Schön und ungezähmt
gehört, dass du dich heute früh nicht wohlfühltest. Hera ist vielleicht etwas zu lebhaft. Ich habe darum gebeten, ein ruhigeres Pferd für dich zu satteln.«
Sie blinzelte überrascht, weil er wusste, dass sie unpässlich gewesen war. Sie hatte sogar ihrer Zofe nichts anderes gesagt, außer dass sie das einfachste Frühstück bestellt hatte.Wie zum Teufel konnte er wissen, was sie aß, wenn nicht der Koch oder ihre Zofe zu ihm lief und ihm nach jeder Mahlzeit Bericht erstattete? Bestimmt überwachte ihr Mann sie nicht so penibel.
Er streckte die Hand nach ihr aus und betrachtete sie erwartungsvoll. »Brianna?«
»Ja.« Sie legte ihre behandschuhte Hand in seine und ließ sich von ihm zum Pferd führen und in den Sattel helfen. Sie nahm die Zügel und blickte zu ihm herunter. Noch immer war sie ein wenig verwirrt. Seine Fürsorge war nicht gänzlich untypisch für ihn, denn er war immer höflich. Aber sein Auftauchen zu diesem Ausritt und das Glitzern in seinen Augen überraschten sie.
»Bist du sicher, dass du dich gut genug fühlst?«
»Um ein Pferd zu reiten?« Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Natürlich. Mein Gott, Colton. Warum sorgst du dich so sehr um mich?«
»Ich sorge mich immer um dich, Liebste.« Er schwang sich anmutig in den Sattel und erinnerte sie wieder daran, dass unter den maßgeschneiderten Kleidern ein wohlgeformter Körper steckte. »Wollen wir?«
Er führte die Gruppe durch den Park und über ein paar landschaftlich reizvolle Straßen. Er wirkte so selbstverständlich und athletisch auf seinem Pferd, während er die ganze Zeit mit Lord Emerson plauderte. Aber er war sich die ganze Zeit ihrer bewusst.
Woher sie das wusste? Sie war nicht sicher. Brianna konnte es fühlen . Er beobachtete sie sogar, während sie neben Arabella ritt.
Weil Brianna spürte, dass er ihr mehr Aufmerksamkeit als sonst schenkte, sprach sie mit gesenkter Stimme. »Rebecca hat es abgelehnt, mitzukommen, weil sie wünscht, für heute Abend noch ein wenig zu üben. Das hat sie zumindest behauptet. Ich glaube, sie ist zwar im Musikzimmer, aber sie spielt nicht. Sie liest .«
Arabella unterdrückte hinter ihrer behandschuhten Hand ein Lachen. »Du übst einen schlechten Einfluss auf sie aus, Bri.«
»Oder einen guten. Du und ich haben das Glück, dass wir mit Männern verheiratet sind, die wir uns ausgesucht haben.«
»Stimmt.« Ihre Freundin warf ihr einen Seitenblick zu. »Und beide sehen heute früh sehr gut aus, wenn ich das so sagen darf. Hast du den Duke erwartet?«
»Nein«, gestand Brianna. »Ich war sicher, dass er zu beschäftigt sein würde, nachdem ich ihn dazu gebracht hatte, seinen gestrigen Morgen zu opfern. Ich habe ihm gegenüber das Picknick nicht einmal erwähnt.«
»Und doch hat er sich offenbar selbst eingeladen.« In Arabellas Augen blitzte etwas Verschmitztes auf. »Vielleicht will er uns einfach begleiten. Ich glaube, er genießt die Festlichkeiten in gewissem Maße schon.«
Brianna hoffte es. Aber bei Colton war das, wie immer, schwer zu beurteilen.
Sie waren nur zu acht. Die meisten Gäste hatten beschlossen, auszuschlafen oder einen Spaziergang zu machen, weil das herbstliche Wetter ungewöhnlich warm war. Brianna ließ ihr Pferd im Schritt gehen. Sie war nicht unzufrieden mit dem ruhigen Tempo, das sie anschlugen. Aber es überraschte sie. Gewöhnlich hatte Colton es eilig, wieder zu seinen ständig präsenten Pflichten zurückzukehren. Sie war in Wahrheit ein wenig verlegen, weil sie ihn nicht persönlich zum Picknick eingeladen hatte. Sie hatte sich einfach nicht vorstellen können, dass er zustimmte, und sie hatte ihn zu der Schnitzeljagd am Vortag nur überreden können, weil es seiner Großmutter so viel Freude bereitete.
Aber er war von selbst gekommen. Das allein hielt sie bei Laune, und als sie an der für den Lunch vorgesehenen Stelle anlangten, streckte sich ihr mysteriöser Ehemann neben ihr auf
der Decke aus. Er wirkte entspannt und offensichtlich sehr zufrieden.
Colton? Zufrieden, obwohl er nicht in seinem Arbeitszimmer saß, sondern inmitten einer Gruppe Leute, die zur Mittagsstunde ein Picknick genossen?
Es war wirklich ungewöhnlich. Aber sie war hoch erfreut.
Zwei Lakaien waren mit Geschirr, Tischdecken und Essen vorausgeschickt worden. Unter den ausladenden Ästen einer Eiche servierten sie kaltes Hühnchen, Fleischpasteten, verschiedene Sorten Käse, reife Birnen und knackige Äpfel. Gekühlter Weißwein und Champagner gaben dem ungezwungenen Mahl
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