Schnupperküsse: Roman (German Edition)
haben. »Eines Tages wird man mir noch das Gesundheitsamt auf den Hals hetzen.«
»Okay«, erwidert Sophie und lässt das Huhn an der Hintertür hinaus, wo es sich sofort wieder umdreht, krächzt und die Füße hochhebt, um über die Türschwelle zu schreiten. »Husch, husch!«, verscheucht Sophie es. »Wir hätten ihr die Krümel geben sollen, Mum.«
»Ich weiß nicht. In dem Kuchen ist so viel Rotwein, dass am Schluss die Eier betrunken sind.«
»Mum, und was ist jetzt mit Daddy?«, fragt Sophie noch einmal nach.
Ich fahre mir mit den nassen Gummihandschuhen durchs Haar. »Ich hab’s vergessen. Tut mir leid.« Ich sollte David auf halber Strecke treffen. In der Hoffnung, dass er noch nicht losgefahren ist, schaue ich auf die Uhr und rufe ihn an. Er ist – wie befürchtet – alles andere als begeistert.
»Ich wäre genauso sauer, wenn ich an deiner Stelle wäre«, gebe ich zu, »aber das hier ist eine Notsituation.«
»Jennie, du bist ein hoffnungsloser Fall«, sagt er. »Aber es bleibt dabei, wir treffen uns wie verabredet auf halber Strecke.«
»Ich kann nicht. Ich muss bis morgen Mittag einhundert Cupcakes für eine Hochzeit backen und verzieren.«
»Wie heißt dein Geschäft noch mal? Jennie’s Cakes oder Last-minute.com?«
»Ich erklär’s dir ein andermal. Ich muss weitermachen, David.«
»Ich bin nicht derjenige, der die Kinder hängen lässt, das bist du. Adam hat sich mit Josh verabredet, und Sophie möchte mit Alice einkaufen gehen.« David zögert. »Du solltest dir mal überlegen, ob du deine Prioritäten richtig setzt, Jennie!«
»David, ich bin dabei, mir ein Geschäft aufzubauen – ich muss mich nun mal darum kümmern.«
»So wie um deine Kinder.«
»Das musst du mir nicht sagen!« Ich habe jetzt schon ein schlechtes Gewissen, ihre Pläne fürs Wochenende durchkreuzt zu haben. »Ich bitte dich um einen kleinen Gefallen: Komm heute Abend hierher und hol sie ab. Am Sonntag fahre ich dann zu dir und bringe sie wieder nach Hause. Bitte, David!« Ich warte auf seine Antwort, währenddessen klingelt die Eieruhr. Ich muss den letzten Schwung an Cupcakes aus dem Ofen holen, bevor sie verbrennen. »Entweder kommst du hierher und holst sie ab, oder wir müssen ein anderes Wochenende ausmachen. Ruf mich an, wenn du dich entschieden hast!« Frustriert beende ich das Gespräch. Ich spüre Sophies Blick auf mir und drehe mich zu ihr um.
»Warum zankst du dich immer noch mit Daddy? Ihr seid doch geschieden«, sagt sie.
»Ich weiß es nicht, mein Schatz«, antworte ich, nehme ein Blech mit Cupcakes aus dem Ofen und prüfe mit der Fingerspitze, ob der Biskuit nachgibt. Die Cupcakes sind durch.
»Was gibt’s zum Abendbrot?«, unterbricht mich Adam.
»Sag nichts!« Ich nehme meine Hände hoch. »Du bist am Verhungern. Weißt du was? Das werden wir alle, wenn du mich hier nicht weitermachen lässt. Und zieh die Stiefel aus! Ich will die in meiner Küche nicht sehen! Genauso wenig wie Hunde!« Ich sehe, wie Luckys Nase hinter Adams Knie hervorlugt, um die Lage zu sondieren.
»Lucky geht’s nicht gut«, verkündet Adam.
»Das geschieht ihm nur recht, diesem undankbar kleinen Sche –« Ich verbessere mich schnell, denn ich merke, wie Sophie ansetzt, einen Kommentar abzugeben. »Schuft. Adam, schaff mir diesen verdammten Hund aus den Augen! Außerdem werde ich morgen diese Frau von der Tierhilfe in Talyton anrufen … wie hieß sie noch? … Wendy … und ihn zurückbringen.«
»Wenn du das tust«, sagt Adam kalt, »gehe ich mit ihm, Mum.«
»Tja, das tut mir leid.«
»Er ist mein bester Freund. Und mein einziger in diesem Kaff.«
Adams kummervolle Augen stimmen mich etwas weicher.
»Lucky bekommt jeden Tag Hundefutter, Hundekuchen und Kaustangen«, sage ich sanft. »Er muss hier nicht hungern.«
»Er konnte nicht anders, Mum. Die Tür zur Speisekammer muss aufgestanden haben, und da ist er hineingegangen und hat sich umgeschaut. Wie hätte er dieser Versuchung widerstehen sollen?«
»Nun ja, das hat er ja wohl offensichtlich nicht.«
»Ich vermute, seine vorherigen Besitzer, diese Widerlinge, gaben ihm nicht genügend zu fressen, und so musste er sich immer nehmen, was er gerade fand.«
»Adam, hör auf, auf die Tränendrüse zu drücken!«
»Du wirst ihn aber nicht wieder zurückgeben, oder?«
»So wie ich mich gerade fühle, hätte ich große Lust dazu. Adam, ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit und muss backen. Ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken.« Ich bemerke, wie
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