Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
junge hübsche Frauen abgesehen.“
„Ich glaub, ich kenne diesen Kerl. Er hat auch mich schon mal belästigt. Aber ich halte ihn eher für einen harmlosen Spinner“, gab mir Frau Käferböck Recht.
Die Jungs wagten nun nicht mehr zu widersprechen. Ich hatte keine Lust mehr, weiter über diesen armen Irren zu reden. Aber in Margareten gab es anscheinend kaum mehr ein anderes Thema als diese Morde.
Ich erkundigte mich, ob die neuen Kräuter schon angekommen wären. Vor allem in der Küche vom Silberwirt wurden hauptsächlich regionale landwirtschaftliche Produkte verwendet, Gemüse von Bauern aus der Umgebung von Wien. Die vier Kräutergärten im Hof und im Durchgang wurden gerade mit Grünzeug bepflanzt, das die niedrigen Temperaturen im Frühling aushielt. Als ich fragte, ob ich mir ein paar Ableger für meine Terrasse mitnehmen dürfe, schaute mich Romanski verwundert an und meinte, ich solle sicherheitshalber den Küchenchef Rudi Kirschenhofer fragen. Er würde gleich ins Gergely’s kommen.
14
Während ich auf Rudi wartete, sah ich mich im Gergely’s um. Es war ein sehr extravagantes Lokal. Ich kannte kein anderes Restaurant in Wien, das diesem glich. Und ich fragte mich, nicht zum ersten Mal, ob ich nicht lieber hier arbeiten wollte. Obwohl ich gern im Cuadro war, dachte ich schon nach drei Monaten wieder an einen Jobwechsel. Ich war eben ein unsteter Mensch.
In meinen Augen war das Gergely’s das schönste Lokal im Schlossquadrat. Das markante Gewölbe des Schlossgebäudes aus dem 14. Jahrhundert kam in dem neuen Design wundervoll zur Geltung. Die Gäste saßen in ferrariroten Lederfauteuils. Rötlich-braune Holzdielen und farbige Stoffdraperien vermittelten fast Wohnzimmeratmosphäre.
Als Rudi Kirschenhofer auftauchte, setzten wir uns an den erhöhten Stammtisch, der aus Resten eines alten Kirschholz-Mobiliars gezimmert worden war.
Natürlich war er einverstanden, dass ich mir ein paar Ableger von dem Grünzeug mit nach Hause nahm. Ich hatte auch nichts anderes von ihm erwartet. Als ich ihn dann fragte, ob ich nicht demnächst mal einige Zeit im Gergely’s arbeiten könnte, sagte er: „Da musst du den Jürgen Geyer fragen, er ist dein Chef.“
„Ich finde es einfach wunderschön hier, diese farbigen Kristallluster und der Lichtervorhang …“
Rudi begann zu lachen. Ich sah ihn irritiert an.
„Genau deswegen gab es damals, als der Gergely umgebaut hat, heftige Diskussionen. Manche Gäste goutierten das neue Ambiente überhaupt nicht. Das alte Chorgestühl und die urigen Tische waren ihnen lieber.“
„Du warst von Anfang an dabei?“
„Ja, ich hab mit ihm vor zwanzig Jahren in der damaligen Schlossgasse 21 angefangen.“
Kollegen hatten mir erzählt, dass Rudis Eltern ein Wirtshaus in Hadersdorf/Weidling gehabt hätten. Er hatte Koch gelernt, und zwar bei dem berühmten Haubenkoch Werner Matt, und danach ein paar Jahre im Ausland gearbeitet.
„Dann hast du also diese indonesischen Saté-Spießchen kreiert? Von denen hab ich schon gehört, die waren ein echter Hit, stimmt’s?“
„Ich hab halt einfach versucht, den Wienern die internationale Küche schmackhaft zu machen. Stefan Gergely und ich haben Anfang der 90er-Jahre das ‚Ethno-Food‘ im Wiener Beisl eingeführt. Damals sind wir sogar extra nach Amsterdam geflogen, um all diese Gewürze, die es in Wien noch nicht gab, zu besorgen.“
„Und um euch abends die Schönen der Nacht anzusehen“, sagte ich grinsend.
„Selbstverständlich. Aber heimgebracht haben wir nur Koffer voller asiatischer Gewürze.“
„Und die Steaks auf der Speisekarte waren auch deine Idee?“
„Unsere. In Wien waren damals Steaks noch nicht so populär wie heute. Vor allem haben wir das Fleisch von einheimischen Rindern, also von Waldviertler und steirischen Jungtieren, zu Steaks verarbeitet.“
„Du machst mir einen richtigen Gusto. Ich glaub, ich möchte jetzt ein Beef Tartar. Und den Jürgen werde ich demnächst mal fragen, ob ich nicht wechseln kann“, sagte ich. „Oder soll ich mich an Gergely wenden?“
„Personalentscheidungen treffen wir immer alle gemeinsam“, meinte Rudi. Dann erzählte er mir, dass der „Bezirkskaiser“ Gergely neuerdings früh morgens Traktorfahren im Hof üben würde und letztens mit dem grünen Ungetüm beinahe die Küche vom Silberwirt niedergewalzt habe.
Mein Gelächter brach abrupt ab, als ein großer schlanker Mann mit gelocktem Haar das Gergely’s betrat.
„Ist er das?“, flüsterte
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