Schnupperküsse: Roman (German Edition)
aufgehört hast.«
»Ich hoffe.« Ich lächle in mich hinein. »Ich muss dabei natürlich auch an Adam denken. Er weiß noch nicht, dass sein Vater ihn gerade für seinen neuen Nachkömmling fallen gelassen hat.«
»Ich glaube, David dachte, er würde mit seinem Antrag auf das alleinige Sorgerecht das Richtige tun«, stellt Summer fest. »Er wollte, dass Adam glücklich ist.«
Sie hat Recht, merke ich, doch bin ich noch nicht bereit, ihm zu verzeihen. Das wird noch dauern.
»Egal«, sage ich, »ich gehe mit Guy zum Besingen der Apfelbäume. Das ist aber keine Verabredung«, füge ich schnell hinzu, »obwohl es ganz romantisch werden könnte, mit ihm Arm in Arm unterm Sternenhimmel zu gehen.«
»Ja, eingepackt in dicke Lagen von Goretex und Fleece. Äußerst schmeichelhaft für die Figur!«
»Soweit ich weiß, ist es ein heidnischer Fruchtbarkeitsritus.«
»Na, dann pass mal schön auf, Jennie! Du hast schon drei Kinder. Oder willst du etwa noch mehr?«, zieht sie mich auf.
»Der Ritus bezieht sich auf die Bäume.«
»Hört sich für meine Ohren vollkommen bescheuert an«, erklärt sie mir, »aber trotzdem, viel Spaß. Ich melde mich wieder bei dir.«
Ich habe das Gefühl, vor einem Neubeginn zu stehen – für mich und Guy und meine Freundschaft zu Summer. Auch wenn wir vielleicht nicht mehr wie früher über gemeinsame Freunde plaudern können, sind wir in Krisensituationen doch übers Telefon füreinander da.
Ich setze mich hin, nehme Papier und Bleistift zur Hand, um die Zutaten für die Kuchen aufzuschreiben, die ich für das Besingen der Bäume backen will – Uphill Apfelkuchen und eine Schokoladencremetorte für die Schokoabhängigen.
»Ich kann nicht verstehen, was daran so toll sein soll, durch die Landschaft zu ziehen und mit einem Stock auf Bäume zu schlagen«, sagt Adam, als wir uns am Samstagabend für das Singen fertig machen. »Als ob es dadurch mehr Äpfel geben würde. Was für ein Scheiß! Totaler Scheiß!«
»Adam, drück dich anständig aus!«, sage ich gelassen. »Du kannst von mir aus gerne hierbleiben und Wii spielen oder etwas anderes machen.« Doch meine Vermutung bestätigt sich, seine Neugierde siegt. Als ich ihn das nächste Mal sehe, ist er im Hauswirtschaftsraum auf der Suche nach seinen Gummistiefeln.
»Sie stehen draußen vor der Hintertür«, kläre ich ihn auf.
»Warum hast du sie dort hingestellt?«
»Weil sie voller Kuhmist waren.«
»Das kommt, weil wir in so einem Scheißnest wohnen«, lautet sein Kommentar.
»Adam!«
»Stimmt doch. Überall liegt Scheiße rum, das kannst selbst du nicht leugnen. Schau doch nur aus dem Fenster!«
»Das ist lediglich ein Haufen Pferdemist. Ich dachte, der würde dir nichts ausmachen.« Meine Stimme verliert sich. »Und was ist mit den Kühen? Und dem Melken?«
»Ach, das gefällt mir ganz gut«, gibt er zu. »Im Gegensatz zum Rest. Die Schule. Dieses blöde Haus. Die Tatsache, dass wir Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt sind.« Er schüttelt sich, beißt sich auf die Lippe und dreht sich weg. Da bemerke ich, wie er versucht, nicht zu weinen. Er will keine Schwäche zeigen – so wie sein Vater. »Ich möchte wieder nach Hause, Mum. All meine Freunde sind in London, und ich hänge hier fest.« Dann dreht er sich wieder mir zu und blitzt mich wütend an. »Warum musstest du uns überhaupt erst hierherschleifen? Und wieso hat Dad seine Meinung wieder geändert?«
»Er hat es dir doch erzählt …« Ich zögere.
»Du meinst das Baby?« Adam nickt.
»Wenn du wirklich wieder zurück nach London willst, stehe ich dir nicht im Weg«, sage ich sanft, doch der Gedanke, ihn zu verlieren, bricht mir das Herz. »Ich werde mit deinem Vater sprechen.«
»Jetzt kann ich nicht mehr bei ihm leben«, erwidert mir Adam. »Ein Baby, das ständig brüllt, wäre der absolute Albtraum!«
»Oh, Adam.« Ich strecke meine Hand aus, um ihn an der Schulter zu berühren, doch er weicht zurück und greift nach seinem Mantel, der an einem Haken an der Wand hängt. »Wohin gehst du?«
»Nach draußen, meine Gummistiefel holen«, sagt er kurz angebunden.
Ich lasse ihn in Ruhe. Ich bin keine Märtyrerin, doch manchmal frage ich mich, was ich in einem früheren Leben angestellt haben muss, um das zu verdienen.
Was trägt man zu einem solchen Anlass – dem Besingen von Apfelbäumen? Bestimmt keine heiße Unterwäsche, worüber ich, ehrlich gesagt, glücklich bin, denn es ist schon eine ganze Weile her, das ich die anhatte … Ich entscheide mich
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