Schockwelle
Vision, von langen blonden Haaren umweht und erstaunlich gelassen. Und dann, im nächsten Moment, sah er sie wieder klar und deutlich, als sie ans Sonnenlicht stießen.
Drei weitere Sturzseen rollten mit vernichtender Wucht über sie hinweg, und dann hatten sie die Brecher hinter sich und waren in ruhigerem Wasser. Pitt drehte den Kopf zur Seite, daß die Tropfen wie glitzernde Ketten aus seinem welligen Haar flogen, und spie einen Schwall Seewasser aus, das er geschluckt hatte, weil er den Mund nicht richtig zugemacht hatte.
»Das Gröbste haben wir hinter uns!« schrie er munter. »Wir sind im Kanal!«
Im Meeresarm zwischen den beiden Inseln lief die Brandung aus, und die Wellen waren nicht höher als zwei Meter. Wie durch ein Wunder war das Boot noch heil und hielt sich über Wasser. Irgendwie hatte es trotz der brutalen Wucht der Wogen standgehalten.
Nur das Segel und der Behelfsmast waren abgerissen, hingegen aber noch an der Befestigungsleine und trieben neben ihnen im Wasser.
Giordino hatte ununterbrochen geschöpft, selbst als ihm das Wasser bis zur Brust ging. Er spie Seewasser aus, wischte sich das Salz aus den Augen und schuftete wie ein Berserker weiter.
Der Bootskörper war inzwischen völlig durchgebrochen und wurde nur mehr von den Nylonleinen zusammengehalten, die sie hastig um die Schwimmkörper geschlungen hatten.
Schließlich mußte sich auch Giordino geschlagen geben, als er bis zu den Achselhöhlen im Wasser saß. Benommen blickte er sich um, rang mühsam um Atem, konnte vor Erschöpfung kaum noch einen klaren Gedanken fassen. »Was nun?« murmelte er.
Pitt tauchte das Gesicht ins Wasser und schaute nach unten, ehe er antwortete. Das Wasser war glasklar, so daß er selbst ohne Tauchermaske den Sand und die Felsen am Grund des Kanals erkennen konnte. Leuchtend bunte Fische schwammen dort unten in dichten Schwärmen, ohne von dem seltsamen Wesen Notiz zu nehmen, das über ihnen dahintrieb.
»Hier drin gibt’s keine Haie«, sagte er erleichtert.
»Die schwimmen selten durch die Brandung«, sagte Maeve, ehe sie vom nächsten Hustenanfall geschüttelt wurde. Sie hatte die Arme ausgestreckt und hing halb über dem Schwimmkörper.
Die Strömung im Kanal trug sie auf die Küste der Nordinsel zu. Nur noch dreißig Meter, dann hatten sie festen Boden unter den Füßen. Pitt schaute Maeve an und rang sich ein schiefes Grinsen ab. »Ich wette, du kannst gut schwimmen.«
»Du hast eine Australierin vor dir«, versetzte sie. »Erinner mich daran«, fügte sie hinzu, »daß ich dir meine Medaillen zeige, die ich im Delphin- und im Rückenschwimmen gewonnen habe.«
»Al ist fix und fertig. Kannst du ihn an Land bringen?«
»Ist ja wohl das mindeste, was ich für jemanden tun kann, der uns vor den Zähnen der Haie bewahrt hat.«
Pitt deutete zum nächstbesten Küstenstreifen. Es war kein Sandstrand, aber die Felsen fielen flach zum Meer hin ab. »Dort müßte man ganz gut an Land kommen können.«
»Und du?« Sie zog die Haare mit beiden Händen nach hinten und wrang sie aus. »Soll ich dich ebenfalls holen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hab’ mir noch ein paar Kräfte für ein wichtige Aufgabe aufgespart.«
»Was für eine Aufgabe?«
»Der Club Med hat hier noch nicht gebaut. Wir brauchen alle Nahrungsmittel, die wir noch haben. Ich will die Überreste des Bootes an Land ziehen. Mit allem, was drin ist.«
Pitt half Giordino, als er sich über den Schwimmkörper ins Wasser wälzte, wo Maeve ihn mit gekonntem Rettungsschwimmer griff unter dem Kinn faßte und mit weitausholenden Zügen zur Küste schwamm. Pitt beobachtete sie eine Zeitlang, bis er Giordinos verstohlenes Grinsen und seine zum Gruß erhobene Hand sah. Dieser nichtsnutzige kleine Satansbraten, dachte Pitt, gönnt sich einfach eine gemütliche Reise.
Pitt holte sämtliche Leinen der Takelage ein, verknotete sie zu einem langen Tau, befestigte es am Boot und schlang sich das andere Ende um die Taille. Dann schwamm er auf die Küste zu.
Das Boot war zu schwer, als daß er es einfach hinter sich herziehen konnte.
Er schwamm ein Stück, mußte innehalten, die Leinen nachziehen, etwas Raum gewinnen und das Ganze dann wiederhole n. Die Strömung, die das Boot in weitem Bogen auf den Strand zutrieb, kam ihm zu Hilfe. Nach weiteren zwanzig Metern hatte er festen Boden unter den Füßen. Jetzt konnte er das Boot auf die flache Felsenküste ziehen. Dennoch war er zutiefst dankbar, als Maeve und Giordino zu ihm wateten und ihm bei den
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