Schnupperküsse: Roman (German Edition)
hatte fast das Gefühl, es sei ein Frevel, sie anzuschneiden.
Ich bitte Sophie, Georgia und Adam fürs Abendessen zu holen.
Als ich das Essen auftrage – Kochschinken mit Petersiliensauce, Bratkartoffeln und Möhren, die ich beim Gemüsehändler gekauft habe – kommen Adam und die Mädchen in die Küche herein. Ich setze mich mit ihnen an unseren rustikalen Küchentisch und denke, wie witzig es doch ist, dass wir alle an einem Ende sitzen. Georgia hatte irgendwann gemeint, wenn wir alle am Tisch verteilt sitzen würden und uns miteinander unterhalten wollten, wäre es so, als würden wir Selbstgespräche führen.
»Georgia, hast du dir schon überlegt, was du an deinem Geburtstag machen möchtest? Bis dahin ist es nicht mehr lange.«
»Groß einladen wie letztes Jahr möchte ich nicht.«
»Feiern müssen wir aber schon!«, wende ich ein.
»Darf jemand zum Abendessen vorbeikommen?« Sie schüttet die halbe Flasche Tomatenketchup auf ihre Möhren.
»Wen möchtest du einladen?«
»Camilla, aus der Schule. Sie ist in meiner Klasse und hat ein eigenes Pony.« Georgia hält inne. »Ich schreibe ihr eine Einladungskarte, oder?«
»Das finde ich eine gute Idee.«
Adam braucht nicht lange, um seinen Teller leer zu putzen.
»Mum, ich könnte etwas Geld gebrauchen«, sagt er und schiebt sich den letzten Bissen in den Mund.
»Wofür?«
»Ich möchte Lucky noch ein paar Kauspielzeuge kaufen, und im Bistro muss ich mein Konto auffüllen.«
»Mir wäre lieber, du würdest Brote mitnehmen«, seufze ich.
»Die würde ich aber nicht essen. Du schneidest das Brot immer viel zu dick.«
»Du könntest dir die Brote auch selbst machen. Dann wären sie genau so, wie du sie magst!«
Adam lächelt mich gewinnend an und streckt mir die geöffnete Hand entgegen.
»Mum, Bares bitte …«
»In der Dose ist Kleingeld.« Mit der Dose meine ich ein kleines Sparschwein aus Keramik, das ich von einer umsichtigen und bescheidenen Großtante geschenkt bekam, als ich so alt war wie Sophie.
»Ich habe eher an Scheine gedacht als an Münzen«, wirft Adam ein.
»Dann schau in meinem Portemonnaie nach!«
»Habe ich schon.«
»Adam, du sollst mich fragen, bevor du an meine Sachen gehst!« Ich will nicht zu streng mit ihm sein – er schien in letzter Zeit glücklicher zu sein, und er hat auch nicht mehr erwähnt, von zu Hause wegziehen zu wollen, deshalb möchte ich ihn nicht verärgern.
»Entschuldigung«, sagt er, und ich beschließe, ihm und den Mädchen eine kleine Lehrstunde in Betriebswirtschaft zu erteilen.
»Es ist kein Geld mehr da, weil ich unseren Etat für diesen Monat bereits ausgegeben habe. Wenn ich dir jetzt Geld geben würde, Adam, müssten wir uns im nächsten Monat einschränken, um es wieder auszugleichen.«
»Ich dachte, Dad zahlt für uns Unterhalt«, wirft er ein.
»Das tut er.« David zahlt mir monatlich Unterhaltsgeld für die Kinder und kauft ihnen noch zusätzlich viele Sachen, die ich mir nicht leisten kann. »Aber das Geld ist dafür da, um das Essen für euch und die Rechnungen wie Strom, Wasser und die Kommunalsteuer zu zahlen.«
»Dann bitte ich ihn halt um Unterhalt für Lucky«, beschließt Adam.
»Ich finde nicht, dass das fair ist. Aber egal. Was ist denn mit dem Geld, dass du fürs Melken verdienst? Kannst du nichts davon nehmen?«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich das spare«, erklärt er mir.
»Ich kann dir was von meinem Geld leihen«, bietet mir Georgia an. »Aber nicht so viel, denn ich spare für ein Bürstenset.«
»Ja, dein Haar ist ganz schön unordentlich«, nimmt Adam sie auf den Arm.
»Nicht für mich!«
»Für das Pony«, beendet Adam ihren Satz.
»Warum holst du nicht Geld von der Bank, Mummy?«, fragt Sophie. »Neben dem Co op ist eine.«
»Ich kann von der Bank kein Geld holen, weil da kein Geld ist«, stelle ich fest, woraufhin Sophie mich entsetzt und überrascht anschaut.
»Aber in einer Bank ist immer Geld, dafür sind sie doch da.«
»Zuerst muss man Geld in eine Bank einzahlen, bevor man es sich von dort wieder holen kann«, kläre ich Sophie auf.
»Aber … Machst du das denn nicht?«
»Daddy macht das. Er arbeitet, und das Geld, das er verdient, wird jeden Monat auf die Bank eingezahlt. Das Geld taucht dort nicht wie von Wunderhand auf. Wenn das so wäre, wären wir alle Millionäre.«
»Also wird Lucky diese Woche kein Kauspielzeug mehr haben können«, stellt Adam fest. Als die Kinder am nächsten Tag in der Schule sind, gebe ich nach und fahre in die
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