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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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verrückt sein«, sagte der Mann.
    »Sie wissen alle Antworten, nicht wahr?«
    »Nun, die meisten.«
    »Schön«, sagte Buddwing. »Bin ich tot?«
    »Natürlich nicht.«
    »Sind Sie tot?«
    »Gott ist unsterblich«, erwiderte der Mann. »Er stirbt nie, denn er ist allmächtig.«
    »Warum tun Sie dann nicht wenigstens ein kleines Wunder?«
    »Weil es nicht mein Wille ist«, sagte der Mann voller Würde. »Wenn Sie mich nicht aus dem Glauben heraus akzeptieren, sollten Sie mich überhaupt nicht akzeptieren.«
    »Okay, ich akzeptiere Sie nicht«, sagte Buddwing.
    »Aber es wird Ihnen leid tun«, setzte der Mann hinzu.
    »Warum?«
    »Weil ich dann, so laut ich kann, schreien werde, daß Sie Edward Vossler sind. Dann werden Sie in eine Zwangsjacke gesteckt und mitgenommen.«
    »Das wäre eine Gemeinheit«, sagte Buddwing. »Wenn Sie wirklich Gott sind …«
    »Gott kann sehr gemein sein«, sagte der alte Mann gelassen.
    »Aber nicht auf eine so kleinliche Art.«
    »Auf jede Art, die ihm gefällt.«
    »Warum haben Sie Beethoven sterben lassen?« fragte Buddwing plötzlich.
    »Er wurde alt«, erwiderte der Mann. »Außerdem konnte ich seine Musik nicht vertragen.«
    »Den Beethoven meine ich nicht«, sagte Buddwing. »Sehen Sie!« setzte er triumphierend hinzu. »Sie wissen nicht einmal, von wem ich rede.«
    »Ich weiß genau, von wem Sie reden.«
    »Und von wem rede ich?«
    »Von Beethoven.« Der alte Mann hielt inne. »Er starb, weil seine Zeit gekommen war.«
    »Wer hat darüber entschieden?«
    »Ich.«
    »Dann sind Sie ein Mörder.«
    »Gott kann kein Mörder sein«, sagte der Mann.
    »Und die anderen haben Sie auch umgebracht.«
    »Welche anderen?«
    »Alle! Alle! Stellen Sie sich hier nicht dumm, Sie aufgeblasener Geselle!«
    »Gott kann kein aufgeblasener Geselle sein«, sagte der alte Mann.
    »Nein, und Sie können nicht Gott sein, denn Sie wissen nicht einmal, wer Beethoven ist oder war. Sie wissen nicht einmal mehr, daß Sie ihn vor Tarawa umgebracht haben. Sie wissen überhaupt nichts mehr, Sie Narr!«
    »Ich weiß alles«, sagte der Mann.
    »Ach? Schön, und wer bin ich? Wissen Sie das etwa?«
    »Ja. Sie sind Edward Vossler.«
    »Irrtum«, sagte Buddwing. »Ha!«
    »Gott kann sich nicht irren.«
    »Gott kann sich irren und gemein sein und ein aufgeblasener Geselle außerdem«, sagte Buddwing. »Ich wende mich von Ihnen ab! Ich wende mich von Ihnen ab, weil Sie ein Mörder sind und ein Dieb. Heute morgen haben Sie mir meine Identität gestohlen, und Sie stahlen Beethovens Identität, als Sie ihn vor Tarawa umbrachten.«
    »Im Gegenteil«, sagte der alte Mann. »Ich habe seine Identität nicht gestohlen.«
    »Ach?«
    »Ich habe ihm eine Identität gegeben«, sagte der alte Mann.
    »Und wie stellen Sie sich das vor?«
    »Sie werden sich immer daran erinnern, daß er vor Tarawa umgekommen ist. Das ist seine Identität. In Ihrem Gedächtnis habe ich ihm Unsterblichkeit verliehen.«
    »Und was haben Sie für mich getan?«
    »Nun, Sie haben mich doch gefragt, wer Sie sind?«
    »Ja, und …«
    »Ich habe es Ihnen gesagt. Sie sind Edward Vossler.«
    »Überzeugen Sie mich.«
    »Nach fünf tue ich keine Wunder.«
    »Der Teufel hole Ihre Wunder, überzeugen Sie mich! Ich werde sein, wer Sie wollen, wenn Sie mich nur überzeugen können.«
    »Sie müssen sich selbst überzeugen«, sagte der alte Mann.
    »Und wie?«
    »Sie müssen glauben.«
    »An was?«
    »An mich.«
    »Ausgerechnet an Sie? Sie sind tatsächlich noch verrückter als ich!«
    »Sieh da«, sagte der alte Mann sanft. »Das wissen Sie also, ja?«
    »Ich weiß nichts.«
    »Sie wissen, daß Sie verrückt sind. Und Sie wissen, daß Sie Edward Vossler sind.«
    »Nie von ihm gehört.«
    »Sie sind ein schizophrener Paranoiker.« Der alte Mann schien ihn hypnotisieren zu wollen. »Sie gehören ins Central Islip State Hospital. Sie haben gestern abend nach dem Essen den Anzug eines Direktors gestohlen. Gehen Sie dorthin zurück.«
    »Ich will nicht zurück!« schrie Buddwing. »Weder dorthin noch woandershin!«
    Der alte Mann drängte sich näher an ihn heran. Zum ersten Mal sah Buddwing seine Augen. Sie waren klar und blau und starrten ihn hell an; in ihnen spiegelte sich die Sonne des Spätnachmittags. Es waren die Augen eines Wahnsinnigen.
    Und wieder lag die Hand des alten Mannes auf seinem Ärmel, seine Finger verkrallten sich wie Klauen in das blaue Tuch. Der Atem des alten Mannes stank, aus seinem Mund strömten die Worte wie eine Litanei, während er sich mit

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