Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
Pospischil wusste über die diversen Affären in diesem Grätzl anscheinend bestens Bescheid.
„Mit dem Doktor Gergely?“, fragte Horvath irritiert.
„Nein. Mit dem Doktor Bischof.“
„Ist ja auch egal. Die Tamara ist jede Sünde wert. Freu mich schon drauf, wenn’s wärmer wird und sie wieder in ihren Superminis und High Heels über den Margaretenplatz stolziert“, sagte Marek.
„Ja, sie hat wirklich tolle Beine“, meinte Pospischil. „Und wenn sie im Gastgarten vom Silberwirt oder im Hof vom Cuadro ihre Beine übereinanderschlägt, sieht man immer ein winziges Stück schwarzer oder knallroter Seide zwischen ihren Beinen aufblitzen.“
Mir entkam ein Grinsen. Obwohl ich diese älteren Herren mochte, fand ich ihre Schwärmerei für dieses Supergirl ziemlich lächerlich. Sie können’s nie lassen, egal wie alt sie sind, dachte ich. Für Tamara waren sie bestimmt zu alt und vor allem zu wenig vermögend. Mich wunderte, dass ich diese Russin nicht kannte, obwohl sie anscheinend in den Lokalen des Schlossquadrats verkehrte. Wahrscheinlich war sie gar keine solch außergewöhnliche Schönheit. Schön genug für alte Männer, aber eben nicht in den Augen anderer Frauen, dachte ich. Normalerweise rivalisierte ich nicht mit solchen Vorzeigefrauen. Trotzdem ärgerte ich mich ein bisschen über die Schwärmerei der Freunde meines Großvaters. Anscheinend hatten sie völlig darauf vergessen, dass auch ich eine Frau war.
Ich erfuhr, dass Tamara früher als Strumpfmodel gearbeitet und Empfangsdame in einer Werbeagentur gespielt hatte. Hauptberuflich schien sie immer die Freundin von irgendeinem wohlhabenden Mann gewesen zu sein.
„Tamara gehört zu jener Kategorie von Frauen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit aussehen, als wären sie gerade aus einem Schönheitssalon gekommen“, sagte eine ältere, mollige und unvorteilhaft gekleidete Frau, die am Nebentisch saß und offensichtlich der Unterhaltung am Stammtisch aufmerksam gefolgt war.
„Wieso weißt du, wie sie in der Nacht aussieht?“, fragte Horvath interessiert.
Allgemeines Gelächter.
„Die Bischof ist eine fürchterlich pedante Person“, meinte Pospischil.
„Eine Perfektionistin, meinst du wohl? Ja, das ist sie wirklich“, bestätigte Karoly.
„Nicht perfekt genug. Sie hat den Fehler gemacht, das Haustürschloss auszuwechseln“, sagte Pospischil.
„Ja, sie hat ihren Alten ausgesperrt. Das kam vor dem Scheidungsrichter nicht gut an. Außerdem hat sie seine Sachen in Schachteln gepackt und einfach auf die Straße gestellt. Erinnert ihr euch an diesen Skandal?“, fragte Marek.
„Soviel ich weiß, nahm er sich eine berühmte Scheidungsanwältin. Eine richtige Emanze. Das war ein kluger Schachzug von ihm“, sagte Herr Horvath.
„Und sie war zu geizig, um sich einen guten Anwalt zu leisten, deshalb stieg sie auch bei der Scheidung so schlecht aus. Sie hat das gemeinsame Haus in der Gartengasse, das sie von ihren Eltern geerbt hatte, verlassen müssen. Er lebt nach wie vor dort und hat auch seine Ordination am Margaretenplatz behalten, während sie in eine Mietwohnung ziehen musste“, erzählte uns Pospischil.
„Zum Glück war er bei der Gasexplosion nicht in seiner Ordination. Angeblich hat er das Wochenende mit seiner Freundin in einer Wellness-Therme verbracht …“, warf ich ein.
„Das stimmt. Ich war zufällig zur selben Zeit wie er beim Reisebüro Trident Travel. Meine Frau hat darauf bestanden, dass ich jetzt schon unseren Sommerurlaub auf Mallorca buche. Und dort hab ich unfreiwillig mitbekommen, wie sich der Doktor Bischof mit dem Trident-Chef Hugo Radschiener beraten hat, welche österreichische Therme momentan die beste für sein Rückenleiden sei“, sagte Horvath.
Ich hatte genug Tratsch gehört und verabschiedete mich von den Freunden meines Opas. Kaum stand ich auf der Straße, rief ich bei mir zuhause an. Orlando hob nicht ab. Ich versuchte es auf seinem Handy. Bekam nur die Mailbox zu sprechen. Er hatte also nicht auf mich gehört und meine Wohnung verlassen, obwohl die Polizei hinter ihm her war. Und vielleicht auch der Mörder von Margareten.
Ich war frustriert. Und wenn ich frustriert war, verfiel ich immer in einen Kaufrausch. Mit Geld hatte ich von klein auf nie umgehen können. Ich gab immer gleich alles aus, was ich verdiente.
Schon seit Langem träumte ich von einem dieser Kniestühle, die Peter Opsvik kreiert hatte und die es bei Vega Nova in den verschiedensten Designs gab. Nicht nur dem alten Doktor
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