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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Transe rumrennen würdest?“, wechselte ich das Thema.
    „Heute habe ich ja nicht gearbeitet. Warum fragst du?“
    „Nur so.“
    „Ich hab einen Riesenhunger. Ich nehme an, meine Erdbeer-Nougat-Knödel haben dir gut geschmeckt?“
    „Ausgezeichnet“, sagte ich lachend und ging in die Küche.
    Als ich ihm ein Camembertbrot brachte, kreischte er entrüstet: „Um Himmels willen! Ich kann doch um diese Zeit keinen fetten Käse mehr essen. Sisi hat nach achtzehn Uhr nichts Festes mehr zu sich genommen …“
    „Dafür hat sie sich den Bauch mit Süßigkeiten vollgeschlagen. Warum, glaubst du wohl, sind ihr so früh die Zähne ausgefallen?“
    „Du bist so gemein! Das erfindest du nur, um mich zu ärgern.“ In seiner Stimme schwangen jedoch Zweifel mit.
    „Hör doch endlich mit diesem Sisi-Quatsch auf! Merkst du denn nicht, dass du dich lächerlich machst? Dein Bernd wäre bestimmt eher an dir interessiert, wenn du nicht in diesem doofen Outfit herumrennen würdest. Ich weiß nicht, warum du dich so entstellen musst.“
    Orlando blickte mich verblüfft an. „Du findest mich nicht hübsch?“, fragte er mit weinerlicher Stimme und streichelte selbstverliebt seine Lockenpracht.
    „Klar bist du hübsch, aber du gefällst wahrscheinlich nicht nur mir besser, wenn du dich wie ein Mann kleidest.“
    Auf Orlandos Stirn zeigten sich zwei kleine Fältchen. Schweigend aß er das Käsebrot. Dann begann er plötzlich, mir von seinem berühmten Vorfahren Herzmanovsky-Orlando zu erzählen: „Über ihn bin ich bestimmt auch mit Sisi verwandt. Der europäische Adel ist ja komplett miteinander verschwistert oder verschwägert. Zu viel Inzest, deshalb bin ich ja auch so ein dekadentes Geschöpf“, sagte er kokett.
    Ich schüttelte unwillig den Kopf.
    „Du glaubst mir nicht? Soll ich dir mal meinen Stammbaum zeigen?“
    „Weißt du überhaupt, dass dein großer Vorfahre eigentlich Architekt war und in jungen Jahren ein Haus in Margareten gebaut hat?“, fragte ich ihn spöttisch.
    „Du meinst das fünfstöckige Zinshaus in der Wehrgasse, Ecke Grüngasse? Man sieht es von deiner Terrasse aus recht gut. Das Atelierfenster im Steildach ist echt geil. Er war eben ein Genie.“
    „So wie alle Orlandos“, murmelte ich.
    „Mach dich nur lustig über uns.“
    „Im Ernst, mir gefällt dieses Haus. Ich steh auf Jugendstil. Die verzierten Friesbänder zwischen den Etagen, die schön gegliederten Fenster, die Terrassenbalustrade mit den Obelisken …“
    „Innen ist es genauso toll. Hast du dir die kupfernen Wandleuchten im Foyer und die Marmorpfeiler am Stiegenaufgang mal angesehen?“
    „Nein. Drinnen war ich noch nie.“
    „Solltest mal reingehen. Übrigens hat Herzmanovsky-Orlando genauso unter Wien gelitten wie ich. Er ist immer nach Italien geflüchtet oder ins Salzkammergut. Diese Stadt ist wirklich lähmend für kreative Köpfe wie uns Orlandos“, sagte er seufzend. „Auch mein Vater, ein Florentiner Adeliger und begnadeter Parfümeur, hielt es in diesem spießbürgerlichen Wien nicht aus.“
    Orlando hatte tatsächlich alle Allüren eines Genies: Unberechenbarkeit, Schaffenskrisen, Nervenzusammenbrüche, chaotische Beziehungen, nächtliche Ausschweifungen …
    „Ich soll dich übrigens von Frau Magister Käferböck herzlich grüßen lassen“, unterbrach ich ihn.
    „Oh! Wo hast du sie getroffen?“
    „Bei Frau Klaric.“
    „Gabriele war meine Babysitterin.“
    „Ich weiß.“
    „Meine Mutter hat oft behauptet, Gabriele Käferböck hätte ein goldenes Wiener Herz.“
    „Du meinst, sie hat eine soziale Ader.“
    „Genau. Sie ist eine echte Wienerin mit tschechisch-polnischen Vorfahren. Ich hatte viel Spaß mit ihr als Kind. Meine Mutter war ja eher der melancholische Typ, wie du weißt. Sonst hätte sie sich ja auch nicht umgebracht.“
    „Du hast mir bisher nie erzählt, dass sie selbst Hand an sich gelegt hat.“
    „Hab ich nicht?“, fragte er ganz cool. „Sie hat eine Überdosis Schlaftabletten genommen.“
    „So wie Marilyn Monroe?“
    „Ja.“
    „Wie alt warst du damals?“
    „Siebzehn. Aber jetzt hör endlich auf, mich zu löchern.“ Offensichtlich wollte er nicht über den Freitod seiner Mutter sprechen. „Hast du mit Gabriele Käferböck über mich geredet?“, fragte er.
    „Natürlich. Sie hat mir erzählt, dass du schon als Kind einen Hang zum Adel hattest“, stieg ich auf seinen halblustigen Ton ein.
    „Sie weiß nicht, dass ich mit Herzmanovsky-Orlando verwandt bin. Meine Mutter hat das

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