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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Euro. Tja, so geht’s mit den superschlauen Frauen.«
    »Einen schönen Abend, Herr Hartmann«, sagte Ka-tinka und wandte sich um. Rasch ging sie die Straße hinauf. Rempelte Passanten an. Meinte, auf der gegenüberliegenden Straßenseite Edith Hartmann auszumachen, klein und kegelförmig wie eine aufgeplusterte Mensch-ärgere-dich-nicht-Figur. Sie kniff die Augen zusammen. Edith Hartmann war nicht mehr zu sehen.
    »Frau Palfy«, kam es von hinten. Hartmann klebte ihr an den Fersen. Sie standen vor dem Schaufenster eines Optikers. Katinka sah ihr bleiches, verfrorenes Gesicht, den hochgeschlagenen Kragen. Hartmanns Kopf tauchte über ihrer Schulter auf.
    »Zehntausend und den Speicherstift, ansonsten Polizei.« Es klang so unwirsch und nebensächlich, als hätte er sie angewiesen, einen Mülleimer auszuleeren.
    Katinka wirbelte herum. Sah ihm direkt in sein behäbiges Gesicht. Missgunst und Hoffnungslosigkeit reflektierten in seinen Augen. Er schwitzte immer noch. Das gibt’s doch gar nicht, dachte Katinka. Ich friere wie ein Schneider. Wir haben minus zehn Grad. Und dieser Zombie hat nur einen Pulli über seinem Polohemd.
    »Ich bin nicht erpressbar«, sagte Katinka. »Das gilt generell. Sagen Sie dem ermittelnden Hauptkommissar einen schönen Gruß von mir.«
    Sie drehte sich um und lief weiter, ohne auf die Richtung zu achten. Ihr Herz pumpte mit Hochdruck Blut durch die Adern. In ihrem Kopf rauschte es. Vor ihr lag ein hell erleuchtetes Café. Im Nacken kitzelten Schweißperlen. Jetzt fange ich selber an zu schwitzen, dachte sie, und dann wird mir noch kälter. Hinter dem Café ragte ein Stadttor auf. Katinka mochte die schlanke, anheimelnde Architektur und das warme, gelbe Licht, das den Stein zum Strahlen brachte. Stadttore faszinierten sie. Sie erinnerten an die Zeiten, als Städte anders aussahen und anders funktionierten. An Zeiten, als sie noch nicht kanzerös in alle Richtungen wucherten, sich noch nicht ohne klare Umgrenzung ausbreiteten wie Coburger Klöße. Oder wie Hartmanns Fett. Katinka drehte sich um. Hartmann war nicht mehr da. Ihr Atem beruhigte sich. Aus einem Impuls heraus betrat sie den Schuhladen an der Ecke und sah sich die reduzierten Paare an.
    »Kann ich helfen?«, fragte eine Verkäuferin und betrachtete wohlwollend Katinkas Einkaufstüten.
    »Ich wollte einfach mal schauen.«
    Sie probierte ein Paar Boots, nur um sich abzulenken.
    »Wir haben ziemlich viel reduziert«, fing die Verkäuferin wieder an. »Hier, bei den Boots, die Sie gerade anhaben, da gehen dann noch 20 Prozent ab.«
    Zerstreut nickte Katinka. Zehntausend Euro. Er hätte gleich Hunderttausend fordern können. Katinka war überzeugt, wenn es mit Zehntausend funktionierte, waren auch Hunderttausend drin.
    »In Größe vierzig ist natürlich schon alles ziemlich ausgesucht.« Die Verkäuferin schlug mit dem Arm aus. »Aber noch haben Sie Glück, wir haben unsere Rabattaktion gerade erst begonnen.
    Der eine probiert’s mit glacierten Sparerips, der andere mit Euros, seufzte Katinka im Stillen. Winterstiefel im Sonderangebot sind auch eine prima Währung.
    Hartmann mochte auch Mendel erpresst haben. Katin-
    ka stellte die Boots wieder ins Regal zurück. Aber dann wäre es logischer gewesen, wenn Hartmann dem Mord zum Opfer gefallen wäre anstatt Mendel. Es sei denn … Sie entdeckte ein Paar Stiefel mit bunten Streifen an den Seiten. Nahm sie aus dem Regal und schlüpfte in den rechten. Es sei denn, Mendel hatte Hartmann gedroht, ihn auffliegen zu lassen. Hatte vielleicht etwas gegen den ungeliebten Kollegen in der Hand gehabt. Katinka dachte an die kleine Edith mit den funkelnden Augen, der Goldbrille und den temperamentvollen Händen. Versuchte sich vorzustellen, wie Hartmann und seine Frau im Ehebett lagen, Hartmann schnarchend, seine Frau sich wälzend und um Schlaf flehend.
    »Mendel, was hattest du in der Hand gegen Hartmann«, murmelte Katinka, verhedderte sich mit den Schnürsenkeln und zog den Stiefel entnervt wieder aus. Die Verkäuferin bedachte sie mit einem gereizten Augenaufschlag.
    »Ich kann Ihnen gerne ein ähnliches Modell zeigen«, sagte sie.
    »Danke. Nicht nötig.«
    Hartmann, du Saftsack, wie kommst du an meine Waffe. Wenn du es warst. Katinka schüttelte die Gedanken ab und verließ das Schuhgeschäft. Den Mantelkragen hochschlagend trat sie auf die Spitalgasse. Die Dunkelheit drückte ihre Laune nach unten. Während sie noch herumstand und sich nicht entscheiden konnte, ob sie noch ein bisschen

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