Schnupperküsse: Roman (German Edition)
umzugraben und den Boden vorzubereiten.«
»Für was genau vorzubereiten?« Ich höre am Tonfall ihrer Stimme, dass Summer lächelt. »Vielleicht steckt ja etwas anderes dahinter. Vielleicht bereitet er den Boden aus einem ganz anderen Grund vor. Aus romantischen Gefühlen, zum Beispiel.«
9
Scones, Erdbeermarmelade und Clotted Cream
An dem Samstag des letzten Augustwochenendes, an dem der Montag darauf Feiertag ist, habe ich bereits um zwei Uhr nachmittags Mr. Victors wöchentliche Bestellung eines Schokoladenkuchens ausgeliefert, das Haus, so gut es ging, aufgeräumt und Brot und Würstchen im Schlafrock gebacken. Der Gedanke, Summer und Karen mit ihren Familien wiederzusehen, versetzt mich in Hochstimmung. Lucky fängt an zu bellen und saust zwischen Haustür, Flur, Küche und Hintereingang hin und her. Ich weiß nicht, was er nimmt, doch kann er mir gerne etwas davon abgeben, denke ich lächelnd, während er hin und her flitzt und erst aufhört, als Sophie die Eingangstür öffnet.
»Mum, draußen steht ein Auto«, schreit sie. »Summer und Jade sind darin. Und Paul. Und Josh haben sie auch mitgebracht.«
»Lass sie in den Hof hinein«, rufe ich aus der Küche. Ich lege meine Schürze ab, fahre mir durchs Haar und gehe im Geist mein Rezept für eine gute Party durch.
Kleider: Flipflops, kurze Hosen und lockeres Oberteil. Passt!
Getränke: Literweise Apfelwein und Limonade für diejenigen, die keinen Alkohol trinken. Passt!
Essen: Würstchen im Schlafrock, verschiedene Salate – Tomate, Couscous und grüner Salat – drei Laibe frisch gebackenes Bauernbrot, Butter, Käse und Schinken, Marmeladenkuchen, Brownies, Kirsch- und Mandelschnitten sowie meine berühmten Schmetterlingstörtchen, die aus durchgeschnittenen süßen Brötchen bestehen, deren obere Hälften noch einmal halbiert und dann mit Buttercreme und Zuckerguss wieder aufgesetzt werden, und dadurch – wohlwollend betrachtet – wie Schmetterlingsflügel aussehen. Passt! Ach ja, und Scones, Clotted Cream und Marmelade gibt’s auch noch, sollte nach all dem Essen doch noch jemand hungrig sein.
Außer Adam und Josh besitzen nämlich noch ein paar andere Gäste, wie zum Beispiel Guy, einen erstaunlichen Appetit.
»Karen ist auch da, mit Hugo und Chris«, ruft Sophie nicht ganz so begeistert, wie ich bemerke. Meine Schwester löst leider eine solche Reaktion bei ihren Mitmenschen aus. Chris, ihr elfjähriger Sohn, hat ihr pessimistisches Wesen geerbt. »Wer kommt sonst noch?«, fragt Sophie.
»Guy. Granny nicht.« Meine Eltern hat eine »Alt-Attacke« ereilt, wie ich es nenne, und daher hatten sie beschlossen, nicht zu kommen. Sie finden, die jüngere Generation sollte unter sich bleiben. Sie fragen sich vielleicht, ob ich David und Alice eingeladen habe. Nein, habe ich nicht. So großzügig bin ich dann doch nicht.
Ich begrüße alle, noch während sie auf dem Hof sind. Die Hühner laufen aufgeregt herum, so dass die Federn durch die Gegend flattern.
»Sophie, vergiss nicht, das Tor zu schließen. Als wir es das letzte Mal offen ließen, statteten die Kühe uns einen Besuch ab.«
Meine beste Freundin Summer, deren Name auch auf ihr Wesen zutrifft, taucht auf. Lange Beine, schulterlanges blondes Haar, blaue Augen und von der Sonne gebräunte Haut. Wenn sie von ihrer Nase spricht, dann nur von »dem Zinken«, doch was deren Größe und die sie schmückenden Sommersprossen betrifft, denen sie früher vergeblich versuchte, mit Zitronensaft beizukommen, war sie schon immer überempfindlich.
Sie trägt ein Paar abgeschnittene alte Jeans und ein besticktes ärmelloses Oberteil, unter dem ihre BH-Träger hervorschauen. Sie ist auf natürliche Art unkonventionell.
Ich sehe, wie ihr Blick auf das Haus fällt, und ihre Kinnlade vor Bewunderung herunterfällt.
»Wahnsinn! Es ist wunderschön, Jennie«, sagt sie und nimmt mich in den Arm.
»Danke«, erwidere ich. »Ich habe dich vermisst!«
»Ich dich auch.« Sie sieht über meine Schulter. »Ich verstehe, warum du dich in das Haus verliebt hast.« Dann wendet sie sich meiner Schwester zu, die zu uns herüber gekommen ist. »Ist es nicht toll, Karen?«
Meine Schwester verzieht ihre Lippen. Sie anzusehen ist eigenartig – als ob ich in mein eigenes Spiegelbild blicken würde, aber beim näheren Hinsehen dann nur noch fast. Karen ist drei Jahre älter als ich. Sie hat ein runderes Gesicht, und ihr Erscheinungsbild ist insgesamt kurviger, ich würde sogar so weit gehen, ohne es ihr natürlich ins
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