Schockwelle
Gerüchte in Panik geraten wären, wonach Dorsett Consolidated Mining den Markt mit einer Unzahl von Steinen zu Niedrigstpreisen zu überschwemmen drohte. Man mußte rasch und entschieden handeln, wenn man eine Katastrophe verhindern wollte.
Strouser, ein äußerst gewissenhafter Mann, war das einzige Mitglied des Direktoriums, dem man zutraute, daß er Dorsett davon abbringen könnte, das feste Preisgefüge des Diamantenmarktes zu erschüttern.
Arthur Dorsett kam Strouser entgegen und schüttelte ihm energisch die Hand. »Lange nicht gesehen, Gabe, zu lange.«
»Danke, daß Sie mich empfangen, Arthur.« Strouser schlug einen leutseligen Ton an, doch seine Abneigung war unüberhörbar. »Soweit ich mich entsinne, haben Ihre Anwälte darauf bestanden, daß ich Sie nie wieder behelligen soll.«
Dorsett zuckte die Achseln. »Schnee von gestern. Vergessen wir, was vorgefallen ist. Reden wir lieber beim Essen über die alten Zeiten.« Er deutete auf einen Tisch, der in einer mit kugelsicherem Glas geschützten Laube stand, von der aus man einen herrlichen Blick über den Hafen von Sydney hatte.
Strouser hatte auch äußerlich nichts mit dem derben, rauhbeinigen Diamantenbaron gemein. Er war Anfang Sechzig, sah bemerkenswert attraktiv aus, hatte dichtes, gepflegtes Silberhaar, ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und einer wohlge formten Nase, um die ihn viele Hollywoodstars beneidet hätten. Er war schlank und sportlich, etliche Zentimeter kleiner als der bullige Dorsett, hatte ebenmäßig gebräunte Haut, blendendweiße Zähne und einen freundlichen Mund.
Argwöhnisch musterte er Dorsett mit seinen blaugrünen Augen, wie die Katze den bösen Hund des Nachbarn.
Sein Anzug war aus bestem Tuch und erstklassig geschnitten, konservativ zwar, aber mit ein paar Feinheiten, die ihn todschick und hochmodern wirken ließen. Dazu trug er eine Krawatte aus edler Seide und handgefertigte, auf Hochglanz polierte italienische Schuhe, in denen man sich fast spiegeln konnte. Die Manschettenknöpfe waren nicht, wie man erwartet hatte, mit Diamanten, sondern mit Opalen besetzt.
Der freundliche Empfang überraschte ihn etwas. Dorsett kam ihm vor wie ein Schauspieler in einem schlechten Stück.
Strouser hatte mit einem eher unangenehmen Zusammentreffen gerechnet.
Auf keinen Fall hatte er erwartet, daß man ihn zu Tisch bitten würde. Er hatte kaum Platz genommen, als Dorsett einem Kellner zuwinkte, der eine Flasche Champagner aus einem schweren, silbernen Kühler nahm und Strouser ein Glas eingoß.
Leicht amüsiert stellte er fest, daß Dorsett sich lediglich ein Castlemaine-Bier bringen ließ, das er kurzerhand aus der Flasche trank.
»Als die Obermacker vom Kartell sagten, daß sie jemanden zu einem Gespräch nach Australien schicken wollen«, sagte Dorsett, »wär ich nie drauf gekommen, daß Sie dieser Abgesandte sind.«
»Aufgrund unserer langjährigen Geschäftsbeziehungen meinten die anderen, ich könnte mich am besten in Sie hineinversetzen. Daher haben sie mich gebeten, bei Ihnen vorzusprechen und mich zu erkundigen, was an den Gerüchten dran ist, die in der Branche umgehen. Angeblich wollen Sie Ihre Steine zu Billigpreisen verkaufen und den Markt ruinieren. Und zwar nicht etwa Industriediamanten, sondern erstklassige Juweliersware.«
»Wo habt ihr das gehört?«
»Sie leiten ein Unternehmen mit Tausenden von Mitarbeitern, Arthur. Daß dabei der eine oder andere unzufriedene Angestellte etwas ausplaudert, ist doch ganz normal.«
»Ich werde die Sache von meinem Sicherheitsdienst untersuchen lassen. Ich halte nichts von Verrätern, nicht, wenn sie bei mir in Lohn und Brot stehen.«
»Wenn das, was wir gehört haben, zutrifft, steht dem Diamantenmarkt eine schwere Krise bevor«, erklärte Strouser.
»Ich habe den Auftrag, Ihnen ein solides Angebot zu unterbreiten, um Ihre Steine vom Markt fernzuhalten.«
»Diamanten sind keine Mangelware, Gabe, sind es nie gewesen. Sie wissen, daß man mich nicht kaufen kann. Auch ein Dutzend Kartelle könnte mich nicht daran hindern, meine Steine in Umlauf zu bringen.«
»Es war dumm von Ihnen, daß Sie nicht mit der Central Selling Organization zusammengearbeitet haben, Arthur. Sie haben dadurch Millionen verloren.«
»Eine langfristige Investition, die in Bälde gewaltige Rendite abwerfen wird«, versetzte Dorsett störrisch.
»Dann stimmt es also?« fragte Strouser ungerührt. »Sie haben Ihre Steine gehortet, um eines Tages einen schnellen Profit
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