Schön scheußlich
besitzen Arme und Beine, jeweils paarweise in sauberer Symmetrie.
Es scheint, als hingen die Macher der Serie Platons Ideal vom Bau eines Körpers an, einer ganz bestimmten Art, Organismen zusammenzusetzen, hinter der eine derart unumstößliche transgalaktische Logik steht, dass sich dieses Muster Ära um Ära von Planet zu Planet immer wieder unabhängig voneinander wiederholt hat.
Doch um die Schöpfer der Serie von dem Verdacht der intellektuellen Trägheit oder der Faulheit zu befreien, sollten wie uns vergegenwärtigen, dass auch die Natur an den Allzweckentwurf, an die wieder verwendbare Vorlage für den Bau beweglicher Körper glaubt. Forscher, die die frühesten Ereignisse im Verlauf der Transformation einer einzelnen befruchteten Eizelle zu einem atmenden, empfindenden, vielzelligen Wesen nachzuvollziehen suchen, haben eine Klasse von Genen entdeckt, die sich ohne weiteres als das molekulare Sigel tierischen Seins, der Schlüssel zum Reich Animalia erweisen könnte.
Diese Gene, die so genannten Hox-Gene, gehören zu den großen Gebietern der tierischen Entwicklung. Ihre Arbeit beginnt in den ersten paar Tagen des embryonalen Wachstums, wenn sie die grundsätzliche Struktur und Orientierung des Körpers anlegen: wo der Kopf hinkommt, wo Gliedmaßen, Finger und Zehen, wo der Brustkorb und wo die im Inneren geschützten Organe liegen werden. Ihrer Bedeutung entsprechend beherrschen die Hox-Gene viele Sprachen. Zuerst entdeckt wurden sie in Fruchtfliegen, doch seither hat man sie in den frühen Embryonalstadien von Mäusen, Würmern, Fischen, Hühnern, Grashüpfern, Menschen, Fröschen und Rindern gefunden - buchstäblich in jeder bis heute untersuchten Kreatur.
Die genaue Anzahl an Hox-Genen in einer Zelle variiert beträchtlich zwischen Wirbeltieren wie dem Menschen, bei dem es achtunddreißig solcher Gene gibt, und der Fruchtfliege, die mit nur acht von ihnen auskommt. Die Tatsache jedoch, dass Arten, die in der Evolution durch sechshundert Millionen Jahre voneinander getrennt sind, sich zur Abstimmung ihres embryonalen Wachstums auf dieselbe Klasse von Genen verlassen, lässt vermuten, dass die Moleküle zu gut funktionieren, um irgendwelche Spielereien oder Neuerfindungen erforderlich zu machen.
Die Hox-Gene sind für Aufbau und Gestaltung des tierischen Körpers so fundamental, dass sie sich als letzter Nachweis für eine tierische Natur eignen, eine womöglich präzisere Definition als so traditionelle Maßstäbe wie das Vermögen, sich unabhängig zu bewegen, und die Reaktion auf Außenreize. In den Zellen von Pflanzen, Pilzen und Schleimpilzen finden sich diese Gene nicht. Deshalb haben Wissenschaftler angeregt, dass man die DNS jeder Art, über deren stammesgeschichtlichen Status es berechtigte Zweifel gibt wie dies bei Schwämmen und manchen Protozoengruppen der Fall ist - , auf Hox-Gene analysieren sollte.
Diese Gene sind jedoch nicht die alleinigen Drahtzieher im Geschäft tierischer Entwicklung. Andere Moleküle wie Steroidhormone, eine von Vitamin A abgeleitete Substanz namens Retinsäure und eine Vielfalt an Wachstumsfaktoren spielen bei der Embryogenese ebenfalls eine Rolle. Doch die Biologen haben einige Fortschritte beim Lösen des Hox-Gen-Puzzles zu verzeichnen. Sie haben transgene Mäuse mit bestimmten informativen Mutationen in ihren Hox-Genen gezüchtet und kunstvoll Schritt für Schritt den Einfluss dieser Gene auf die Flügelknospen eines Hühnchenembryos untersucht. Durch diese Experimente fanden sie heraus, dass HoxGene als Hauptschalter fungieren und Transkriptionsfaktoren hervorbringen, die sich an die Chromosomen heften und Welle um Welle die Aktivität untergeordneter Gene freisetzen, sodass sich das anfänglich eher schwache Ausgangssignal zu einem gigantischen Ausbruch an biologischer Aktivität potenziert.
Im Prinzip ordnen Hox-Gene den Zellen des frühen Embryos Adressen zu: Sie teilen der einen Zelle mit, ob sie Bestandteil des vorderen oder des hinteren Körperteils sein wird, einer anderen vielleicht, dass sie den Gliedmaßen angehört und später zu einem Finger werden wird. Sie sind von vitaler Bedeutung, wenn es gilt, das Körpermuster vom Hinterhirn abwärts einzurichten. Für die Konstruktion des Vorderhirns und verwandter Regionen des zentralen Nervensystems sind wiederum andere Entwicklungsgene zuständig.
Die Hox-Gene operieren mit hoher Geschwindigkeit und Effizienz; sie vollbringen ihre bemerkenswerte Musterbildung innerhalb von drei Tagen. Ihr Wirken
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