi nicht warten lassen.« Er streckt grinsend seinen Arm aus. »Euer Wagen wartet.«
»Ich dachte, wir fahren mit dem Auto nach Talyton und gehen zu Fuß zurück«, erklärt er. »Ich hole den Land Rover dann morgen wieder ab.«
Der Umzug, mit Fifi vorneweg, geht ab dem Marktplatz los. Sie sieht beeindruckend aus in ihrer lila Robe, dem flotten Hut und den Gummistiefeln mit Keilabsatz. In der einen Hand trägt sie einen Stab und in der anderen eine Handglocke. Sie ist umringt von Kindern, die ihr mit den Taschenlampen den Weg leuchten.
»Sie sieht aus, als wäre sie von der Bürgermeisterin zur Göttin befördert worden.«
»Die Göttin hier bist du«, sagt Guy zu mir.
»Das ist ein fürchterlicher Spruch«, sage ich leise lachend.
»Der völlig ernst gemeint ist«, fährt er fort, doch danach hört er sich nicht wirklich an.
»Hallo, Guy. Ach, Jennie, du.« Maria stellt sich kurz zu uns und hält ihre Laterne in unsere Gesichter hoch, bevor sie Georgia und Sophie begrüßt. »Camilla ist auch hier – wenn ihr zu ihr wollt, sie ist dort drüben bei Fifi.«
Die Mädchen laufen los. Adam hat sich bereits zu zwei Jungs in seinem Alter verzogen, die am Ringstein stehen.
Maria berührt mich am Arm. »Ich hole euch bald wieder ein. Ich muss nur meinen Mann finden, der ist mir anscheinend abhanden gekommen.«
»Maria ahnt etwas, was uns betrifft«, bemerkt Guy.
»Ich wüsste nicht, warum«, erwidere ich, obwohl ich glaube, sie ist nicht die Einzige, der aufgefallen ist, dass Guy und ich uns heute Abend eher wie ein Paar verhalten als wie Nachbarn.
»Ich glaube, sie hat mitbekommen, wie ich dir in den Hintern gekniffen habe.«
»Das habe ich gar nicht …« Ich muss kichern. »Da musst du schon ein bisschen fester kneifen.«
»Jennie Copeland, ich hoffe, das ist nicht als Vorwand gedacht, damit ich es noch einmal tue«, neckt er mich, doch er tut es sowieso.
Der Umzug setzt sich in Bewegung und geht zur Stadt hinaus, um die Apfelbäume zu besingen. Peter, der Gemüsehändler, spielt eine Trommel, Fifi klingelt mir ihrer Glocke, und am Ende der Prozession spielt jemand Dudelsack. Ed Victor ist auch da, jedoch ohne
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