Schoen wie Kaesekuchen
bedeutungsschwere Pause ein und ich muss dem Bedürfnis widerstehen, sie von der Bank zu schubsen. Kaum ist der Kuchen verdrückt, wird sie schon wieder aufmüpfig. Ich hätte es wissen müssen.
»Ja, ich bin sehr zufrieden«, erwidere ich etwas zu laut und frage mich im gleichen Moment, ob das überhaupt stimmt. »Und außerdem heiße ich Monique und nicht Monika. Ich bin gebürtige Französin«, betone ich, als könnte dies meinen beruflichen Makel ausgleichen.
»La France, wie schön! Mein verstorbener Mann und ich, wir hatten ein Ferienhaus in der Provence. Ich habe es geliebt. Noch heute sehe ich die Lavendelfelder vor mir. Und dieser herrliche Duft! Sind Sie verheiratet?«
Zwar bin ich etwas verwundert über den abrupten Themen- und Stimmungswechsel, dennoch informiere ich sie über mein katastrophales Liebesleben.
»So ein Schuft! Wie kann man seiner Verlobten nur so etwas antun?«, ereifert sich Frau Dr. Schneider und ihre Empörung wärmt mir das Herz. »Seien Sie froh, dass Sie diesen Wüstling los sind. Sie finden bestimmt etwas Besseres.« Balsam für meine Seele. Schon bin ich Connie fast dankbar, dass sie mich genötigt hat, hier Dienst zu tun.
»Obwohl ich Ihnen sagen muss, dass es Ihnen nicht schaden würde, etwas mehr auf Ihr Äußeres zu achten. Wie alt sind Sie? Ende dreißig? Und da schleppen Sie schon so viele unnötige Kilos mit sich herum? Da wird es vielleicht doch schwer, einen neuen Mann zu finden.«
Das hat gesessen. Auch wenn ich weiß, dass es eigentlich nicht mein Aussehen ist, über das die alte Frau herzieht, fühle ich mich getroffen.
»Es kann halt nicht jeder aussehen wie Heidi Klum. Falls Sie noch wissen, wer das ist«, gebe ich dementsprechend bissig zurück und überlege, was mir passieren könnte, wenn ich Frau Dr. Schneider einen Tritt in den Hintern geben würde.
»Ach Kind, das erwartet doch auch keiner von Ihnen. Aber etwas mehr Disziplin würde Ihnen nicht schaden. Natürlich weiß ich, wer Heidi Klum ist, obwohl ich Adriana Lima wesentlich attraktiver finde. Stellen Sie sich vor, an vier Tagen in der Woche dürfen wir hier nämlich auch fernsehen«, gibt sie mit einem Augenzwinkern zurück. »Auch wenn die Programmauswahl in letzter Zeit sehr zu wünschen übrig lässt. Wer will schon immer nur Florian Silbereisen und Andy Borg sehen?«
Frau Dr. Schneider ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Wie kann man so einer intelligenten Frau nur so einen Quatsch vorsetzen?
»Bei den Krimis hat das Personal Angst, dass wir uns zu sehr aufregen. Wenn die wüssten, wie viele Autopsien ich schon vorgenommen habe, würde ihnen bestimmt schlecht werden.“
»Ich würde Ihnen eine DVD von CSI: Miami mitbringen, das ist eine neue Krimiserie, aber ich fürchte, Sie haben keinen DVD-Player, oder?«
»Hach, wäre das schön. Nein, den habe ich nicht. Was würde ich dafür geben, mal wieder so eine richtig schön entstellte Leiche zu sehen, aber das ist einem hier nicht gegönnt.« Während ich darüber nachdenke, wie ich am besten ein Notebook hereinschmuggeln könnte und ob das dann eine gute Tat wäre oder nicht, verliert sich Frau Dr. Schneider in Erinnerungen: »In meinem ersten Jahr an der Klinik durfte ich einmal ein Schweineherz in der Hand halten, das noch geschlagen hat. Sie glauben gar nicht, was das für ein wunderbares Gefühl war. In dem Moment wusste ich, dass ich den richtigen Beruf gewählt habe.«
Allein bei dem Gedanken an Schweineherzen überkommt mich eine latente Übelkeit. Frau Dr. Schneider dagegen sieht aus wie ein Kind im Süßigkeiten-Laden. Da hatte ich echt Glück, dass sie mich nur ins Café geschickt hat und nicht in die Metzgerei, um ein paar Innereien zu besorgen.
»Ja, das klingt wirklich beeindruckend«, erwidere ich wenig begeistert und überlege, wie ich das Thema möglichst unauffällig in eine andere Richtung lenken kann.
»Der Mensch ist eine faszinierende Maschine. All diese winzig kleinen Teile, die zusammenarbeiten wie ein Schweizer Uhrwerk. Überlegen Sie sich nur einmal, was Ihr Körper allein jetzt alles tut, ohne dass Sie ihn aktiv darauf hinweisen müssen. Der Kuchen wird verdaut, Sie atmen, das Blut fließt, Ihr Herz schlägt ...«
An dieser Stelle klinkt sich mein Gehirn aus, da offensichtlich die Aufnahmegrenze überschritten ist oder mein Selbstschutzmechanismus aktiviert wurde. Ich möchte weder mehr über meine Verdauung noch über Schweineherzen erfahren.
»... und eines Tages macht es Klick, man fällt tot um
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