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Schön scheußlich

Schön scheußlich

Titel: Schön scheußlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Angier
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hat ihre ungewöhnliche Kieferform dazu beigetragen.
    Buntbarsche tragen wie jeder durchschnittliche Fisch einen Satz Kiefer im Maul, zusätzlich aber noch einen zweiten in ihrer Kehle. Dadurch dass die Kiefer im Gaumenhintergrund zum Zerkleinern von Nahrung verfügbar sind, sind die vorderen von physiologischen Einschränkungen befreit und können sich der Evolution höchst spezifischer Methoden des Beutefangs widmen. Im Prinzip ist der hintere Kiefer das Mädchen für alles, der vordere der Meister eines speziellen Fachs.
    Unterschiedliche Fress-Strategien aber sind nicht die einzigen herausragenden Merkmale der Familie. Hobbyaquarianer lieben Buntbarsche hauptsächlich deshalb, weil sie die berühmten Balz-und Brutpflegepraktiken dieser Tiere bewundern. Die meisten Fische legen Eier und überlassen diese dann sich selbst. Manchmal bleibt auch der Vater da und bewacht die Eier bis zum Schlüpfen. Bei vielen Buntbarschen widmen sich beide Eltern einer hingebungsvollen Brutpflege. Sie brüten die Eier im Maul aus, und auch nach dem Schlüpfen werden die Jungfische beim Herannahen eines Räubers noch immer zu ihrem Schutz ins elterliche Maul aufgenommen.
    Diese Praxis des Maulbrütens hat bei den Buntbarschmännchen ein paar herausragende Merkmale entstehen lassen. Da der Druck durch Räuber im Lebensraum eines Buntbarschs erbarmungslos sein kann, nehmen die Weibchen ihre Eier oft sofort nach der Ablage hektisch in ihr Maul auf - bevor das Männchen Gelegenheit hatte, irgendetwas zu befruchten. Die Männchen haben sich diesem Umstand angepasst und tragen auf ihren Afterflossen leuchtende Farbflecken, die den Eiern ähneln. Wenn das Weibchen sein Gelege aufgefischt hat, rüttelt das Männchen kurz seine Afterflosse. Das Weibchen hat daraufhin den Eindruck, ein paar Eier vergessen zu haben, und versucht, nach dem verzierten Hinterende zu schnappen. In diesem Augenblick stößt das Männchen einen Samenstrom in das geöffnete Maul des Weibchens aus. Bei manchen Arten füttern die Alten ihre Brut mit eiweißhaltigen Schleimabsonderungen der eigenen Haut. Die Fische werden, wenn man so will, zu schwimmenden Brüsten.
    In Anbetracht der hohen Investitionen, die die Eltern in ihre Jungtiere stecken, haben sie allen Grund, bei der Wahl ihres Partners größtmögliche Umsicht walten zu lassen. Und an diesem Punkt liefert das Experiment mit Cichlasoma citrinella ein paar Aufschlüsse. Die beiden Subtypen sind nämlich nicht festgelegt. In etwa acht Prozent der Fälle verändert ein gestreifter Buntbarsch mit zunehmendem Alter sein Kleid zu strahlendem Gold. Wenn er vor die Wahl gestellt wird, zieht jeder Buntbarsch - ob golden oder gestreift - die goldene Variante der geläufigeren gestreiften vor. Vielleicht weil das Gold bedrohlicher aussieht. Die Buntbarsche müssen bei der Aufzucht ihrer Brut häufig Eindringlinge abwehren, daher ist eine eindrucksvolle Erscheinung eine hoch geschätzte Eigenschaft bei einem Partner. Durch ihre ausführlichen Versuche zur Kuppelei unter Buntbarschen haben die Forscher in Berkeley gelernt, dass die Partnerwahl in zwei Stufen abläuft. Als Erstes sucht sich das Weibchen ein Männchen, das ihm gefällt - vielleicht weil es die richtige Farbe hat, das richtige Fischparfüm trägt oder irgendetwas anderes an sich hat, das dem menschlichen Auge bislang verborgen ist. Doch sobald das Weibchen sein Faible für ein Männchen offenbart hat, wird es seinerseits wählerisch und benimmt sich dem Weibchen gegenüber äußerst aggressiv. Soll auch nur die geringste Hoffnung bestehen, dass das Weibchen die Zuneigung des Männchens gewinnen kann, muss das Weibchen es ihm mit gleicher Härte heimzahlen. Ein Weibchen, das sich von einem Männchen unterkriegen lässt, hat verspielt. Sobald das Männchen jedoch beschlossen hat, dass das Weibchen ihm robust genug ist, paart es sich mit ihm, und sie leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
    Die Chancen, dass ein weiblicher und ein männlicher Buntbarsch genau die richtige Farbe und den richtigen Geruch füreinander haben, stehen schlecht, und daher endet eben so manches Buntbarsch-Rendezvous in Langeweile und mit einem herzhaften Fischgähnen.

25.
Gepardenjagd
     
     
    Geparden mögen die rassigen Maseratis unter den Säugetieren sein, in der Lage, mit einer Geschwindigkeit von bis zu einhundertzehn Stundenkilometern zu rennen, doch hat sie dies nicht dazu befähigt, ihrem Elend zu entkommen. Einst beherrschten diese »Windhundkatzen« den gesamten

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