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Schön und ungezähmt

Schön und ungezähmt

Titel: Schön und ungezähmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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fruchtbarer Vegetation. Der Herbst hielt Einzug, trotz der Sonne und der zarten Brise, die in den letzten Tagen vorgeherrscht hatten, zeigte er endlich seine Ankunft.
    Als er Stunden später in London eintraf, war er bis auf die Haut durchnässt, missgelaunt und von einer großen Unruhe erfasst, die er nicht mehr erlebt hatte, seit sein Vater starb. Er wollte nichts, außer ein wärmendes Bad nehmen und die ganze Episode vergessen.
    Nun, außer Rebeccas bewegender Vorstellung am Pianoforte. Niemand, der sich für einen wahren Musiker hielt, konnte diese Erinnerungen aus seinem Gedächtnis verbannen.
    Noch konnte er sie vergessen. Sie hatte ihn darauf hingewiesen, dass sie nicht länger ein Mädchen war, doch ebenso wenig war sie bereits eine Frau. Nicht, bis sie ihre Hand irgendeinem glücklichen Mistkerl zur Vermählung reichte, der diesen herrlichen Körper berühren und ihren süßen Mund schmecken durfte. Ein Mistkerl, der die Leidenschaft in ihren Armen erleben durfte …

    Wenn nicht dieses erbitterte Missverständnis zwischen ihm und ihrem Vater bestünde, würde er dann in Erwägung ziehen, dieser glückliche Mann zu werden?
    Vielleicht.
    Diese Erkenntnis war beängstigend genug, sodass er sich auf direktem Weg in seinen Club begab, sobald er sich trockene Kleidung angezogen hatte. Die Erinnerung an ihre weichen Lippen, die sich zu einer unschuldigen Einladung öffneten, waren zu viel für ihn. Seit wann übten unerfahrene, junge Ladys auf ihn so eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus?
    Kurz nach neun betrat er seinen Club, fest entschlossen, sich eine warme Mahlzeit und einen Drink zu gönnen. Aber es stellte sich schon bald heraus, dass er für ein gepflegtes Gespräch zu unruhig war. Daher entschuldigte er sich, nachdem er nur die Hälfte seiner Mahlzeit gegessen hatte, während seine Freunde sich noch über die im Herbst anstehenden Pferderennen unterhielten. Sie blickten überrascht auf, als er ging.
    Er würde sein merkwürdiges Verhalten ein anderes Mal erklären. Oder vielleicht auch nicht. Verdammt, er würde auf keinen Fall Rebecca Marstons Namen erwähnen.
    Weil er zu rastlos war, um einfach heimzufahren und etwas bitter nötigen Schlaf nachzuholen, fand er sich auf der Curzon Street wieder. Da es noch früh war, beschloss er, bei einem alten Freund vorzusprechen. Er klopfte an die Tür und stellte erfreut fest, dass Sir John tatsächlich daheim war. Robert reichte dem Butler seine geprägte Visitenkarte, ehe er in den privaten Salon geführt wurde, der mit allerlei Merkwürdigkeiten vollgestopft war, inklusive einem geschnitzten Totemkopf, der von einem amerikanischen Indianerstamm stammte, und den John Traverston von einer seiner Reisen in die Kolonien mitgebracht hatte.
Auf bizarre Weise passte das Totem zu dem mit italienischem Marmor eingefassten Kamin, zu den alten Seidentapeten, auf denen St. Georg mit dem legendären Drachen abgebildet war, und zu all den anderen verschiedenen Dingen, die man in einem typischen Londoner Stadthaus nicht erwartete.
    »Der junge Robert!« Mit noch nicht ganz sechzig Jahren zeigte sein Gesicht die Furchen, die von der Zeit zeugten, die er im Laufe seiner Reisen unter freiem Himmel verbracht hatte. Sir John erhob sich aus einem abgenutzten Sessel, in dem er gelesen hatte. Sein dichtes Haar, das sich langsam von Grau zu Weiß verfärbte, war so zerzaust wie immer, und er hatte sich noch nicht für die Nacht umgezogen, sondern trug zerknitterte Hosen und ein einfaches, weißes Hemd. Der Geruch von Tabak hing in der Luft, und eine schmauchende Pfeife lag neben ihm auf einem Tischchen im Ständer. »Das ist aber eine hübsche Überraschung. Ich habe dich seit Monaten nicht gesehen. Komm rein, setz dich. Wie wär’s mit einem Drink?«
    Robert hatte noch immer leichte Kopfschmerzen vom Vorabend, und er hatte schon einmal den Fehler gemacht, von Sir Johns importiertem Likör zu probieren. »Ja, aber bitte nicht dieses ekelhafte Gebräu, das von verwirrten Mönchen gebraut wird, das du mir letztes Mal aufgetischt hast.«
    John kicherte. »Es stammt tatsächlich aus einem Kloster, das in einer verlassenen Gegend von Portugal versteckt liegt, und man hält diesen Likör für einen seltenen Fund. Verstehe ich richtig, dass du beeindruckt warst? Nun gut, wie wäre es dann lieber mit einem einfachen Glas Claret?«
    »Das wäre in Ordnung, danke.«
    »Für einen jungen Kerl, der in manchen Dingen so abenteuerlustig ist, hast du einen schlichten Gaumen – aber

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