Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schön scheußlich

Schön scheußlich

Titel: Schön scheußlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Angier
Vom Netzwerk:
ganz, ganz leise fauchten. Hätte sich in dem Käfig eine Tigerfamilie befunden, könnte ich Ihnen heute vermutlich nicht mehr allzu viel über Geparden berichten.
    Alles in allem gründen sich die Zukunftschancen der Geparden vermutlich weniger auf die Genforschung als vielmehr auf altmodische Maßnahmen wie die Erhaltung der letzten verbliebenen Habitate und die Hilfe der anderen Grenzen lebenden Bewohner. In Namibia, wo Geparden nicht wie andernorts in Afrika mit anderen Fleischfressern konkurrieren müssen, geht es den Tieren einigermaßen gut. Ihr größtes Problem sind die Bauern, die sie aus Sorge um ihren Viehbestand abschießen. Namibias Biologen sind darum bemüht, die Viehbesitzer davon zu überzeugen, dass Geparden tatsächlich sehr wenig Haustiere töten, und außerdem ein Entschädigungsprogramm für die Fälle einzurichten, dass doch einmal ein Kalb verloren geht. Da die einzig frei lebende Gepardenpopulation von annehmbarer Größe heute in Namibia zu Hause ist, ist diese Art im Begriff, mehr und mehr zum namibischen Wappentier und damit zu einem Objekt nationalen Stolzes zu werden. Mehr als ein ideales genetisches Profil benötigt der Gepard ein bisschen Raum zum Verschnaufen und alle Reklame, die ihm aufgrund seines edlen Auftretens zukommt.

26.
Fleißig wie eine Biene?
     
     
    In den trägen Hundstagen des Sommers oder während der bittersüßen Flaute »zwischen den Jahren« von Weihnachten bis Neujahr oder an jedem beliebigen schönen Nachmittag, der mit seinem Zauber lockt, mag denen, die von ihrer eisernen Arbeitsmoral daran gehindert werden, mal fünf gerade sein zu lassen, der Gedanke helfen, dass Faulheit völlig natürlich und überaus sinnvoll ist und von jeder anderen Art auf diesem Planeten gepflegt wird.
    Alle althergebrachten Märchen über die unendliche Betriebsamkeit von Bienen, Ameisen, Bibern und ähnlichem Getier Lügen strafend, hat man im Rahmen analytischer Zeitstudien zeigen können, dass die große Mehrzahl der Geschöpfe die meiste Zeit über nicht übermäßig viel tut. Sie fressen, wenn es sein muss oder sie Gelegenheit dazu haben. Sie balzen und pflanzen sich fort, wenn die Jahreszeit sie dazu treibt. Manche Arten bauen dann und wann provisorische Behausungen. Andere erfüllen anfallende soziale Verpflichtungen wie die, einem Artgenossen die Flöhe aus dem Fell zu klauben.
    Doch die meiste Zeit hindurch würden Tiere über alle Artgrenzen hinweg angesichts der biblischen Aufforderung zur Arbeit mit Sicherheit die Nase oder den Rüssel rümpfen und sich weiter mit verschiedensten Formen von Nichtstun beschäftigen: herumsitzen, sich ausstrecken, dösen, sich wiegen und planlos umherkreisen. Wenn Sie ein Lebewesen in freier Wildbahn über längere Zeit beobachten und seine Aktivitäten in jedem Augenblick des Tages auflisten würden, kämen Sie unweigerlich zu dem Schluss, dass diese Geschöpfe tatsächlich nicht viel tun, oder? Ja, im Vergleich zu anderen Tieren verbringen menschliche Wesen zwei-bis viermal so viel Zeit mit Arbeiten - mehr sogar, wenn man Familien- und Haushaltspflichten mit berücksichtigt.
    Bevor wir uns nun aber etwas auf unseren Fleiß einbilden: Eine faire Analyse tierischen Nichtstuns beweist, dass dieses so gut wie nie aus zielloser Gleichgültigkeit geboren ist, sondern vielmehr viele unterschiedliche Gründe haben kann. Manche Tiere hängen herum, um wertvolle Kalorien zu sparen, andere, um die Verdauung der Kalorien zu optimieren, die sie soeben verzehrt haben. Manche tun es, um kühl zu bleiben, andere, um warm zu bleiben. Der Gejagte ist am besten getarnt, wenn er nicht herumzappelt und - lärmt, dasselbe gilt für den Jäger, der bis zum Augenblick des Angriffs möglichst ungesehen bleiben möchte. Manche Geschöpfe bummeln gelassen in ihrem Revier umher, um dieses zu bewachen. Andere bleiben zu Hause, um nicht dem Kannibalismus ihrer Nachbarn zum Opfer zu fallen. Es mag zwar keine Gene für die Faulheit geben, aber immer eine gute Ausrede.
    Die möglichen Gründe für ausgemachte Faulheit sind so vielfältig, dass manche Biologen bereits den Schwerpunkt ihrer Forschung verlagert haben. Statt das Verhalten von Tieren in Aktion zu untersuchen, wie das bei Feldforschern traditionell üblich war, versuchen sie nun, die vielen Faktoren zu verstehen, die tierischer Trägheit zugrunde liegen. Sie hoffen, auch zentralen Rätseln der Ökologie - der Verteilung verschiedener Arten in einer bestimmten Umgebung beispielsweise oder der Frage, wie Tiere

Weitere Kostenlose Bücher