Schoen wie Kaesekuchen
nicht tot! Wie können Sie nur so etwas sagen?«, schreit Frau Dr. Schneider unvermittelt und beißt mir mit ungeheurer Kraft in die Hand. Vollkommen perplex sehe ich zu, wie sie davon stürmt. Hätte ich geahnt, dass man mit den Dritten so zubeißen kann, hätte ich doch lieber im Tierheim ausgeholfen. Tapfer halte ich mir die schmerzende Hand und setze zur Verfolgung an. Glücklicherweise läuft die rüstige Frau Dr. Schneider geradewegs in Connies Arme.
»Aber, aber Frau Dr. Schneider. Was haben Sie denn? Haben Sie sich mit Monique gestritten?« Beruhigend streichelt Connie der alten Frau die Schulter und schaut mich fragend an.
»Ich habe keine Ahnung. Eben saßen wir noch auf einer Bank und haben Käsekuchen gegessen und plötzlich beißt sie mich«, versuche ich die seltsame Situation zu erklären. Wie zum Beweis fällt ein kleiner Tropfen Blut aus meiner Wunde auf den Fußboden.
»Der Käsekuchen«, wimmert Frau Dr. Schneider und erinnert kein bisschen mehr an die selbstbewusste Dame, mit der ich im Park war. Vielmehr sieht sie aus wie ein verschrecktes Kind. »Der Harald isst so gerne Käsekuchen und jetzt ist keiner mehr da.«
»Aber das macht doch nichts. Ich kaufe einfach noch ein Stück und bringe es Ihnen später vorbei«, erwidert Connie souverän. »Jetzt gehen wir erst einmal auf Ihr Zimmer. Nach so einem schönen Ausflug in den Park sind Sie bestimmt müde. Wollen Sie sich noch von Monique verabschieden?«
»Natürlich. Vielen Dank für den Kuchen, Angelika. Nächstes Mal bringst du deinem Vater aber auch ein Stück mit, ja?«
„Natürlich, Frau Dr. ... äh ich meine, Mama“, antworte ich, ohne mir meine Verwirrung anmerken zu lassen.
Nachdem die beiden aus meinem Sichtfeld verschwunden sind, lasse ich mich erschöpft auf einem Stuhl nieder. Oh man, da hatte der Tag doch noch einige Überraschungen für mich parat. Aus dem Augenwinkel nehme ich eine seltsame Bewegung am Fenster wahr. Ich beobachte es einen Moment lang und sehe, dass mein kleiner Rossignolino wie ein Gummiball auf und ab hüpft, um einen Blick hindurch zu werfen. Ich winke ihm freundlich zu und schon verschwindet er wieder.
Ich vertiefe mich in die Betrachtung einer Spinne, die sich in sicherer Entfernung von der Decke abseilt, um eine kleine Mücke zu verspeisen. Gerade als das schaurige Spektakel seinen Höhepunkt erreicht und die Spinne das wehrlose Opfer wie ein Paket verschnürt hat, um es zu verputzen, taucht Connie wieder auf.
Mit einem erschöpften Schnaufen lässt sie sich neben mir nieder. »Das tut mir wirklich leid, Monique. Das ist das erste Mal, dass Frau Dr. Schneider jemanden gebissen hat. Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich dich nicht besser vorbereitet habe. Jetzt kommst du bestimmt nicht noch einmal, um hier zu helfen, oder?«
Eigentlich sollte ich sauer auf Connie und ihre Unfähigkeit sein. Schließlich war das der erste Tag, den ich hier war und sie lässt mich gleich mit einer Wahnsinnigen losziehen. Bei genauerem Hinsehen merke ich aber, wie erschöpft und resigniert sie aussieht. Seltsam, aber irgendwie kann ich jetzt nachvollziehen, warum sie keinen übersteigerten Wert auf ihr Aussehen legt. Wenn man jeden Tag mit solchen Dingen konfrontiert ist, verschiebt sich der Schwerpunkt möglicherweise ein wenig.
»Ach kommen schon, Connie. Das konntest du nun wirklich nicht vorausahnen. Es war einfach ein dummer Zufall und am besten wird es sein, wir vergessen das Ganze einfach«, gebe ich gönnerhaft zurück. »Ich habe doch gleich geahnt, dass das nicht das Richtige für mich ist.«
Wenigstens sehen meine himmlischen Beobachter, dass ich mir echt Mühe gegeben habe. Wenn ich mit dieser selbstlosen Aktion nicht das Recht erworben habe, wieder in einen attraktiveren Körper versetzt zu werden, weiß ich auch nicht mehr.
»Ja, das ist vermutlich das Beste. Trotzdem habe ich mich sehr gefreut, dass du es versucht haben. Aber du nimmst es unserer Frau Dr. Schneider nicht übel, oder?«
»Nein, keine Sorge. Wenn ich davon absehe, dass sie mich erst durch die Gegend gescheucht hat wie einen Sklaven und vergesse, dass sie mich gebissen hat, haben wir uns alles in allem doch ganz gut verstanden.«
Sichtlich erleichtert steht Connie auf. »Ich muss jetzt weiter arbeiten. Aber es hat mich trotzdem gefreut, dass du da warst.«
»Kein Thema. Du, Connie, ist es für dich in Ordnung, wenn ich heute noch einmal bei dir übernachte? Ich traue mich einfach noch nicht nach Hause zu meinem
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