Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
uns einen Virus einzuhandeln. Du bist echt das Letzte!“
Seinen Beteuerungen, er sei völlig unschuldig an diesem Desaster auf meinem Laptop, folgte schließlich ein produktiver Ratschlag.
„Vielleicht sollten wir den Computer-Hilfsdienst aufsuchen?“, fragte er kleinlaut.
Wortlos klappte ich meinen Laptop zu und sagte: „Zieh dich wieder an. Wir gehen sofort zu Ingenieur Held.“
Wir mussten ein bisschen warten. Michael Held war gerade mit einem anderen Kunden beschäftigt. Als ich ihm meinen Laptop reichte und ihm brühwarm erzählte, dass dieser Idiot an meiner Seite andauernd irgendwelche Sex-Hotlines und Ähnliches abgefragt hätte, lächelte er nur milde. Er bat uns, irgendwo einen Kaffee trinken zu gehen und in einer halben Stunde wiederzukommen.
19
Wir gingen in die Margareta. Genehmigten uns ein Bierchen und eine Portion Prosciutto an der Theke. Scheinbar interessiert schaute ich zu, wie mein Kollege Davide den San-DanieleSchinken auf der Prosciutto-Maschine herunterradelte. Ich war stocksauer auf Orlando. Ignorierte ihn und unterhielt mich mit Davide.
Orlando bemühte sich, meine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Machte aber den Fehler, mich erneut auf Tony Meyers anzusprechen.
„Warum glaubst du mir nicht, dass er mit der ermordeten Rechtsanwältin und der feschen Würstelstandsbesitzerin ein Verhältnis gehabt hat“, fragte er.
Ich antwortete nicht, schüttelte nur unwillig den Kopf. Ich hatte keine Lust, jetzt mit ihm über die Morde zu diskutieren. Außerdem war ich von Tonys Unschuld überzeugt. Er hatte einen Ständer gehabt, als wir im Haasbeisl miteinander geschmust hatten. Sexualmörder waren anders gestrickt. Die waren normalerweise impotent und mussten sadistisch und brutal agieren, um überhaupt einen hochzukriegen. Das wusste ich auch ohne Doktor Maders Hilfe.
Wir zahlten bald und gingen zurück zum Computer-Hilfsdienst. Herr Held hatte inzwischen mein Problem gelöst. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen.
Er bot uns einen Kaffee an. Obwohl Orlando offensichtlich auf Nadeln saß, ließ ich mir Zeit mit meinem Kaffee. Wahrscheinlich konnte er es kaum mehr erwarten, seine Mails abzufragen. Momentan hielt sich mein Verständnis für seine Bedürfnisse allerdings in Grenzen.
Michael Held erzählte mir eine amüsante Geschichte über eine ältere Dame, die ihm vor zwei Jahren einen Laptop gebracht hatte mit der Bitte, alle gelöschten Mails wieder zum Vorschein zu bringen. Wie sich später herausstellte, hatte es sich um den Laptop ihres Mannes gehandelt. Herr Held nannte zwar keinen Namen, aber für mich stand bald fest, dass die Dame Angela Bischof gewesen war, und das Liebesgeflüster, das er wieder auf den Bildschirm zurückgebracht hatte, nicht ihr gegolten hatte, sondern einer Frau namens Tamara.
Orlando brach nun auf. „Ich probier den Laptop gleich aus, wenn’s dir recht ist“, sagte er scheinheilig.
Ich ließ ihn ziehen, grinste aber boshaft, sobald er aus meinem Blickfeld verschwunden war. Michael Held grinste ebenfalls. Ich hatte ihn vorhin, während sich Orlando bei den tollen neuen Notebooks in seinem Geschäft umgesehen hatte, gebeten, mir ein Passwort einzurichten. Orlando würde sich also umsonst bemühen, auf seine geliebten Pornoseiten zu kommen.
Nach der Rettung meines Laptops hatte ich Lust auf ein Eis. Mein erstes Eis im heurigen Jahr!
Vor der Gelateria versuchte mir ein junger Rom „Die bunte Zeitung“ zu verkaufen. Ich lehnte dankend ab. Er bedrängte mich, versperrte mir den Weg. Ich erklärte ihm auf Romanes, dass ich prinzipiell nur Frauen diese erste österreichische Straßenzeitung abkaufen würde. Seine Verblüffung darüber, dass ich seiner Sprache mächtig war, legte sich rasch. Er wurde nun erst recht aufdringlich, ja beinahe zudringlich. Ich beschimpfte ihn und schob ihn einfach beiseite.
Die Lust auf ein Eis war mir vergangen. Ich genierte mich für meinen Wutanfall. Im Grunde hatte der Junge ja nur etwas zu übereifrig seinen Job gemacht.
Am späten Nachmittag wurde endlich das Zweier-Sofa vom Einrichtungshaus Grünbeck geliefert.
Mein Schulfreund Stefan Grünbeck wachte höchstpersönlich über den Transport. Ich erzählte ihm von dem Mann, der mich im Haasbeisl belästigt hatte. Nachdem ich ihn genauer beschrieben hatte, teilte er meine Überzeugung, dass der Mann mit dem Clown identisch war, der in seinem Geschäft über die Studentin hergefallen war.
Orlando quatschte immer dazwischen. Als wir schließlich auf Stefans
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