Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Gesicht zu sagen, dass sie allmählich matronenhaft aussieht, was sie durch ihre Kleidung noch unterstreicht, die den Eindruck erweckt, als hätte sie sich an der Garderobe meiner Mutter bedient. Nicht dass Mum bei ihrer Kleiderwahl altmodisch wäre, sie zieht sich ihrem Alter entsprechend an und vermeidet, ihre Oberarme und ihren Bauchnabel zu zeigen. Karen hat sich für ein schlichtes Etuikleid in Creme und Schwarz entschieden, das ihr nicht passt. Es ist oben zu weit und über den Hüften zu eng. Dazu trägt sie Pumps im Nude-Look.
»Das Haus ist erstaunlich«, fährt Summer fort. »Die Fotos werden ihm nicht gerecht.« Nach Karens Schweigen zu urteilen, ist sie nicht ganz so hingerissen, doch wenn ich mir Hugo betrachte, hat sie noch nie viel Geschmack bewiesen. Nein, ich bin zu streng. Er hat einmal ganz gut ausgesehen, auf eine pausbäckige, engelhafte Art und Weise – so wie ihr Sohn jetzt – inzwischen allerdings hat er Fett angesetzt, so wie eins von Guys Kälbern, das er großzieht, weil es gutes Fleisch ergibt.
Hugo, der bis dahin in ein Gespräch an seinem Blackberry vertieft war, gesellt sich zu uns. Er steckt es in die Tasche seiner kurzen Hose.
»Hallo, Jennie«, begrüßt er mich und lässt es sich nicht nehmen, mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. »Du siehst wie immer reizend aus.«
»Danke, Hugo«, erwidere ich. Ich schaue hinüber zu Karen. Sie beobachtet uns, doch eine Reaktion von ihr ist nicht zu erkennen.
»Schau dir die Hühner an«, fährt Summer fort. »Sind sie nicht süß? Legen sie viele Eier?«
»Viele wäre übertrieben. Wenn’s gut läuft, so ein, zwei am Tag.«
»Das hier bekommt langsam eine Glatze«, bemerkt Karen. »So wie mein Mann«, fügt sie mit einem boshaften Lächeln hinzu, und ich denke mir, gut so. Sie hat am Ende doch beschlossen, das Wochenende zu genießen. »Meine Güte, Jennie, wie sehen denn deine Fingernägel und dein Haar aus?«, bemerkt sie.
»Ich bin noch immer auf der Suche nach einem guten Friseur«, erwidere ich kläglich. Fifi nannte mir zwar netterweise den Namen des Salons, zu dem sie hingeht, doch bin ich mir nicht sicher, ob ich dort hinmöchte.
»Hast du sonst noch jemanden eingeladen? Deine Nachbarn?«, fragt Karen.
»Ich habe nur einen Nachbarn.«
»Diesen Bauern?«
»Ja, Guy.« Ich beeile mich, hinzuzufügen, dass ich ihn eingeladen habe, weil er mir die Hühner besorgt hat. »Anscheinend funktioniert das hier so – man bezahlt nicht, sondern tauscht miteinander Waren und Dienstleistungen.«
»Jennie, du musst uns nichts erklären«, neckt mich Summer und berührt mich an der Schulter. »Wir können erraten, warum du ihn eingeladen hast. Ich hoffe nur, er ist so ein appetitlicher Happen, wie du ihn beschrieben hast.«
Ich bemerke, wie sie Paul dabei schelmisch anschaut und dieser völlig entspannt zurücklächelt, da er weiß, sie würde ihn nie enttäuschen. Er ist ein gesund aussehender, sportlicher Mann, der gut mit Menschen umgehen kann und im Einzelhandel als Manager einer großen Filiale eines sehr bekannten Supermarkts arbeitet, er könnte aber auch leicht sein Geld als Doppelgänger von David Beckham verdienen.
»Oh, du hast ja ein Gemüsebeet«, ruft Summer aus. »Du legst dich wirklich ins Zeug, ins Grünzeug«, fügt sie schmunzelnd hinzu, »das muss man dir lassen – aber das gehört sich auch so, immerhin bist du aufs Land gezogen!«
»Aber da wächst ja noch gar nichts«, meint Karen.
»Ich habe noch nichts angepflanzt.«
»Kannst du dich erinnern, wie du versucht hast, Tomaten auf der Fensterbank zu züchten?«, wirft sie ein. »All dein Einsatz für nichts – keine einzige Tomate kam dabei heraus.«
»Wahrscheinlich war ich nicht nett genug zu ihnen, als ich mit ihnen sprach.« Ich glaube, Karen ist neidisch. Ich weiß noch, wie sie versuchte, mich davon abzubringen, als ich das erste Mal von dem Haus sprach. Wir saßen in einem Café in der Stadt.
»Ich kann nicht glauben, dass du das durchziehst«, sagte sie und klopfte mit dem Löffel gegen die Tasse, in der sich schwarzer Kaffee mit Süßstoff befand. Kuchen hatte sie keinen bestellt, weil sie einen ihrer »Ich-fühl-mich-so-dick-Tage« gehabt hatte, was mich nicht wunderte, da sie sich eine Hose in Größe 42 bei Next gekauft hatte, obwohl sie aus bitterer Erfahrung hätte wissen müssen, dass sie eine 44 brauchte. Ich war mir ziemlich sicher, sie würde sie am nächsten Tag wieder zurückbringen.
Karens Gesichtsausdruck wurde ganz ernst, und ich
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