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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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tun.«
    »Stimmt das eigentlich, das mit dem Mobbing?«, fragte Katinka schnell.
    Er stand auf, zog die Hosen unter den Speckfalten zurecht und sagte:
    »Gehen Sie zum Chef. Ich habe zu arbeiten!«
    Er nahm das Telefon zur Hand. Katinka winkte ab.
    »Danke. Ich finde raus.«
    Sie verließ Hartmanns Büro. Der Mann mochte unansehnlich und ein Kotzbrocken sein, aber dumm war er nicht.
    Er weiß genau, dass ich nicht von der Polizei sein kann, sonst hätte ich mich längst ausgewiesen, überlegte Katinka. Und damit weiß er auch, dass ich keine Berechtigung habe, Fragen zu stellen, und noch weniger, Antworten einzufordern. Sie stand einen Augenblick verwirrt in einem der Durchgangszimmer, unfähig zu sagen, aus welcher Richtung sie gekommen war.
    »Kann ich helfen?«
    Eine junge Frau trat auf Katinka zu. Sie trug einen engen Jeansrock, einen ebenso engen Pulli und knallbunte Strumpfhosen, die in schwarzen Stiefeln endeten. Auf ihren Händen saß ein aufgeklapptes, summendes Notebook.
    »Ich … habe mich verfranst«, sagte Katinka. »Ich hatte eine Besprechung mit Herrn Hartmann und suche den Ausgang.«
    Die Frau lachte, stellte ihren Laptop ab und rieb sich die Hände.
    »Kalt ist das heute«, sagte sie. »Sieht Udo Hartmann ja ähnlich, dass er seine Besucher nicht zur Tür bringt.«
    »Macht er das immer so?«
    »Kollege Hartmann hat die Höflichkeit nicht erfunden. Hier geht’s weiter.«
    Sie wies auf eine der Türen.
    »Sagen Sie«, Katinka blieb stehen, »Frank Mendel wird doch an allen Ecken und Enden fehlen, oder?«
    In die Augen der jungen Frau traten Tränen.
    »Damit haben Sie sicher recht.« Sie wischte sich vorsichtig über die Lider und verrieb ihr Mascara. »So eine traurige Geschichte. Wie schnell sich alles in der Stadt herumgesprochen hat …« Sie schüttelte gedankenschwer den Kopf. Ihre kirschroten Haare wirbelten herum, zu fröhlich für die Tragödie des Frank Mendel und der Agentur Fenering.
    Betrübt zeigte sie auf einen Sekretär aus Kirschbaumholz. Ein Bild von Mendel war aufgestellt worden, sehr diskret, mit schwarzem Trauerflor und einer Kerze daneben. Katinka ging näher. Sie erinnerte sich an den kalten Körper im Seziersaal, das schlaff herunterhängende Kinn, das dunkle Einschussloch und die Filzstiftkritzeleien auf der fahlen Haut. Das Gesicht des lebenden Frank Mendel stellte einen entschlossenen und zugleich verbindlichen Ausdruck zur Schau. Auch die hohen Wangenknochen, die Katinka an dem Toten aufgefallen waren, traten auf dem Foto schwächer hervor.
    »Sind Sie auch Texterin?«, erkundigte sich Katinka, während sie sich von dem Bild abwandte.
    »Ich mache das ganz gerne, aber ausgebildet bin ich eigentlich für Layout und Design«, sagte die andere und führte Katinka in den nächsten Korridor. »Vielleicht wird das Texten mal ein zweites Standbein. Frank Mendel hat mich in die Agentur geholt, wissen Sie!« Sie musste sich sammeln. »Ich verdanke ihm soviel. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er nicht mehr da ist!«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte Katinka.
    »Ohne ihn hätte ich diesen Job nicht bekommen. Nun bin ich schon seit fünf Jahren dabei. Die meisten meiner Studienkollegen hängen immer noch rum oder arbeiten auf eigene Rechnung.«
    So wie ich, dachte Katinka.
    Die Frau fummelte aus ihrer Rocktasche ein zusammengeknülltes Taschentuch.
    »Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Thurid Maas.« Sie tupfte sich die Augen.
    »Angenehm«, nickte Katinka und studierte ihr Gegenüber. Die einzige Kollegin, die Mendel nicht gemobbt hatte. Die Frau, der er angeblich jeden Kieselstein aus dem Weg räumte. »Katinka Palfy.«
    Das Lächeln purzelte Thurid Maas aus dem Gesicht. Sie ließ das Taschentuch fallen, bückte sich und griff mit einer energischen Bewegung danach.
    »Was sagen Sie zu der Mobbing-Geschichte?«, fragte Katinka.
    »Was?« Thurid sah sie mit einem gehetzten Ausdruck in den Augen an. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich habe gehört, dass Mendel einen Mitarbeiter aus der Agentur gemobbt hätte. Das ist nur ein Gerücht, oder?«
    Thurid Maas zermahlte das Taschentuch zwischen ihren Handflächen. »Da ist ganz und gar nichts dran. Das sind Unterstellungen von Leuten, die Frank seine Fähigkeiten neideten. Und seine Erfolge.« Sie tupfte sich an der Nase herum. »Verzeihung. Ich … bin ganz durcheinander. Dort vorne sitzt Frau Löbers, sehen Sie?«
    Katinka sah vor sich den Empfangstresen und den Hosenanzug.
    »Wer übernimmt denn nun das Projekt

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