Schönbuchrauschen
beugte sich über das Keyboard.
»Da gibt es mehrere kleine Barabhebungen – im Zehntausenderbereich«, las er langsam vom Bildschirm ab, »und dann eine große Überweisung an einen Immobilienhändler und dreihunderttausend an eine Frau Laura Hensler.«
»Dreihunderttausend? Gleichzeitig mit der Zahlung an den Immobilienhändler?«
»Fast. Zwei Tage später.«
»Aber die Dreihunderttausend liegen jetzt nicht auf einem Girokonto herum?«
»Um Gottes Willen, das wäre ja sündhaft dumm. Nein nein, die haben wir verzinst angelegt, mit Entnahmeplan.« Er drehte seinen Stuhl wieder Kupfer zu.
»Aha. Das heißt, wenn Frau Hensler zum Beispiel eine Hypothek bedienen müsste, dann könnte sie regelmäßig einen gewissen Betrag entnehmen, während der Rest sich weiter verzinst?«
»Genauso läuft es. Kann ich noch etwas für Sie tun?« Seinem Ton war anzuhören, dass er ein Nein erhoffte.
»Ja, eine Frage hätte ich jetzt fast vergessen. Gab es nach dem 10. November auf Frau Krumms Konto noch Eingänge aus der Schweiz?«
Der Filialleiter wandte sich ein weiteres Mal dem Monitor zu.
»Ja, Anfang Dezember nochmals 200 000 Euro«
»Und Zahlungen?«
Er nickte.
»An ein Möbelhaus, aber nur 23 985 Euro.«
Er warf Kupfer einen forschenden Blick über die Schulter zu. Aber der zuckte mit keiner Miene und bat um einen Kontoauszug. Schröpp druckte ihn aus und überreichte ihn Kupfer.
»Immer wieder gerne«, tat er Kupfers Dank mit professioneller Freundlichkeit ab.
Kupfer blieb unschlüssig vor der Bank stehen. Er hätte große Lust gehabt, sofort zu Laura Hensler zu gehen und ihr von seinem Notizblock knallhart die Zahlen vorzulesen, die er von der Immobilienagentur und der Volksbank bekommen hatte. Aber das wäre nicht klug gewesen, das wusste er. Es war bei seinem Besuch neulich schon deutlich gewesen, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Die Dreistigkeit, mit der sie ihn angelogen hatte, hatte er ihr doch nicht zugetraut. Und genau das ärgerte ihn. Er mochte sich gar nicht daran erinnern, dass er sehr gerne zu der attraktiven jungen Frau gegangen war. Einem heruntergekommenen Mann gegenüber wäre er zweifellos misstrauischer gewesen. Diesen Mangel an Professionalität musste er sich vorwerfen, und das war bitter. Wenn er mit sich wieder ins Reine kommen wollte, dann musste er diesmal gewitzter vorgehen. Ihr nun die Fakten um die Ohren schlagen, ging gar nicht. Er musste eine feinere Strategie finden, um ihr Lügengebäude zum Einsturz zu bringen.
Es war kurz nach vier. Da würde er Laura Hensler noch nicht zu Hause antreffen. Eine halbe Stunde würde er wohl noch warten müssen, und das war gut so. Das ließ ihm Zeit, seinen Ärger hinunterzuschlucken und sich in aller Ruhe eine Gesprächsstrategie zurechtzulegen. Ab und zu tat er das, obwohl er wusste, dass sich seine Strategie am Ende immer spontan nach der augenblicklichen Situation richtete.
In der nächsten Bäckerei beruhigte er sich mit einem Kaffee und einer Butterbrezel. Er genoss diese Pause und fand die notwendige Gelassenheit, um sich ein paar Formulierungen zurechtzulegen.
Das Wetter war seit seinem letzten Besuch schlecht gewesen. Trotzdem waren dem Haus zwei Wochen Baufortschritt deutlich anzusehen. Das Gerüst der Gipser war inzwischen abgebaut worden, und wo neulich nur Schotter gelegen hatte, erreichte man nun die Haustür über einen breiten Weg aus rötlichen Formsteinen. Am Bordstein stand ein Lieferwagen, ein weißer Mercedes Sprinter, der offensichtlich einem Autoverleih gehörte. Zwei junge Männer waren eben dabei, einen Lattenrost auszuladen.
Kupfer parkte eine gute Autolänge dahinter. Er nickte den beiden aufmunternd zu und ging ihnen voran zur Haustür. Sie stand offen. Schnell stieg er in den zweiten Stock hinauf. Laura Henslers Wohnungstür war ebenfalls weit geöffnet und wurde von einem kleinen Holzkeil in ihrer Position gehalten. Jetzt ziehen die Kolleginnen tatsächlich ein, dachte Kupfer, die Hensler wird sogar Vermieterin. Er blieb auf der Schwelle stehen und klopfte an den Türpfosten.
»Kommen Sie bitte herein, ich kann gerade nicht.«
Er ging der Stimme nach. In einem kleinen Zimmer gegenüber der Wohnungstür stand Laura Hensler auf einem Stuhl, fest darauf konzentriert, einen Vorhang in eine Gardinenschiene einzufädeln. Kupfer war schon direkt hinter ihr, als sie sich endlich, die Gardine noch haltend, nach ihm umdrehte. Wie vom Donner gerührt, ließ sie einen Moment die Gardine los, so dass die letzten
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