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Schockgefroren

Schockgefroren

Titel: Schockgefroren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Buzmann
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Und wer wartet dort auf uns? Der Mann von vorhin. Er kommt uns entgegen, und als er auf unserer Höhe ist, raunt er: »Braucht ihr was?«
    Björn und ich sehen uns an. Die zehn Mark können wir für Pommes und Cola ausgeben. Wir können damit aber auch was anderes kaufen. Ich rauche, seit mir auffiel, wie grau und kalt die Welt geworden ist. Seit ich das Geschwätz meiner Lehrer und meines Fußballtrainers nicht mehr abkann. Seither habe ich auch neue Kumpels, und die rauchen ebenfalls. Außerdem hat der eine oder andere immer mal wieder einen Joint in der Tasche. Ich war schon dabei, wenn einer von ihnen was gekauft hat, aber hatte selbst noch keine Gelegenheit dazu. Wenn aber einer kommt und fragt »Braucht ihr was?«, redet er nicht von Dingen, die man am Kiosk kriegt.
    Auf einmal habe ich keinen Bock mehr auf Pommes und Cola. »Ja«, antworte ich. »Ich brauch was.«
    Ob Björn anderer Meinung ist, interessiert mich nicht. Ist er auch nicht, er ist ein guter Kumpel. Gemeinsam trotten wir hinter dem Mann her, der Fußmarsch zieht sich ewig hin. Währenddessen fragt er mich aus. Alles Mögliche will er wissen: In welche Schule ich gehe? Wo ich wohne? Wie alt ich bin? Was ich den ganzen Tag so treibe? Ich antworte, und er stellt noch mehr Fragen. Irgendwann erreichen wir eine Mietskaserne.
    »Da hinten wartet ihr«, sagt der Mann und deutet auf einen Platz, an dem übervolle Mülltonnen stehen. »Bin gleich zurück.«
    Wir ziehen uns hinter die Tonnen zurück. Nach fünf Minuten kommt der Mann und meint: »Das sind 25 Gramm. Für 150 Mark gehören sie dir.«
    150 Mark sind jenseits aller Vorstellungen. Allein von meinem Taschengeld würde ich diese Summe in einem Jahr nicht zusammenkriegen.
    »Wir haben zehn Mark«, sage ich, »wenn wir zusammenlegen.«
    Der Mann schüttelt den Kopf. »Nee, nee, nee. Du hast es nicht kapiert. Du gibst mir das Geld, wenn du es hast.«
    Ich verstehe immer noch nicht. Ich bin zwar nicht auf den Kopf gefallen, und in der Schule weiß ich die Antwort manchmal, bevor die Frage gestellt wird. Aber woher soll ich die Kohle bekommen, um 150 Mark zurückzuzahlen?
    »Ist doch ganz einfach«, sagt der Mann. »Du nimmst von dem Stoff, so viel du willst. Den Rest verkaufst du.«
    Da fällt der Groschen. Ich bin unschlüssig. Wer um alles in der Welt sollte mir das Zeug abkaufen? Das heißt, wenn ich darüber nachdenke … Meine neuen Kumpels sind ständig auf der Suche nach einer Quelle … Was sie an Fußmärschen und endlosen Busfahrten so auf sich nehmen, nur weil sie davon gehört haben, dass an irgendeinem Ort um irgendeine Zeit irgendein Kerl steht, der was haben könnte … Zigarettenkaufen ist jedenfalls einfacher. Man geht zum Kiosk, sagt, was man will, und aus die Maus. Ich könnte so ein Kiosk sein. Für anderes als Zigaretten. Das ist die Geschäftsidee!
    Der Mann sieht mich forschend an. »Und?«, fragt er. »Was meinst du?«
    Ich nicke. Er gibt mir die Drogen und will nicht mal unsere zehn Mark. Als wir uns auf den Rückweg machen, ist Björn ganz aus dem Häuschen. Er findet, wir haben einen guten Deal gemacht. Ich lasse ihn in dem Glauben. Mein Gefühl sagt mir, dass mein Leben sich ändern wird. Aber ob es ein guter Deal ist, muss sich erst noch zeigen.
    Schwer zu sagen, wie lange es dauert. Ich kriege es gar nicht richtig mit. Doch irgendwann setzen meine Tischtennisschläger Spinnweben an. Meine Fußballschuhe liegen ungenutzt in der Ecke. Ich habe keine Lust, eine weitere Gürtelprüfung im Judo abzulegen. Mein Papa schreit mich an, woher ich eigentlich das ganze Geld habe. Ich muss mir was einfallen lassen. Ich muss es verstecken.
    Ich habe in mir ein Talent entdeckt, das ich nicht kannte: Ich bin ein richtig guter Händler. Und es gefällt mir, ein richtig guter Händler zu sein. Auf einmal habe ich Kumpels, an die ich sonst nie rangekommen wäre. Erdogan zum Beispiel. Bisher war ich Luft für ihn, jetzt klopft er mir auf die Schultern und lacht über meine Witze. Auch bei anderen stehe ich hoch im Kurs. Ich muss mich immer häufiger mit dem Mann aus der Mietskaserne treffen.
    Eines Tages sagt er: »So geht das nicht. Wir sehen uns zu oft. Die Leute reden schon. Ab jetzt nur noch einmal die Woche.«
    »Ich habe Kunden, die warten. Dann musst du mir mehr geben.«
    »Daran soll es nicht scheitern.«
    Er gibt mir mehr. Er gibt mir so viel, wie ich noch nie hatte. Nach einer Woche habe ich alles verkauft. Zum ersten Mal im Leben habe ich 1.000 Mark in der Tasche. Bald darauf

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