Schoen wie Kaesekuchen
und wird von den Würmern gefressen, als hätte es einen nie gegeben. Ist das nicht faszinierend?«
Angesichts dieser anschaulichen Beschreibung läuft mir ein Schauer über den Rücken.
»Faszinierend wäre jetzt nicht das Wort, das ich gewählt hätte. Aber eigentlich ist es auch nicht so schlimm, wenn man darüber nachdenkt. Ist doch nur der Körper, die Seele lebt woanders weiter.«
Zu meinem Entsetzen bricht Frau Dr. Schneider in schallendes Gelächter aus: »Kindchen, das glauben Sie doch selber nicht, oder? Ich würdige Ihren Versuch, mir die Angst vor dem herannahenden Tod zu nehmen, aber das brauchen Sie gar nicht. Ich habe noch nie an diesen esoterischen Mist geglaubt, dafür habe ich zu viel gesehen. Wenn es einen Gott gäbe, warum säße ich dann an diesem trostlosen Ort fest und wieso hätten wir überhaupt so viele grauenvolle Krankheiten auf der Welt?«
Ich bin schockiert. Da behaupte noch einmal jemand, dass ältere Menschen per se gläubiger sind.
»Ich weiß aber, dass es so ist!«, protestiere ich. »Natürlich kann man die da oben nicht für alles verantwortlich machen, was hier unten passiert. Wie sollten die das denn auch schaffen? Alleine wie viele Mortaten die jeden Tag aufnehmen müssen. Aber es gibt ein Leben nach dem Tod. Ich verspreche es Ihnen! Ich könnte es Ihnen sogar beweisen, aber das darf ich leider nicht.«
»Sie könnten mir beweisen, dass es nach dem Tod noch weiter geht? Da bin ich aber gespannt. Den Toten, die ich bisher gesehen habe, hat es nichts ausgemacht, wenn man ihnen die Augen oder die Leber rausgeschnitten hat. Und ein rachsüchtiger Geist war deswegen auch noch nie hinter mir her.«
»Nehmen Sie sich in Acht, wenn Ihnen ein schwarzer Kater begegnet, Frau Dr. Schneider. Der Tod ist nämlich nichts anderes als eine Katze!«, platzt es aus mir heraus und vor Schreck halte ich mir die Hand auf den Mund. Ängstlich sehe ich mich um, aber weder ein Blitz kommt aus dem Himmel noch Bernd zeigt sich, um meinen Leichtsinn zu strafen.
Frau Dr. Schneider dagegen sieht mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
»Ich denke, wir sollten jetzt reingehen, Monika. Es ist doch sehr warm heute und wir haben sehr wenig getrunken.« Sie wirft mir einen misstrauischen Blick zu, ehe sie aufsteht und sich auf den Rückweg macht. »Jetzt schicken die uns schon Verrückte, um auf uns aufzupassen.«
Mensch, das nenne ich einen echt erfolgreicher Tag im Seniorenheim. Ich kann nur hoffen, dass die da oben meinen guten Willen anerkennen und mir das Ganze nicht auch noch negativ auslegen. Wie ein geprügelter Hund schleiche ich hinter Frau Dr. Schneider her. Als ich sie einhole, versuche ich mein seltsames Verhalten zu erklären.
»Frau Schneider, ich wollte Sie nicht aufregen. Das war doch nur als Scherz gemeint. Ich bitte Sie, der Tod eine Katze? Wer könnte sich schon so etwas Dummes ausdenken?«
»Was bilden Sie sich denn ein? Sie freches Ding! Frau DOKTOR Schneider muss es heißen! Und wer sind Sie überhaupt?« Die alte Dame ist stehen geblieben und schaut mich verwirrt an.
»Ach kommen Sie, Frau Dr. Schneider. Das ist doch albern, wir hatten so einen schönen Tag.« Ich strecke die Hand aus, um sie besänftigend am Arm zu berühren, als sie unerwartet losschreit: »Hilfe! Zu Hilfe! Überfall!«
An mich gewandt fährt sie fort, »Lassen Sie mich bloß in Ruhe, Sie Unmensch! Sie bekommen meinen Doktortitel nicht!« Bedrohlich fuchtelt sie mit dem Gehstock vor mir herum. Okay, Monique, ganz ruhig, du schaffst das schon. Hilfe suchend sehe ich mich um, aber natürlich ist weit und breit kein Pflegepersonal zu sehen. Gezwungenermaßen unternehme ich einen erneuten Versuch, die alte Dame zu besänftigen. »Kommen Sie, Frau Dr. Schneider. Ich bin es doch, Monique. Ich habe Ihnen Käsekuchen gekauft, erinnern Sie sich? Wir gehen jetzt einfach zusammen auf Ihr Zimmer und alles ist in Ordnung, oder?« Beruhigend rede ich weiter auf sie ein und versuche sie sanft in die gewünschte Richtung zu manövrieren. Warum habe ich mir auch nie den Pferdeflüsterer angesehen?
»Käsekuchen isst mein Mann so gerne. Wir hätten ihm ein Stück mitbringen sollen. Jetzt ist er bestimmt enttäuscht«, brabbelt sie vor sich hin.
»Aber Sie haben doch gesagt, dass Ihr Mann schon tot ist. Was soll er denn da mit Käsekuchen?« Währenddessen halte ich ihren Arm fest und versuche ungeschickt, sie durch die Eingangstür hindurchzuschieben.
»Sie lügen doch, Sie gemeiner Mensch! Mein Harald ist
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